Als alles begann: Johannes Blepp gewinnt die Bürgermeisterwahl im Oktober 2014. Der damalige Gegenkandidat Achim Grutz (rechts) gratulierte zum knappen Sieg (54,2 zu 45,6 Prozent) bei einer Wahlbeteiligung von 66,7 Prozent. Foto: Hölsch

Nein, gesprächig ist Bürgermeister Johannes Blepp nicht an diesem Mittwochvormittag. Verständlich. Schließlich endet ein beruflicher Traum für den bald 42-Jährigen.

Bösingen - Wie Johannes Blepp mitteilt, zieht er seine Kandidatur für die Wahl zum Bürgermeister zurück und tritt nicht mehr im zweiten Wahlgang am 6. November an. 23,5 Prozent der Stimmen bedeuteten lediglich Platz drei am 16. Oktober.

Dass er seine Herausforderer Peter Schuster (45,1 Prozent) und Felix Hezel (31,1 Prozent) am Sonntag in zwei Wochen noch überholen kann, scheint da nicht sehr wahrscheinlich. Und genauso stuft er auch seine Möglichkeiten ein.

Blepps Erklärung

Johannes Blepp teilt mit: "Das Wahlergebnis vom Sonntag hat mich persönlich sehr getroffen. Trotz einer aus meiner Sicht ordentlichen Leistungsbilanz aus den vergangenen acht Jahren hat sich eine klare Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für einen Wechsel entschieden. Auch wenn die Beweggründe für mich schwer zu verstehen sind, gilt es dieses demokratische Votum doch zu akzeptieren.

Mein Dank gilt meinen Wählerinnen und Wählern und allen, die mich in den vergangenen acht Jahren vertrauensvoll unterstützt haben.

Sehr gefreut hat mich der Zuspruch, den ich seit dem Wahlabend von einigen Bürgerinnen und Bürgern sowie Freunden und Kollegen aus der Region erfahren habe und aus dem sich neue Perspektiven für die Zukunft ergeben könnten.

Für den zweiten Wahlgang am 6. November stehe ich nicht mehr zur Verfügung. Der Gemeinde Bösingen wünsche ich für die Zukunft alles Gute."

Kurz die Antworten

Dass dieses Ergebnis Johannes Blepp sehr getroffen hat, ist beim Telefonat am Mittwochmorgen immer noch zu spüren. In der Stimme – und in der Kürze der Antworten. Anzeichen, dass es mit der Wiederwahl schief gehen könnte, gab es für ihn keine während des Wahlkampfs.

Sehr engagiert war er da. Von Haus zu Haus ist er gegangen. Dort habe er eine gute Resonanz erhalten. Gab es auch kritische Anmerkungen? Doch, aber diese seien in der Minderheit gewesen, so Johannes Blepp.

Zeichen an der Wand

Aber es steht auch fest, dass etliche Anzeichen darauf hindeuteten, dass die Sonne nicht immer in der Gemeinde für ihn schien. Das sichtbarste Warnschuss: das mehrheitliche Nein des Gemeinderats (9:4) im Februar, als es um den Zusatz bei der Stellenausschreibung im Staatsanzeiger gegangen ist. Das gängige "Der Stelleninhaber bewirbt sich wieder" wurde vor acht Monaten abgelehnt.

So liefen seit einiger Zeit Gemeinderatssitzungen nicht mehr so ab, wie es in Bösingen grundsätzlich Brauch ist. Immer wieder gab es Tagesordnungspunkte, die "gerumpelt" haben, bei denen das Zusammenspiel mit Ratsmitgliedern unrund gewirkt hat und war.

Wiederholte Nachfragen zu einer Thematik ließen aufhorchen. Ratsmitglieder, die sich mehr Informationen zu Punkten und Projekten gewünscht haben, blieben keine Einzelfälle mehr.

Nicht leugnen lassen sich in all den Jahren längere nichtöffentliche Sitzungen, in denen es nicht nur um Sachfragen gegangen ist, sondern in denen auch mal der Gedankenaustausch intensiviert und sogar Tacheles geredet wurde.

Herausfordernde Themen

Mit ein paar Gemeinderäten habe er nach der Wahl Kontakt gehabt, sagt Johannes Blepp. Ins Detail geht er jedoch an diesem Vormittag zu diesem Themenfeld nicht.

Die kritischen Nachfragen, die es immer wieder gegeben hat, liegen seiner Meinung nach vor allem in der Natur der herausfordernden Themen begründet. Die Windkraftanlagen bei Herrenzimmern und die Ansiedlung des Discounters Norma im Bösinger Gewerbegebiet sind hier als zwei größere Projekte zu nennen, die die Gemeinde in der jüngeren Vergangenheit beschäftigt hat und weiter beschäftigen wird.

Doch es gibt etliche weitere: sowohl Projekte, Planungen und Probleme, als auch Kritik am Amtsinhaber im Umgang damit. Den Gemeinderäte und Bürger in unterschiedlicher Art und Weise geäußert und dann ihre Schlüsse daraus gezogen haben. Je nach Ansprache, Antwort und dem Tun des Bürgermeisters in Kombination mit der jeweiligen persönlichen Befindlichkeit des Bürgers.

Wucht der Wahlzahlen

Vielleicht lässt sich all dies unter den Überbegriffen "Kommunikation" und "Führungspersönlichkeit" bündeln – und zeigt sich nun abrupt im Wahlergebnis, das die Wucht einer nicht so guten Schulnote gleicht.

Wie geht es weiter?

Wie geht es nun weiter mit Johannes Blepp? Da er noch etliche Urlaubstage habe, werde sein letzter Arbeitstag der 8. Dezember sein, antwortet der Bürgermeister. Dies ist ein Donnerstag, aber keiner, an dem eine Gemeinderatssitzung terminiert ist.

Derzeit prüfe er seine beruflichen Optionen. Vor dem Antritt als Bürgermeister der Gemeinde Bösingen im Januar 2015 hat er bei der Arbeitsagentur sein Geld verdient.

Seinen Bauplatz in der Gemeinde werde er zurückgeben, sagt er auf Nachfrage. Und ein offizieller Abschied? Ja, natürlich, sagt der Bürgermeister, den werde es geben.

Wie Bernadette Stritt sagt

Doch nicht nur Johannes Blepp äußert sich zu dieser Entscheidung, nicht mehr anzutreten. Und nicht nur die zwei Kandidaten werden angesprochen. Bürgermeister-Stellvertreterin Bernadette Stritt kommentiert das Aus des Amtsinhabers am Nachmittag wie folgt: "Ich kann die Entscheidung von Herrn Blepp voll und ganz nachvollziehen und habe vollsten Respekt! Hier möchte ich gerne den römischen Philosophen und Politiker Lucius Annaeus Seneca zitieren: ›Wer Großes versucht, ist bewundernswert, auch wenn er fällt.‹

Wir hatten nach dem Wahlsonntag noch ein sehr langes und gutes Telefongespräch miteinander. Ich bin sehr froh und dankbar über die gute Zusammenarbeit. Kommunalpolitik braucht Impulse um gegebenenfalls auch feste Strukturen aufzubrechen. Hierbei waren wir im stetigen konstruktiven Austausch um verantwortungsvoll, mit Augenmaß und Weitblick zum Wohle der Gemeinde und den Bürgerinnen und Bürger Entscheidungen zu treffen.

Ich wünsche ihm und seiner Frau alles erdenklich Gute für die Zukunft, Gottes Segen und blicke mit Dankbarkeit auf die gemeinsame Zeit zurück."