Die Meisterschaft ist entschieden, der Krimi der Fußball-Bundesliga läuft am Tabellenende. Dort geht es für sechs Teams ums sportliche Überleben. Die Situationen bei den Krisen-Clubs könnten unterschiedlicher kaum sein.
Stuttgart - Fredi Bobic hat genug von Prognosen, Weissagungen und Unkenrufen. Der VfB hat das schwerste Restprogramm, ist immer wieder zu hören. „Es gibt in dieser Liga doch kein leichtes Restprogramm. Ich muss immer schmunzeln, wenn einer so etwas sagt“, sagt Bobic.
Dass das Abstiegsgespenst über seinem Club ebenso schwebt wie über fünf weiteren, ist nicht nur dem Sportdirektor des VfB Stuttgart bewusst. Hier ein Überblick zur Situation der Teams, die fünf Spieltage vor Schluss noch mächtig um den Klassenverbleib zittern.
Hannover 96
Die Lage: Mit 29 Punkten auf Platz 13 steht Hannover im Tabellenkeller am besten da. Doch Trainer Tayfun Korkut steht kurz vor der Entlassung, die Fans drehen durch und die Mannschaft ist quasi auf der Flucht: Nach dem Derby-Desaster bei Eintracht Braunschweig (0:3) hat sich das Team von Hannover 96 ins Trainingslager nach Ostwestfalen zurückgezogen, weit weg von der Unruhe in der Stadt. Sogar Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, bekennender Hannover-Fan, hat sich bei einem Empfang zu seinem 70. Geburtstag eingemischt: „Reißt euch den Arsch auf, dass der Abstieg vermieden wird“, sagte Schröder.
Das Restprogramm: Hamburger SV (H), Eintracht Frankfurt (A), VfB Stuttgart (H), 1. FC Nürnberg (A), SC Freiburg (H)
Die Prognose : Bei Hannover 96 ist das Chaos ausgebrochen. Doch das Team hat an den 29 Spieltagen vorgelegt. Bei dem im Vergleich scheinbar einfacheren Restprogramm dürfte dieser Vorsprung jedoch reichen.
SC Freiburg
SC Freiburg
Die Lage: Jetzt kommt es für den SC Freiburg knüppeldick: Admir Mehmedi ist vor dem Schlüsselspiel an diesem Samstag gegen Eintracht Braunschweig angeschlagen. Der mit neun Treffern erfolgreichste Torjäger der Freiburger ist seit Sonntag wegen einer Erkältung außer Gefecht gesetzt, hat im Training pausiert. Er kann wohl spielen, wie fit er ist, ist eine andere Frage. Reagieren will Christian Streich so oder so: Beim 0:2 in Stuttgart „gab es zwei, drei Spieler, die nicht überzeugt haben“, sagt der Trainer. Kapitän Julian Schuster kehrt nach seiner Sperre wohl in die Startelf zurück. Zumindest eine positive Nachricht für die Breisgauer.
Das Restprogramm : Eintracht Braunschweig (H), Borussia Mönchengladbach (H), VfL Wolfsburg (A), Schalke 04 (H), Hannover 96 (A)
Die Prognose: Unaufgeregt gehen die Freiburger an das Thema Klassenverbleib. Das dürfte helfen, um zumindest den Relegationsplatz zu erreichen.
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
Die Lage: Der VfB scheint im Aufwind zu sein. Trainer Huub Stevens hat aus seinen Profis eine Einheit geformt. „Mit elf Einzelgängern“, sagt er immer wieder, „kannst du kein Spiel gewinnen.“ Das Saisonendspurt-Motto „Zusammenhalten“ nehmen die VfB-Profis wörtlich. Das 2:0 gegen Freiburg hat zudem neues Selbstvertrauen gegeben. Allerdings hat der VfB in dieser Saison erst einmal zwei Spiele in Folge gewonnen. Stevens hält die Konzentration daher hoch. Rechenspiele sind verboten. „Es kann uns egal sein, was die anderen machen“, sagt er. Das Restprogramm: Borussia Mönchengladbach (A), Schalke 04 (H), Hannover 96 (A) VfL Wolfsburg (H), Bayern München (A)
Die Prognose: Das Team beweist Geschlossenheit, die Einstellung stimmt. Wenn nach dem Sieg gegen Freiburg nicht doch wieder der Einbruch kommt, reicht es für den VfB für den direkten Klassenverbleib.
Hamburger SV
Hamburger SV
Die Lage: Der Bundesliga-Dino kämpft ums Überleben. Die Leistungen schwanken zwischen grandios (3:0 über Dortmund) bis zu beschämend (2:4 gegen Braunschweig). Unter Trainer Mirko Slomka hat sich zumindest die Abwehr wieder sattelfester präsentiert, doch die eklatante Auswärtsschwäche konnte auch der neue Coach noch nicht beheben. Die Bilanz: null Punkte. Fatal: Von den noch fünf Partien müssen die Hanseaten dreimal auswärts ran. Zudem plagt sich Topstürmer Pierre-Michel Lasogga mit Verletzungen herum.
Das Restprogramm: Hannover 96 (A), VfL Wolfsburg (H), FC Augsburg (A), FC Bayern (H), FSV Mainz (A)
Die Prognose: Der HSV hat sich gerade noch berappelt, wenn alles optimal läuft, rettet er sich, im ungünstigen Fall stehen die Hamburger in der Relegation.
1. FC Nürnberg
1. FC Nürnberg
Die Lage: Entscheidungen zu ihren Ungunsten gegen Freiburg (2:3) und Mönchengladbach (0:2) ließen Keeper Rafael Schäfer gar Verschwörungstheorien äußern. Dazu gesellt sich Verletzungspech mit zuletzt sieben ausgefallenen Stammspielern sowie eine eklatante Abschlussschwäche mit über 20 Pfosten- und Lattentreffern in der Saison. Bei den Franken liegen die Nerven blank – Panik ist kein guter Ratgeber. Ob Trainer Gertjan Verbeek die Köpfe der Profis noch frei bekommt, darf bezweifelt werden.
Das Restprogramm: VfL Wolfsburg (A), Bayer Leverkusen (H), FSV Mainz (A), Hannover 96 (H), Schalke 04 (A)
Die Prognose: Erst hatte der Club kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu – es scheint sich alles gegen den Club verschworen zu haben. Das schlägt auch auf die Psyche, so dürfte der direkte Abstieg kaum zu vermeiden sein.
Eintracht Braunschweig
Eintracht Braunschweig
Die Lage: Die Eintracht weiß jetzt, wie Bundesliga geht. Der Knoten bei Stürmer Domi Kumbela ist geplatzt, das Selbstvertrauen steigt mit jedem weiteren Punkt. Außerdem kann der Aufsteiger unverkrampft antreten, weil jeder weiß: der Ligaverbleib wäre eine kleine Sensation. Was spielerisch fehlt, machen die Niedersachsen durch Wille, Einsatz und Moral wett. Doch ob das für die Bundesliga reicht?
Das Restprogramm: SC Freiburg (A), FC Bayern (H), Hertha BSC (A), FC Augsburg (H), 1899 Hoffenheim (A)
Die Prognose: Der Endspurt der Eintracht dürfte zu spät kommen, der Rückstand ist zu groß. Die Braunschweiger werden sich aber hoch erhobenen Hauptes aus der Liga verabschieden.