Auch Amtsvorgänger Wolfgang Brucker (rechts) gratulierte Marco Gutmann und seiner Frau Annika. Foto: Decoux

Im zweiten Versuch hat es geklappt: Schwanau hat einen neuen Bürgermeister. Mit einer absoluten Mehrheit von 56,57 Prozent haben die Bürger der Riedgemeinde den Hohberger Marco Gutmann zum Nachfolger von Wolfgang Brucker gewählt.

Schwanau - "Sie haben gewählt", gab Bürgermeisterstellvertreter Patrick Fertig gegen 19.10 Uhr am Sonntagabend vor dem Schwanauer Rathaus bekannt. Ein zweites Mal in diesem Jahr waren die Schwanauer aufgerufen gewesen, ihre Stimme abzugeben. Ein zweites Mal wählten sie einen Kandidaten mit der absoluten Mehrheit. Doch im Gegensatz zu der Wahl im Mai gab es dieses Mal ein glückliches Ende: Der Gewählte nahm sein Amt an.

"Ich bin überwältigt", sagte der neue Schwanauer Bürgermeister Marco Gutmann im Anschluss an die Bekanntgabe des Ergebnisses im Gespräch mit unserer Redaktion. "Bei dieser Bewerberzahl war nicht davon auszugehen, dass die Wahl im ersten Durchgang entschieden wird", so der 37-jährige Hohberger. Er habe "zwischen zwölf und 14 Stunden jeden Tag" für den Bürgermeisterwahlkampf investiert und wollte, dass die Schwanauer ihn kennenlernen und seine Person erleben. Das wurde von den Wählern offenbar honoriert. Jubel brandete auf, als das Ergebnis für Gutmann verkündet wurde. Mehr als 300 Menschen waren ans Rathaus in Ottenheim gekommen. Anschließend nahm die Schlange der Gratulanten fast kein Ende.

Auch für Gutmann war es der zweite Versuch

Nicht nur für Schwanau, auch für Gutmann selbst hat es jetzt im zweiten Versuch geklappt. Vergangenes Jahr im Juli hatte der langjährige Hohberger Gemeinderat und Kreisrat in Hohberg gegen Andreas Heck verloren – denkbar knapp mit nur rund zwei Prozent weniger. Dass Schwanau "die gleiche Gemeindestruktur wie Hohberg" habe, habe ihn dazu bewegt, seinen Hut dort erneut in den Ring zu werfen.

Mit seinem Arbeitgeber werde der Teamleiter im kaufmännischen Kundenservice nun Gespräche führen, wie es weitergeht. Zunächst wurde am Sonntagabend jedoch gefeiert: "Mit meinen Freunden und meiner Familie werde ich das eine oder andere Kaltgetränk zu mir nehmen", kündigte der neue Bürgermeister an, der gemeinsam mit seiner Frau Annika diverse kleine Geschenke wie einen Blumenstrauß oder ein symbolisches Steuerrad entgegennahm.

Unter den Gratulanten war auch Gutmanns Vorgänger Wolfgang Brucker, der im Februar zum neuen Direktor des Regionalverbands Südlicher Oberrhein gewählt wurde. Dieser frühzeitige Weggang löste ein Wahldrama aus, das es bundesweit in die Medien schaffte. Denn der im Mai aus elf Kandidaten mit absoluter Mehrheit gewählte Bürgermeister Alexander Schindler nahm sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nicht an – eine Neuwahl musste angesetzt werden.

Wolfgang Brucker wünscht seinem Nachfolger alles Gute

"Ich wünsche ihm viel Kraft, Erfolg und Freude an dem Beruf des Schwanauer Bürgermeisters, der ein herrlicher Beruf ist. Alles andere wird sich geben", gab Brucker seinem Nachfolger mit auf den Weg. Es sei gut, dass die Vakanz, die Stellvertreter Fertig und die Verwaltung aushalten mussten, nun ein Ende hat. Das klare Ergebnis sei eine gute Basis für Gutmann, der selbst ankündigte, bei gegebener Zeit das Gespräch mit seinem Vorgänger zu suchen und für jeden Austausch offen zu sein.

Auf dem zweiten Platz landete Ulrich Weide. 22,7 Prozent der Wähler wollten ihn gerne im Rathaussessel sehen. "Natürlich bin ich über das Ergebnis enttäuscht, aber auf der anderen Seite habe ich auch viele Stimmen bekommen. Die Freude und die Begegnungen der vergangenen drei Monate überwiegen für mich", kommentierte der 53-Jährige sein Ergebnis. Der Ingenieur spricht von einer "sehr fairen Wahl". Er könne nun "erhobenen Hauptes" gehen. "Dass das Ergebnis so eindeutig ist, hat mich überrascht. Aber ich freue mich für Marco Gutmann und für die Bürger, dass sie nun wieder einen Bürgermeister haben", so der Bruder des Friesenheimer Bürgermeisters Erik Weide.

Auf "intensive acht Wochen Wahlkampf" blickt Martin Häfele zurück, der mit 13,7 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz landete. "Ich habe viel positiven Zuspruch von der Bevölkerung bekommen. Es war eine anstrengende, aber auch schöne Zeit", bilanziert der 47-Jährige. Von der Deutlichkeit des Ergebnisses sei er enttäuscht, aber auch er betonte, dass der Wahlkampf größtenteils fair gewesen sei. Nun werde er sich wieder seiner Arbeit widmen.

Empfang am Montagabend geplant

"Ich war überrascht, dass die Entscheidung schon im ersten Wahlkampf gefallen ist, ich dachte, es würde knapper ausgehen", äußerte sich Dirk Steinhart, der mit 2,8 Prozent Vierter wurde. Mit diesem Ergebnis habe er sein Ziel – die Top Vier – erreicht. Entsprechend zeigte er sich zufrieden. Von den übrigen sechs Kandidaten war noch Haydar Sahin in Ottenheim vor Ort. "Es wäre ein Wunder gewesen, wenn ich gewonnen hätte. Ich habe versucht, was ich konnte. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt", kommentierte der 57-Jähige sein Ergebnis von 1,7 Prozent.

Was am Sonntagabend im und am Schwanauer Rathaus überwiegt, ist vor allem eines: Erleichterung. Nach dreieinhalb Monaten ohne Bürgermeister hat Schwanau nun endlich Klarheit. "Ich bin froh, dass es vorbei ist und wir ein eindeutiges Ergebnis haben. Das ist das Allerwichtigste", sagte Hauptamtsleiter Michael Fertig. Wann Marco Gutmann sein Amt als Bürgermeister antreten wird, ist derzeit noch unklar. Fest seht: Am heutigen Montagabend ab 18 Uhr wird es vor dem Rathaus in Ottenheim einen Empfang mit dem neuen Rathauschef geben. Zuvor tagt noch einmal der Wahlausschuss, um das Ergebnis offiziell zu machen. Am Wahlsieg von Gutmann dürfte es jedoch keine Zweifel geben, sodass die dramatische Wahlposse nun endlich ein Ende nehmen wird.

Kommentar: Endlich Klarheit – von Jonas Köhler

Überraschung, Erleichterung, Freude – all das war am Sonntagabend in Ottenheim zu spüren. Schwanau hat mit Marco Gutmann endlich wieder einen Bürgermeister, wodurch eine Leidenszeit ihr Ende nimmt. "Was lange währt, wird endlich Gutmann", verkündete Bürgermeisterstellvertreter Patrick Fertig mit Humor und sprach damit vielen Schwanauern aus der Seele. Der spektakuläre Wahlkampf, der mit dem Ausscheiden von Wolfgang Brucker sein Anfang nahm, endet mit einem weiteren Hammer: Nicht jeder hatte damit gerechnet, dass es im ersten Wahlgang klappt. Das Ergebnis von 56,6 Prozent der Stimmen ist ein klares Zeichen der Schwanauer und ein Vertrauensvorschuss. "Erfahren, bürgernah, unabhängig": So hatte sich Gutmann bei der Kandidatenvorstellung den Bürgern angekündigt. Dieses Versprechen gilt es jetzt, zu halten. Dann kann Gutmann eine Ära prägen – genau wie sein Vorgänger Wolfgang Brucker. Dazu muss er nun auch jene Schwanauer hinter sich holen, die nicht für ihn gestimmt haben. Einer Aufgabe, der der 37-Jährige sicher gerne nachgeht.