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Der Skandal um Ekel-Rituale bei der Bundeswehr könnte auch Kasernen im Land betreffen.

Berlin/Ellwangen - Die Affäre um entwürdigende Aufnahme-Rituale bei der Bundeswehr weitet sich nach Baden-Württemberg aus. Der Bundestags-Wehrbeauftragte Reinhold Robbe legte dem Verteidigungsausschusses 23 Zuschriften von Reservisten vor, nach denen die Rituale der Gebirgsjäger im bayerischen Mittenwald bei weitem kein Einzelfall waren. In den Berichten werden Exzesse in zahlreichen Truppenteilen von der Marine bis zur Luftwaffe während der vergangenen vier Jahrzehnte geschildert. "Mittenwald ist nur die Spitze des Eisbergs", heißt es in einer Zuschrift. Zwei neue Fälle wurden auch aus dem Südwesten bekannt: aus Ellwangen und Bruchsal.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg versprach erneut zügige Aufklärung. "Es ist jedem einzelnen Fall vernünftig nachzugehen und auch mit Nachdruck nachzugehen", sagte der CSU- Politiker am Dienstag in Berlin. Gegebenenfalls müssten Konsequenzen gezogen werden. Guttenberg schloss einzelne Disziplinarverfahren nicht aus, verwahrte sich aber gegen Pauschalurteile.

Der Wehrbeauftragte hatte den Verteidigungsausschuss bereits Mitte Februar über die Aufnahmerituale bei den Gebirgsjägern in Mittenwald informiert. Dort mussten Neulinge den "Fuxtest" über sich ergehen lassen, zu dem das Essen roher Schweineleber und Alkoholkonsum bis zum Erbrechen gehört.

Klagen über Kasernen in Ellwangen und Bruchsal

Als Reaktion erhielt Robbe insgesamt 54 Zuschriften. Darin berichtet ein ehemaliger Obergefreiter, der zwischen 1996 und 1998 Zeitsoldat war, aus seiner Zeit in Ellwangen (Ostalbkreis) über verschiedene "Spiele". Beim Spiel "Jukebox" werde ein Soldat in seinen Spind eingeschlossen und darin dann umgestoßen, während er bestimmte Lieder singen müsse. Beim Fernmeldebataillon in Bruchsal (Kreis Karlsruhe) soll es in den 70-er Jahren ebenfalls Aufnahmerituale gegeben haben: "Aus der Küche gab es ausgehöhlte, mit allem Denkbaren aus der Küche angefüllte riesige Zwiebeln, die man "essen" musste. Spätestens jetzt haben sich bereits fast alle übergeben müssen."

Die Vorgesetzten wussten nach Angaben der Reservisten davon: "Bezogen auf die Dienstgrade muss ich sagen, dass ich davon ausgehe, dass so gut wie jeder Unteroffizier und Feldwebel, der eine Weile dabei ist, weiß was passiert und auch in welchem Umfang", heißt es in einer Mail. Robbe wird voraussichtlich an diesem Mittwoch vor dem Verteidigungsausschuss zu den neuen Erkenntnissen Stellung nehmen. "Selbstverständlich müssen alle zusätzlich eingegangenen Hinweise überprüft werden."