Windkraftanlagen in schöner Landschaft sind vielen ein Dorn im Auge – auch im Loßburger Ortsteil Schömberg. Foto: © Engel – stock.adobe.com 

Viele Schömberger würden die Ausweisungsflächen für Windkraft für ihren Ort im Flächennutzungsplan gerne weiter verringern. Davor warnt jedoch der Planer.

Loßburg-Schömberg – Bereits als der neue Flächennutzungsplan (FNP) Windkraft im Loßburger Gemeinderat vorgestellt wurde, löste er keine Begeisterung aus. Besonders der Höhenort Schömberg ist von den neu ausgewiesenen Flächen für Windkraft betroffen. Schon damals stellte sich Ortsvorsteher Kurt Winter die Frage: "Wie sage ich’s meinen Schömbergern?" Jetzt hatte die Verwaltung zu einer Bürgerversammlung eingeladen, um vor Ort zu informieren, bevor schon umlaufende Gerüchte und mögliche Fehlinformationen zu hohe Wellen schlagen. Etwa 30 Einwohner folgten der Einladung ins Bürgerhaus.

Bürgermeister Christoph Enderle skizzierte nochmals die Entwicklung des FNP. Die Gemeinde Loßburg hatte jahrelang an dieser "Doktorarbeit" gebastelt und war gerade fertig geworden, als der neue Windatlas von 2019 alle Planungen über den Haufen warf. Während im alten Windatlas von 2013 vor allem Flächen in Richtung 24-Höfe für die Nutzung von Windkraft ausgewiesen waren, verlagerten sich die Ausweisungsflächen nun nach Schömberg – und dort vor allem in Richtung Steinwald.

Eindampfen in einem mehrstufigen Verfahren

André Leopold, Geschäftsführer der Rottweiler Ingenieur- und Planungsbüro GmbH, hatte den neuen FNP für die Gemeinde erarbeitet und erläuterte ihn nun näher. "Sehr wichtig ist es, zu verstehen, was sich ab 2013 geändert hat", sagte Leopold. Bis dahin seien die Regionalverbände für die Planung der Flächennutzung zuständig gewesen. Die Kommunen hätten Flächen an diese Verbände gemeldet. 2013 habe die rot-grüne Landesregierung das Planungsgesetz geändert.

Danach seien alle Flächen im Außenbereich für Windkraft privilegiert. Das nehme allerdings kaum eine Gemeinde so hin. Daher würden, so Leopold weiter, potenzielle Flächen in einem mehrstufigen Planungsverfahren sozusagen "eingedampft". Wurde 2013 noch unscharf gemessen, so wurden nun die Berechnungsparameter geändert und die Topographie miteinbezogen.

Dies alles habe dazu geführt, dass sich in Loßburg die Windhöffigkeit total verändert habe, erklärte Leopold. Im Windatlas 2019 seien für die Gesamtgemeinde 2679 Hektar mit einer Windleistungsdichte von 230 W/qm (Watt pro Quadratmeter Rotorfläche) ausgewiesen. Der Gesetzgeber hatte eine Grenze von 215 W/qm vorgegeben. Nun würden in drei Schritten Filter über die Ausweisungsfläche gelegt.

Im ersten Schritt sind das die sogenannten harten Tabukriterien wie Naturschutzgebiete, Vogelschutzgebiete oder Gewässer. Im nächsten Schritt geht es um Schutzabstände zu Siedlungen, reinen Wohn- oder gar Kurgebieten. Hier kommt der immer wieder genannte Abstand von 700 Metern zu Siedlungsflächen ins Spiel, den viele gerne vergrößern würden. Weitere weiche Tabukriterien können aber auch sensible Bereiche wie die Trinkwasserversorgung sein. So sind Wasserschutzgebiete der Zone II ebenfalls ausgenommen. Nach diesen Filtern verbleiben in der Kommune noch etwa 950 Hektar in der weiteren Untersuchungskulisse. Im dritten Schritt werden die Belange des Artenschutzes abgewogen. Dazu zählen das Vorkommen von Auerwild und bestimmten Vogelarten wie Rotmilan, Schwarzmilan oder Wespenbussard. Dafür wurde ein Gutachten des BFL (Büro für Faunistik und Landschaftsökologie) herangezogen, das für jede Fläche eine Empfehlung abgab.

Einwohner formulieren viele Einwände

Auch in Schömberg fiel so ein relativ großer Bereich aus Gründen des Artenschutzes aus der Planung. Es verblieben aber "vor allem im Norden noch mächtige Flächen für Windkraft", stellte Leopold fest. Was wiederum nicht bedeute, dass dort überall auch Anlagen entstehen, betonte der Ingenieur. Er stelle an diesem Abend keine Bebauungsplanung, sondern nur den FNP vor.

Für jede geplante Anlage müsse schließlich in einem gesonderten "BImSchG-Verfahren" (Bundesimmissionsschutzgesetz) untersucht werden, wie an diesem Standort Lärm, Schattenschlag und ähnliches beschaffen sei. Für jede einzelne Anlage sei auch eine Artenschutzanalyse über eine Vegetationsperiode hinweg zu erstellen.

Aus dem Teilnehmerkreis kamen erwartungsgemäß viel Widerstand und viele Einwände gegen die große Ausweisung von Nutzungsflächen auf der Gemarkung Schömberg. Hingewiesen wurde auf den Tourismus im Ort, die wertvollen Plenterwälder, die vorhandenen Wasserschutzzonen III, die bisher nicht ausgeschlossen wurden, und das intakte Landschaftsbild. All dies sehen die Schömberger durch Windkraftanlagen gefährdet. Sie plädieren deshalb dafür, die Ausweisungsflächen möglichst weiter zu verringern.

Vor diesem Weg warnt André Leopold eindringlich. Wenn eine Kommune weniger als fünf Prozent ihrer Gesamtfläche für Windkraft ausweise, stelle sie damit dieser Form der Energiegewinnung nicht ausreichend Raum zur Verfügung. Die Rechtssicherheit eines solchen FNP sieht er als stark gefährdet an, damit wäre dann die gesamte Planung in Frage gestellt und gegebenenfalls hinfällig.

Dieses Dilemma sieht auch Christoph Enderle. Er fragte die Schömberger offen: "Was sollen wir tun?" Lasse man es sozusagen darauf ankommen und treibe keine Planung voran, könnten womöglich genau dort Windkraftanlagen entstehen, wo man sie auf keinen Fall haben wolle. Die Alternative sei, eine eigene Planung zu entwickeln, aber dabei die Rechtssicherheit nicht in Gefahr zu bringen.

Winter: Wahl zwischen Pest und Cholera

Ein wenig Hoffnung wollte Maik Zinser den Schömbergern vermitteln. Der Geschäftsführer des Zweckverbands Wasserversorgung Kleine Kinzig erklärte, dass in einer Stellungnahme des Verbands deutliche Sorge angesichts einer Gefährdung der Wasserversorgung zum Ausdruck gebracht werde. Sein Verband versorge 40 Kommunen mit 350 000 Einwohnern mit Trinkwasser, da sehe er die Ausweisung als Wasserschutzzone III als Problem an und plädiere dafür, diese als weiches Tabukriterium zu benennen. Eine Stellungnahme des Landratsamts dazu solle bis Ende Januar vorliegen.

Kurt Winter meinte abschließend, er freue sich über die Diskussionskultur in Schömberg, wo man einander noch ausreden lasse. Große Angst habe er um die Staatswälder in Schömberg, während der Stiftungswald unter dem Schutz der Gemeinde stehe. Winter befürchtet: "Wir werden irgendwann nur noch die Wahl haben zwischen Pest und Cholera."