Backnangs OB wettert über Straßenbau-Liste – Baldige Ortsumfahrung für Süßen und Holzgerlingen.
Holzgerlingen/Backnang - Höchst unterschiedlich fallen die Reaktionen auf die vom Land vorgelegte Prioritätenliste zum Ausbau von Bundesstraßen in der Region aus. Besonders groß ist die Empörung im Rems-Murr-Kreis: Die B 14 bei Backnang lässt auf sich warten.
Genau 20 Bundesfernstraßenprojekte gibt es derzeit im Land, darunter vier in der Region Stuttgart, die planerisch so weit fortgeschritten sind, dass die Bagger demnächst anrücken könnten – sofern denn das Geld da wäre. Doch weil der Bund nicht alles finanzieren kann, müssen einige Projekte auf die lange Bank geschoben werden.
Umstrittene Liste
Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) haben in dieser Woche bei einem sogenannten Mobilitätsgipfel verkündet, welche Straßen anhand eines genau definierten Punktesystems als nächstes dran kommen – und welche eben wegen Defiziten bei Kriterien wie Nutzen-Kosten-Verhältnis, Verkehrssicherheit oder Lärmentlastung frühestens 2015/2016 oder noch später an der Reihe sind. Freuen kann man sich in den Landkreisen Göppingen und Böblingen: Die Ortsumgehungen von Süßen (B 466) und Holzgerlingen (B 464, Altdorfer Kreuzung) werden wohl in zwei Jahren angepackt. Die Ortsumgehung Gingen wäre in etwa vier Jahren an der Reihe. Backnang jedoch ist lediglich in der Gruppe 3 aufgelistet – der Baubeginn sei „erst mittelfristig möglich“, heißt es dazu aus dem Verkehrsministerium.
Zufriedenes Filstal
Die hohe Einstufung der B 466 stelle ihn „ganz arg zufrieden“, bekennt Süßens Bürgermeister Marc Kersting, „die Entlastungswirkung für unsere Innenstadt ist immens.“ Göppingens Landrat Edgar Wolff betont, dass es viel besser gar nicht hätte kommen können. Die CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Ravazi aus dem Wahlkreis Geislingen kritisiert allerdings, dass B 466 und B 10 jetzt getrennt betrachtet werden. Dadurch steige die Gefahr, dass der Bund nur eine der beiden Straßen im Filstal finanziert.
Beharrliches Holzgerlingen
Im Südwesten der Region Stuttgart geben sich die Entscheidungsträger erleichtert: „Wir begrüßen diese logische Entscheidung für den Ausbau der b 464 in Holzgerlingen“, erklären Bürgermeister Wilfried Dölker und der Böblinger Landrat Roland Bernhard übereinstimmend. Angesichts der nahezu 30.000 Fahrzeugen täglich sei die Platzierung der B 464 in der Gruppe mit höchster Priorität nur folgerichtig. „Für unsere staugeplagten Bürgerinnen und Bürger ist das eine gute Nachricht“, erläutert Schultes Dölker, „Beharrlichkeit zahlt sich aus“.
nttäuschtes Backnang
Enttäuschtes Backnang
Beharrlich war man zwar auch im Nordosten der Region, aber erfolglos: Denn die B 14 bei Backnang ist lediglich in der Gruppe 3 aufgelistet – der Baubeginn sei „erst mittelfristig möglich“, heißt es. Dabei war doch noch in der Weihnachtszeit 2010 die Begeisterung groß, als die damalige Landesverkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) überraschend verkündete, dass der 18 Millionen Euro teure Weiterbau der B 14 nördlich von Winnenden im Jahr 2011 erfolgen könne. Nun werde Backnang „endlich aus dem Verkehrsschatten heraustreten, Bund und Land haben uns damit das allerschönste Weihnachtsgeschenk gemacht“, jubelte Oberbürgermeister Frank Nopper und erklärte: „Weihnachtsgeschenke geben wir grundsätzlich nicht mehr her.“ Doch Vorfreude war hier offenkundig die größte Freude, denn das Präsent harrt in der Warteschleife und wird auch nicht so schnell unterm Backnanger Tannenbaum liegen.
Doppelte Kosten
Ein Grund ist, dass unverhoffte Probleme mit dem Untergrund auftauchten, so dass die prognostizierten Kosten aufs Doppelte hochschnellten. Mit der Folge, dass jetzt der Mobilitätsgipfel „die bittere Wahrheit ans Licht gebracht hat“: Der Ausbau des 7,54 Kilometer langen Abschnitts als Lückenschluss zwischen Stuttgart und Backnang „steht in den Sternen“, so Landrat Johannes Fuchs. Dabei sei die B 14 die wichtigste verkehrstechnische Achillesferse im Nordosten des Rems-Murr-Kreises. Fuchs: „Uns blüht die rote Laterne unter den Landkreisen der Region Stuttgart, was den Verkehr angeht.“
Harsche Kritik
In Backnang spricht man mittlerweile von einem „Verkehrsgipfel des Versagens“, der den zügigen B-14-Ausbau gekippt hat. Nopper wettert über die „Rolle rückwärts“ des Gönner-Nachfolgers Hermann: „Die B 14 wird zu einem Stück aus dem Tollhaus; so kann man nicht mit uns umspringen.“ Der CDU-Bundestagsabgeordnete für Backnang/Schwäbisch Gmünd, Norbert Barthle, holt ebenfalls die große Keule gen Stuttgart heraus: „Ich bin wirklich empört, wie kaltschnäuzig und rücksichtslos sich die neue Landesregierung über alle Zusagen der Vergangenheit hinwegzusetzen versucht.“ Etwas überraschend ebenfalls klare Kritik am Landesverkehrsministerium und am Ministerpräsidenten übt der SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Lange. Er sei „schwer enttäuscht“ über das grüne Duo. Seine Forderung: „Der Weiterbau der B 14 nach Backnang darf nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden.“