Die Karlsruher Grünen-Gemeinderatsfraktionschefin Zoe Mayer (rechts) freut sich über den Einzug in den Bundestag. Foto: Stefan Jehle

Bei den Direktmandaten bleibt es bei der Vorherrschaft der Union im Südwesten. Aber es gibt starke Einbrüche.

Stuttgart - Erstmals haben die Grünen in Baden-Württemberg bei einer Bundestagswahl Direktmandate erobern können. Dies war ihnen bisher lediglich in Berlin gelungen. Im Vergleich zum Siegeszug bei der Landtagswahl im März, als die Grünen 58 von 70 Wahlkreise für sich entschieden, blieb der Erfolg diesmal aber überschaubar. In den meisten der 38 baden-württembergischen Bundestagswahlkreise triumphierten die CDU-Kandidaten. Bei den vergangenen beiden Wahlen hatte die Union jeweils alle Direktmandate im Land für sich gesichert.

 

So zieht der amtierende Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble weitere vier Jahre in den Bundestag ein. Seit 49 Jahren gehört er dem Parlament an, länger als jeder andere Abgeordnete in der Geschichte der Bundesrepublik. Im kommenden Jahr wird er 80 Jahre alt. Allerdings büßte er deutlich mehr als zehn Prozent bei seinem Erststimmenergebnis im Wahlkreis Offenburg ein.

Kopf-an-Kopf-Rennen in Freiburg

Auch der Konstanzer Andreas Jung, der als einer der wenigen profilierten Klimapolitiker der Union gilt, konnte bei zweistelligen Verlusten sein Direktmandat verteidigen. In anderen Unistädten erging es den CDU-Kandidaten schlechter. So musste in Freiburg der bisherige CDU-Bundestagsabgeordnete Matern von Marschall zusehen, wie sich die beiden jungen Bewerberinnen von SPD und Grünen ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten. Es siegte die 26-jährige Chantal Kopf, die Kreischefin der Grünen, aber in Freiburg weitgehend unbekannt ist, mit 28,8 Prozent vor ihrer zwei Jahre älteren Kontrahentin Julia Söhne mit 26,3 Prozent. Von Marschall erhielt nur 20,6 Prozent.

Auch in Karlsruhe musste sich der dortige CDU-Mandatsinhaber Ingo Wellenreuther einer jungen Grünen geschlagen geben. Ihn überholte die 26-jährige Vorsitzende der Grünen-Gemeinderatsfraktion Zoe Mayer. Wie von Marschall landete auch Wellenreuther abgeschlagen auf Platz drei, noch hinter dem SPD-Kandidaten Parsa Marvi. Zuvor hatte er viermal hintereinander das Direktmandat gewonnen. Der FDP-Spitzenmann Michael Theurer holte hier rund zehn Prozent. Neben Cem Özdemir in Stuttgart konnte auch die baden-württembergische Spitzenkandidatin Franziska Brantner ein Direktmandat für die Grünen erobern. Sie holte in Heidelberg 30,2 Prozent. Alexander Föhr, Sprecher der CDU-Gemeinderatsfraktion, landete mit 24,1 Prozent nur auf Platz zwei.

In Tübingen lieferten sich der Ex-Landeschef Christian Kühn ein knappes Rennen mit Susanne Widmann-Mauz, die aber gewann. In Freiburg errang Chantal Kopf ein Direktmandat für die Grünen. In Karlsruhe war ein sogar weiteres möglich.

SPD jubelt in Mannheim

Erstmals nach 2009, als Gernot Erler in Freiburg siegreich war, konnte auch die SPD wieder ein Direktmandat im Land erobern. In der langjährigen SPD-Hochburg Mannheim setzte sich die Stadträtin Isabel Cademartori klar durch. Nikolas Löbel, der 2017 das Direktmandat für die CDU gewonnen hatte, hatte wegen Vorwürfen in der sogenannten Maskenaffäre die CDU verlassen und war nicht mehr angetreten. Roland Hörner von der CDU landete nur auf Platz drei. Dennoch gab er sich zufrieden. Man könne nun wieder erhobenen Hauptes durch die Stadt gehen.

Keine Chance für Kretschmann-Sohn

Auch gegen den CDU-Mann Thomas Bareiß waren im Zuge dieser Affäre wegen seiner Kontakte zum Regime in Aserbaidschan Vorwürfe laut geworden. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium büßte in seinem Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen rund 15 Prozentpunkte bei den Erststimmen ein. Dennoch gewann er seinen Wahlkreis mit einem komfortablen Vorsprung. Hier war der Sohn von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Johannes Kretschmann, für die Grünen angetreten.

Die AfD-Spitzenfrau Alice Weidel holte im Bodenseekreis eher ein mäßiges Ergebnis. Sie blieb deutlich unter dem Bundesschnitt und schaffte nur eine einstellige Prozentzahl bei den Erststimmen.

Keinen Erststimmenerfolg gab es auch für die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken. Sie unterlag klar gegen Klaus Mack. Der Bürgermeister von Bad Wildbad war für die CDU angetreten. Auch ihre Parteifreundin Leni Breymaier zog im Wahlkreis Aalen-Heidenheim den Kürzeren. Dort unterlag sie dem Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU).

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