Vor 70 Jahren wurde Dresden von alliierten Bomben zerstört. Zum Gedächtnis kamen auch (von links) der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der Herzog von Kent, Daniela Schadt, Bundespräsident Joachim Gauck und die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz in die Dresdner Frauenkirche. Foto: dpa

Am 70. Jahrestag der Zerstörung Dresdens steht die Stadt noch unter dem Eindruck der Pegida-Proteste. Das Gedenken ist ohnehin schwierig. Bundespräsident und Oberbürgermeisterin finden mahnende Worte.

DresdenMit einem Aufruf zu Frieden und Versöhnung hat Dresden der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg gedacht. Bundespräsident Joachim Gauck warnte zum 70. Jahrestag der alliierten Bombenangriffe vor einer Relativierung der deutschen Kriegsschuld und einer Instrumentalisierung der Opfer. Anschließend reihte er sich am Freitagabend in die Menschenkette ein, mit der sich die Stadt seit Jahren am 13. Februar dagegen wehrt, dass das Gedenken von Neonazis missbraucht wird.

„Wir wissen, wer den mörderischen Krieg begonnen hat, wir wissen es. Und deshalb wollen und werden wir niemals die Opfer deutscher Kriegsführung vergessen“, sagte Gauck bei einer Gedenkveranstaltung in der wiederaufgebauten Frauenkirche. Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) forderte ein klares Bekenntnis gegen Hass, Krieg und Gewalt.

Mit der Gedenkveranstaltung und anderen Aktionen erinnerte Dresden an die Zerstörung der Stadt, bei der rund 25 000 Menschen ums Leben gekommen waren. Am 13. Februar 1945 und den beiden Tagen danach hatten britische und amerikanische Bomber die Elbestadt angegriffen. Die barocke Altstadt versank in Schutt und Asche.

Viele Überlebende unter den Gästen

Nirgends sei Leid so stark politisch instrumentalisiert worden wie in Dresden, sagte Gauck. Die Geschichtsverfälschung habe schon während der Nazi-Herrschaft begonnen, sich in der DDR fortgesetzt „und wird selbst heute noch von einigen Unverbesserlichen weitergeführt“, sagte der Bundespräsident. „Ein Land, das für eine Ungeheuerlichkeit wie den Völkermord steht, konnte nicht damit rechnen, ungestraft und unbeschädigt aus einem Krieg hervorzugehen, den es selbst vom Zaun gebrochen hatte.“

Oberbürgermeisterin Orosz sagte, Gedenken und Versöhnung hätten nur dann einen Wert, „wenn wir auch für das Hier und Heute eine klare Position beziehen“. In den vergangenen Wochen sei deutlich geworden, dass es in der Gesellschaft tiefe Gräben gebe, sagte sie mit Blick auf die Pegida-Demonstrationen.

Gauck appellierte am Abend eindringlich an die Bürger, den Dialog zu suchen. „Wir reden miteinander, wir beschimpfen einander nicht.“ Denn nur aus diesem Aufeinanderzugehen erwüchsen „die neuen Ziele, die wir miteinander nur gestalten können, miteinander und nicht gegeneinander“, sagte er. Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, sagte, die damaligen Ereignisse hätten tiefe Wunden hinterlassen. „Wir sollten niemals das Wunder vergessen, das der Frieden in Europa darstellt.“ Vor der Frauenkirche verfolgten Tausende die Feierstunde auf einer Leinwand. Unter den mehr als 1000 Gästen in der Kirche waren auch viele Überlebende der Bombennacht.

Erstmals verzichteten Neonazis auf größere Kundgebung

Noch vor dem Gedenken hatten etwa 2000 Menschen an die Verbrechen der Nationalsozialisten in Dresden erinnert. Beim „Mahngang Täterspuren“ suchten sie Orte auf, die als Schauplätze der NS-Herrschaft für deren menschenverachtende Ideologie stehen.

Während des „Mahngangs“ kreiste ein Kleinflugzeug mit einem weißen Banner und der schwarzen Aufschrift „wir gedenken!“ über der Stadt. Urheber war ein rechtes Aktionsbündnis, unterstützt unter anderem von NPD-Kreisverbänden. Seit Jahren versuchen Neonazis, das Gedenken zum 13. Februar für ihre Zwecke zu missbrauchen. In diesem Jahr verzichteten die Neonazis erstmals auf eine größere Kundgebung.

Seit 2010 stellt sich ein breites bürgerliches Bündnis mit der Menschenkette dem Missbrauch des Gedenkens entgegen. Gauck reihte am Abend ein. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und der Herzog von Kent waren dabei. Mehr als 10 000 Menschen standen Hand in Hand und verbanden über mehrere Kilometer beide Elbseiten der Stadt.