Kanzlerin Angela Merkel (CDU, rechts) und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück Foto: dpa

Zuerst wählt Bayern - dann der Bund. Unklare Verhältnisse am Wahlabend werden mit jeder Umfrage wahrscheinlicher. Völlig offen sind zudem die Folgen der Aufregung über Steinbrücks „Stinkefinger“.

Berlin - Im Schlussspurt vor der Bundestagswahl müssen Union und FDP immer stärker um ihre Mehrheit bangen. In den jüngsten Umfragen liegen Schwarz-Gelb und die Oppositionsparteien fast gleichauf. Mit wachsender Spannung erwarten die Parteien den Ausgang der bayerischen Landtagswahl an diesem Sonntag. Neue Aufgeregtheit hat ein Foto des SPD-Herausforderers Peer Steinbrück mit ausgestrecktem Mittelfinger ausgelöst. 

Im neuen ZDF-Politbarometer erreicht Schwarz-Gelb 46 Prozent. Auf SDP, Grüne und Linke entfallen 45 Prozent. Beim ARD-Deutschlandtrend vom Vortag ist es umgekehrt: 45 zu 46 Prozent. Die Union verliert nach der ZDF-Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen einen Punkt auf 40 Prozent, die FDP bleibt bei 6 Prozent.

Die SPD verharrt bei 26, die Linke bei 8 Prozent. Nach dem Umfrage-Abschwung der vergangenen Wochen gewinnen die Grünen erstmals wieder einen Punkt hinzu und erreichen 11 Prozent. „Ich gehe davon aus, dass wir weiter kräftig zulegen können“, sagte Parteichef Cem Özdemir der Deutschen Presse-Agentur. Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) legt einen Punkt zu und erreicht 4 Prozent. Allerdings geben nur 64 Prozent der Befragten an, dass sie bereits wissen, ob und wen sie wählen.

Sollte das Ergebnis am 22. September ähnlich ausfallen und sollten Union und FDP eine Mehrheit verfehlen, könnte es auf eine große Koalition hinauslaufen. Denn SPD und Grüne schlossen eine Zusammenarbeit mit der Linken faktisch aus. Die FDP erteilte einer Ampel eine klare Absage. Ein Hintertürchen gäbe es noch für Schwarz-Grün, doch wollen das weder die Union noch die Grünen.

Wenn es weder für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün reicht, will Steinbrück Verhandlungen über eine mögliche große Koalition führen. Wie der abgewählte Kanzler Gerhard Schröder 2005 könnte Steinbrück versuchen, den Preis hochzutreiben, hieß es aus der SPD.

Nach seinem „Stinkefinger“-Foto sprach die Union Steinbrück die Eignung zum Regierungschef ab. „Die Bürger können sich nun erneut ein Bild vom Kandidaten machen“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder der „Welt“. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach meinte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Wer sich kurz vor der Wahl so präsentiert, will doch gar nicht Kanzler werden.“

Nun richten sich die Blicke nach Bayern

Steinbrück betonte, das Titelbild der neuen Ausgabe des Magazins der „Süddeutschen Zeitung“ sei humorvoll gemeint und eigne sich nicht zum Skandal. In dem Interview, in dem nur mit Gestik und Mimik geantwortet wird, reckte Steinbrück auf die Frage nach Spitznamen wie „Pannen-Peer“, „Problem-Peer“ und „Peerlusconi“ den Mittelfinger. Die Fotoserie war schon Ende Juli entstanden, aber erst jetzt veröffentlicht worden.

Nun richten sich die Blicke nach Bayern. Nach dem Absturz bei der Wahl 2008 macht sich die CSU unter Ministerpräsident Horst Seehofer Hoffnungen, wieder mit absoluter Mehrheit regieren zu können. Das von dem SPD-Kandidaten Christian Ude angestrebte Bündnis mit Grünen und Freien Wählern liegt in Umfragen deutlich hinter der CSU zurück. Die FDP muss um die Rückkehr in den Landtag zittern. FDP-Chef Philipp Rösler sagte n-tv: „Es wird in Bayern klappen, da muss man sich überhaupt keine Sorgen machen.“

Im Bund fände laut Politbarometer nur eine Koalition aus CDU/CSU und SPD mit 50 Prozent die Zustimmung einer Mehrheit. 29 Prozent lehnen sie ab. Schwarz-Gelb finden mehr schlecht (42 Prozent) als gut (35 Prozent). Das gilt auch für Rot-Grün (schlecht: 47 Prozent; gut: 36 Prozent). Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün werden noch deutlicher abgelehnt. Bei der Frage, wen die Deutschen lieber als Kanzler/-in hätten, verbessert sich Steinbrück laut leicht um zwei Punkte auf 32 Prozent. Kanzlerin Angela Merkel liegt bei konstant 59 Prozent.

Im ARD-„Deutschlandtrend“ erreicht die FDP unverändert 5 Prozent und muss um den Einzug in den Bundestag bangen. Die SPD gewinnt einen Punkt hinzu auf 28 Prozent. Die Grünen bleiben bei 10 Prozent, die Linken bei 8 Prozent. Piraten und die Alternative für Deutschland (AfD) würden mit 2,5 Prozent den Einzug in den Bundestag verpassen. 

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