Fast voll besetzt war die Turn- und Festhalle in Neubulach bei der Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl. Foto: Biermayer

Fünf Kandidaten wollen am 6. November das Neubulacher Rathaus erobern. Am Freitagabend hatten sie maximal eine halbe Stunde Zeit, sich den Bürgern vorzustellen – und setzten dabei unterschiedliche Akzente. Es scheinen sich aber zwei Favoriten herauszukristallisieren.

Neubulach - Insgesamt waren es fast 1000 Zuschauer – davon etwa 350 in der Turn- und Festhalle und in der Spitze 630 im Livestream – die die Kandidatenvorstellung der Neubulacher Bürgermeisterwahl am Freitagabend verfolgten. Das ist bei etwa 3800 Wahlberechtigten eine beachtliche Zahl und zeigt das große Interesse der Bürger.

Die fünf Kandidaten durften sich in je einer 15-minütigen Rede vorstellen. Dazu kamen nochmals je 15 Minuten für Fragen aus dem Publikum – maximal zwei pro Bürger. Um eine solche Frage zu stellen, mussten die Bürger aber in der Halle anwesend sein. Online war das nicht möglich. Die Reihenfolge der Kandidaten richtete sich nach dem Eingang der Bewerbungen. Außerdem durften sie den Beiträgen ihrer Konkurrenten nicht lauschen. Der Gemeindewahlausschuss unter der Leitung von Alois Jerges wachte über die Einhaltung der Regeln.

Heiko Funk

Als erster betrat der 25-jährige gebürtige Liebelsberger Schornsteinfegergeselle Heiko Funk die Bühne. "Durch meinen Beruf habe ich viel Kontakt mit vielen Menschen und bekomme viel mit", meinte er. Er präsentierte zwölf Punkte, die er angehen wollte, sollte er Bürgermeister werden. Dazu zählte unter anderem die verbesserte Pflege von Grünanlagen. Wanderwege müssten umstrukturiert werden, damit sie nicht durch gute Jagdgebiete führten.

Die Schulwege sollten durch Zebrastreifen sicherer werden. Auch für mehr Waldkindergärten sprach sich Funk aus. Ebenso müsse man Ärzte für die Stadt finden. Bei der Infrastruktur habe man zu lange nichts gemacht. Nur schwarze Zahlen zu schreiben, sei keine Lösung. Man müsse auch investieren – dazu gehörten Schulden. Die Stadt solle Energie sparen und eigene Energie über eine Bio-Gasanlage produzieren.

Das geplante Feuerwehrhaus stünde an der falschen Stelle, fand Funk. Man müsse außerdem die Feste der Teilwehren erhalten. Seine Rede war nach knapp 13 Minuten rum. Seine Vorstellung wirkte an manchen Stellen nervös und im positiven Sinne ungeschliffen. Aus dem Publikum kam nur eine Frage: Was ihn denn zum Bürgermeisteramt befähige? Er wolle im Falle eines Sieges eine Verwaltungsschulung als Intensivkurs absolvieren, antwortete Funk.

Petra Schupp

"Ich bin die zweitjüngste Bewerberin", scherzte die 53-jährige Amtsinhaberin und hatte damit gleich die Lacher auf ihrer Seite. Außerdem sei sie am qualifiziertesten. Sie zählte ihr Studium im Verwaltungsbereich, ihre Tätigkeit im Landratsamt und als Dozentin sowie die acht Jahre als Bürgermeisterin in Neubulach auf. Dass sie nochmals antreten werde, sei für sie von Anfang an klar gewesen.

Die Entwicklung gehe in Neubulach seit Jahren bergauf. Sie verwies auf das Bürgerzentrum in Liebelsberg oder die Gemeinschaftsschule als Erfolgsprojekte. Das geplante Feuerwehrhaus sei das nächste Großprojekt. Für das neue Ärztehaus habe man leider noch keinen Allgemeinmediziner gefunden. Über 300 Einwohner habe die Stadt jetzt mehr als bei ihrem Amtsantritt. Das bringe Neubulach 700 000 Euro im Jahr, war sie stolz.

Die Stadt brauche eine "kompetente und fachkundige Führung", warb sie für sich. Schupp nutzte ihre 15 Minuten voll aus. Die anschließenden Fragen drehten sich um die gescheiterte Tagespflege in Liebelsberg, kaputte Straßen oder den geplanten Kreisverkehr. In allen Punkten verwies sie auf Verantwortlichkeiten und Entscheidungen von anderen Stellen. Insgesamt trat sie souverän auf, auch wenn ihr die Erleichterung nach ihrem halbstündigen Auftritt anzusehen war.

Jens Kariko

"Ich bin kein Mensch von großen Reden", stellte sich Jens Kariko vor. Er werde die 15 Minuten nicht brauchen, sondern wolle lieber mehr Fragen beantworten. Man kenne ihn von seinen Flyern, fuhr er fort. Er sei vier Jahre bei der Bundeswehr gewesen, habe dann als Security und Call-Center-Leiter gearbeitet. Sein Mann habe ihn ins Schwabenland gebracht. Momentan sei er Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins in Herrenberg.

Als Bürgermeister wolle er Vermittler sein und die Stadt bekannter sowie interessanter machen. Viele Menschen fühlten sich abgehängt, deshalb müsse man ihnen auf Augenhöhe begegnen. Er wolle einen Jugendgemeinderat einführen. "Ich bin einer mit Ecken und Kanten, aber mit Herz und Verstand", beschrieb er sich. Und er hielt sein Versprechen. Nach fünf Minuten war seine Vorstellung vorbei.

Er habe keinen Flyer bekommen, meinte ein Bürger bei den Fragen. Ob Kariko unorganisiert sei, wollte er wissen. Die Flyer habe er wegen einer Corona-Erkrankung nicht selbst verteilt. Da seien seinen Freunden, die das übernommen hatten, wohl Fehler unterlaufen. Warum er in Neubulach antrete, war eine andere Frage. Er habe viele Freunde hier, so Kariko. Ob er sich die Aufgabe zutraue? "Da wächst man rein", meinte er. Immer wieder schien Kariko unvorbereitet, versuchte das aber durch Spontaneität auszugleichen.

Andreas Blaurock

Als nächster Kandidat folgte ein bekanntes Gesicht: Der CDU-Stadtrat und Weinhändler Andreas Blaurock. "Ich stehe hier und kann nicht anders", zitierte er Martin Luther zu Beginn. Seine Familie diene ihm als Inspirationsquelle. Er erinnerte an die DKMS-Typisierungsaktion "Neubulach hilft" von vor neun Jahren. Die habe gezeigt, was Bürger, auch ganz ohne Verwaltung, umsetzten könnten.

Als Bürgermeister wolle er eine Tagespflege und Ärzte in die Stadt lotsen sowie das Vereinsleben unterstützen. Zudem müsse man den Haushalt konsolidieren und dazu jeden noch so kleinen Posten auf den Prüfstand stellen. Mit ihm gebe es keine Erschließung neuer Baugebiete. Die Infrastruktur, besonders die Wasserversorgung, gebe das nicht mehr her. Außerdem wolle er den bergmännischen Weihnachtsmarkt wieder beleben.

Wie er trotz der hohen Fixkosten den Haushalt konsolidieren könne, wollte ein Bürger wissen. Die kleinen Ausgaben summierten sich und müssten geprüft werden. Außerdem sollte die Verwaltung durch Fortbildungen leistungsfähiger werden. Und ein schärferes Controlling solle Kostenentwicklungen wie beim Bürgerzentrum verhindern. Auch Blaurock nutzte seine halbe Stunde aus. Er wirkte vorbereitet und von sich selbst überzeugt.

Hermann Claus

"Neubulach gewinnt", dass sei sein Motto, stellte sich der in Liebelsberg aufgewachsene Hermann Claus vor. In seinem "Team Neubulach" wolle er viel Akteure mitnehmen. Er werde keine Wahlversprechen abgeben, die Lage lasse dies nicht zu, meinte er. Vereine, Ehrenamt und Jugendliche werde er unterstützen, so Claus, der um keine sportliche Metapher verlegen war.

Er habe sich den Haushalt angeschaut, das Problem erkannt und werde es lösen. Der Schuldenstand müsse gesenkt werden. Die Errungenschaften der vorherigen Generation müsse man verteidigen. Er kenne sich in Neubulach aus und wisse, wer die "Leader und Role-Player" in der Gesellschaft seien. Er selbst sei lange Jahre im Sportbereich tätig gewesen, zuletzt als Geschäftsführer Sport und Finanzen beim GSV Maichingen.

Warum er sich erst am letzten Tag der Frist beworben habe, wollte ein Bürger wissen. Er habe es noch mit seiner Frau abklären müssen, so Claus. Wo er die dringlichsten Probleme sehe, war eine andere Frage. Bei Finanzen und Infrastruktur, antwortete Claus. Viel mehr Fragen gab es nicht. Claus trat selbstbewusst auf. Wie er seine Ideen und Forderungen als Bürgermeister konkret umsetzen will, erklärte er aber nicht.

Wie geht es weiter?

Nun haben die Neubulacher Bürger das Wort. Auch wenn Schupp und Blaurock allein aufgrund ihrer Bekanntheit in der Stadt wohl favorisiert ins Rennen gehen dürften, scheint wegen des breiten Bewerberfeldes eine Entscheidung im ersten Wahlgang am 6. November unwahrscheinlich. Hier muss ein Kandidat eine absolute Mehrheit – also mehr als 50 Prozent der abgegeben Stimmen – erringen. Ist dies nicht der Fall, folgt am 27. November ein zweiter Wahlgang. Hier gewinnt der Kandidat mit einfacher Mehrheit. Oder einfach gesagt: der mit den meisten Stimmen.