Das Hauptgeberland Bayern wird in Karlsruhe gegen den Länderfinanzausgleich klagen.

München - Der umstrittene Länderfinanzausgleich muss erneut vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden. Das Hauptgeberland Bayern wird in Karlsruhe klagen, weil es das geltende System für ungerecht hält. Das beschloss das schwarz-gelbe Kabinett in München am Dienstag.

Entscheidung frühestens 2014

Bis zum Herbst soll die Klageschrift erstellt und bis Ende des Jahres in Karlsruhe eingereicht werden. Mit einer Entscheidung rechnet die Staatsregierung aber frühestens 2014.

Die Grenzen der Solidarität seien erreicht, betonten Finanzminister Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) nach der Kabinettssitzung. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte nach Angaben der Staatskanzlei: "Bayern ist solidarisch, der Länderfinanzausgleich ist es nicht." SPD und Linke warfen Bayern dagegen eine Attacke auf die föderale Solidarität vor.

Bayern fordert eine grundlegende Reform des gesamten Systems - mit mehr Anreizen für ärmere Länder und einer finanziellen Belastungsobergrenze für die Geberländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Zudem verlangt der Freistaat, dass Privilegien für die Stadtstaaten überprüft werden. Seehofer hatte immer wieder beklagt, dass sich viele Nehmerländer Dinge leisten, die Bayern selbst seinen Bürgern nicht biete: den Verzicht auf Studiengebühren etwa oder kostenfreie Kindergärten.

Den vier Geberländern standen im vergangenen Jahr zwölf Nehmerländer gegenüber. Umverteilt wurden dabei insgesamt 7,308 Milliarden Euro - wovon allein der Freistaat 3,66 Milliarden Euro schultern musste. Größter Empfänger war 2011 Berlin mit mehr als 3 Milliarden Euro.

Finanzminister Söder: "Wir sind solidarisch, aber blöd sind wir nicht"

Söder und Zeil verwiesen darauf, dass Bayern inzwischen Jahr für Jahr so viel Geld in den Finanzausgleich einzahle, wie es zuvor über mehrere Jahrzehnte hinweg insgesamt bekommen habe. "Wir sind solidarisch, aber blöd sind wir nicht", sagte Söder - und rief Hessen und Baden-Württemberg auf, gemeinsam mit Bayern zu klagen. Bei Hessen sei er sich auch sicher, dass das Land mitziehen werde.

Baden-Württemberg will allerdings erst einmal nicht klagen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte in Stuttgart: "Ich halte nach wie vor die Verhandlungslösung für den richtigen Weg." Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sei beauftragt, einen "ambitionierten Zeit- und Arbeitsplan" für Verhandlungen vorzulegen. Trotzdem prüfe Baden-Württemberg die Erfolgsaussichten einer Klage.

Seehofer hatte die Klage mehrfach angedroht - und die Nehmerländer zusammen mit Hessen und Baden-Württemberg wiederholt zu Gesprächen über eine einvernehmliche Reform des Finanzausgleichs aufgefordert. Bayern betrachtet diese Versuche aber mittlerweile als gescheitert.

Frank-Walter Steinmeier: "Attacke gegen die föderale Solidarität"

SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Seehofer eine "Attacke gegen die föderale Solidarität" vor. Es handele sich dabei um ein durchsichtiges Manöver im bayerischen Vorwahlkampf. Zudem verwies Steinmeier darauf, dass der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) den jetzt geltenden Finanzausgleich einst mit ausgehandelt und als im bayerischen Interesse stehend gewürdigt habe - und Seehofer habe zugestimmt.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verwies auf das Grundgesetz. Dort sei in Artikel 107 festgeschrieben, "dass der Grundsatz des angemessenen Ausgleichs der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder zu berücksichtigen sei", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Bund und Länder haben sich 2001 auf dieses System geeinigt, das bis 2019 Gültigkeit hat." Berlin sei nach 2020 zu einer Neuregelung bereit. Gleichwohl stehe es den Geberländern frei, das System überprüfen zu lassen.

Linke-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn warf Bayern vor, die Solidarität besonders mit dem Osten aufzukündigen. Die geplante Klage sei "ein Bruch mit einem Grundgedanken unserer Verfassung und den politischen Verabredungen der Föderalismuskommission".