Briefwahlunterlagen. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Stärkste Kraft, Endergebnis und Abgeordnetenzahl: Bei dieser Bundestagswahl dürfte später Klarheit herrschen als in früheren Jahren. Woran liegt das und wann kann mit Resultaten gerechnet werden?

Berlin - Die Wählerinnen und Wähler müssen sich darauf einstellen, dass es nach Schließung der Wahllokale am Sonntag länger dauert als in früheren Jahren, bis sich ein endgültiges Bild vom Ausgang der Bundestagswahl ergibt. Einerseits könnten Union und SPD so nah beieinanderliegen, dass sich erst im Verlauf des Abends eindeutig zeigt, wer stärkste Kraft geworden ist und Anspruch auf eine Regierungsbildung erheben kann. Andererseits spielt der hohe Anteil der Briefwähler eine Rolle. Nach Schätzungen des Bundeswahlleiters könnte jede zweite Stimme vorab abgegeben worden sein.2017 hatte der Anteil der Briefwahlstimmen bei knapp 29 Prozent gelegen.

Die 18 Uhr-Prognosen basieren aber nur auf der Befragung von Wählern, die ihre Stimme im Wahllokal abgegeben haben. Der Chef der Forschungsgruppe Wahlen, Matthias Jung, erwartet dennoch eine zuverlässige erste Prognose. „Vielleicht ist sie einen Tick fehleranfälliger als sonst üblich, aber wir haben auch schon bei den vergangenen Wahlen dieses Jahres mit hohen Briefwahlanteilen gezeigt, dass dadurch die Prognosequalität nicht wesentlich beeinträchtigt sein muss“, sagte Jung unserer Zeitung. Sein Institut erhebt die Daten für das ZDF. „Wenn aber die Parteien nahe beieinanderliegen, dann kann das eventuell erst durch das amtliche Endergebnis festgestellt werden.“

Vorläufiges Endergebnis erst am Montag

Im Verlauf des Abends werden die veröffentlichten Hochrechnungen immer genauer, da diese nicht mehr wie die Prognosen auf den Befragungen vor den Wahllokalen basieren, sondern auf den bereits ausgezählten Stimmen. Nach der letzten Bundestagswahl im Jahr 2017 veröffentlichte der Bundeswahlleiter das vorläufige amtliche Endergebnis am Montagmorgen um 5.25 Uhr. In diesem Jahr könne aber eben wegen des erhöhten Briefwahlaufkommens von einem noch späteren Zeitpunkt ausgegangen werden, heißt es beim Bundeswahlleiter.

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Eine weitere Frage des Wahlsonntags ist, wie viele Abgeordnete dem nächsten Bundestags angehören werden. Im aktuellen Bundestag sitzen mit 709 Parlamentariern so viele wie nie zuvor. Dies ist eine Folge der Schwäche der großen Parteien: Diese gewinnen zwar vielerorts noch die Wahlkreise, erhalten aber weniger Zuspruch über die Zweitstimme als früher.

Erringt eine Partei aber mehr Direktmandate, als ihr über die Zweitstimme zustehen, bekommen die anderen Parteien so viele Mandate hinzu, bis das Verhältnis wieder stimmt. Berechnungen zufolge könnte die Größe des Bundestags nun noch einmal deutlich ansteigen.

Dies wird auch am Sonntag Thema sein. „Die Zahl der Gesamtsitze des neuen Bundestags kann man anfangs nur näherungsweise schätzen“, erläuterte Demoskop Jung. Machtpolitisch sei das wegen der Korrektur durch die Ausgleichsmandate aber von untergeordneter Bedeutung.