Die am 16. Oktober stattfindende Bürgermeisterwahl in der Gesamtgemeinde Bösingen stößt in der Bürgerschaft auf reges Interesse. Bei der zweiten Vorstellungsrunde in Herrenzimmern blickten die drei Kandidaten wiederum auf eine gut gefüllte Halle.
Bösingen-Herrenzimmern - Die Moderation lag diesmal in den Händen von Bürgermeisterstellvertreterin Gudrun Müller. Unterstützt wurde sie vom Ratskollegen Thomas Hoppe und der Vorsitzenden des Wahlausschusses, Bernadette Stritt (Bösingen). Am Abend zuvor hatten sich die Kandidaten bereits in Bösingen präsentiert.
Am Rednerpult stehe "nicht der perfekte Bürgermeister", aber jemand, der von Bösingen und Herrenzimmern begeistert sei und mit den Bürgern noch viel erreichen wolle, sagte Blepp. Der Amtsinhaber legte seine langjährige Verwaltungserfahrung in die Waagschale.
Mit der Ansiedlung des Lebensmitteldiscounters Norma sei die Nahversorgung gesichert. Die Zurückführung der Schulden während den letzten Jahren habe Spielräume für zukünftige Investitionen geschaffen, hob Blepp hervor. Persönliche Erlebnisse mit den Menschen seien für ihn Motivation, sich für eine zweite Periode zu bewerben.
Wechsel an der Spitze gewünscht
Der Wunsch, für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren, und zwar in der Heimatgemeinde, sei in den letzten zwei Jahren entstanden, ließ der junge Kandidat Felix Hezel wissen. Er skizzierte mit seinem Programm auf, wo er den Ort in zehn Jahren sehen möchte. Im Rathaus – so seine Vorstellungen – soll verstärkt die Digitalisierung Einzug halten.
Ein Wechsel an der Rathausspitze werde gewünscht, ließ Peter Schuster, mit 59 Jahren der Älteste der Bewerber, verlauten. Von Bürgern aus beiden Ortsteilen sei er auf eine Kandidatur angesprochen worden. Der derzeitige Geschäftsführer des Jobcenters Freudenstadt verwies auf seine langjährige Berufserfahrung in leitender Position. Er sehe sich als Ideengeber und Motor bei der Planung und lege Wert auf strategisches Handeln. Wie auch Hezel stellte Schuster die Einbeziehung der Bürger bei den Entscheidungsprozessen in den Vordergrund.
Blepp relativiert Aussage
Günter Pawel erinnerte in der Fragerunde den Bürgermeister an seine Aussage, mit ihm gebe es in der jetzigen Zeit keine Steuer- und Gebührenerhöhungen. In der letzten Gemeinderatssitzung habe das Gremium eine Haushaltstrukturkommission eingerichtet. Diese werde sicherlich auch über Gebührenanpassungen diskutieren.
Blepp relativierte seine Aussage und schloss spätere Erhöhungen im Wasser- und Abwasserbereich nicht mehr aus, sofern sie für die Gewährung von Fördermitteln erforderlich wären. Er sehe im Moment jedenfalls keine Notwendigkeit für Gebührenerhöhungen.
Es sei noch längst nicht klar, dass man beim geplanten Seniorenzentrum nach einem Jahr so weit sei, wie es der Bürgermeister angekündigt habe, zeigte sich Manfred Müller ("Die Arbeitsgruppe ist noch nicht informiert worden") überrascht. Er habe nicht dem Gemeinderat vorgreifen, jedoch ein Signal setzen wollen, verteidigte sich Blepp.
Mehrkosten für den Norma-Markt
Erneut angesprochen wurde er zu den Mehrkosten bei den Erschließungsarbeiten für den Norma-Markt. Ein Großteil entfalle auf die Erweiterung der Retentionsflächen, gab der Schultes ("Das ist vollkommen in Ordnung") als Begründung an. Die gestiegenen Baupreise hätten sich mit einem Kostenanstieg von 23,5 Prozent ausgewirkt.
Hezel wurde von Wolfgang Noder unterstellt, dass er vor allem die Jugend und nicht die ältere Bevölkerung im Blick habe. Das sei bei der Veranstaltung in Bösingen falsch rübergekommen, erwiderte der Angesprochene.
Digitalisierung im Rathaus
Pawel wollte vom 26-Jährigen in Bezug auf die angestrebte Digitalisierung in der Verwaltung wissen, "ob das Bösinger Rathaus erst im Jahr 2030 oder schon vorher geschlossen wird". Hezel schloss nicht aus, dass die Verwaltung in Bösingen im leerstehenden Wendelinusheim untergebracht werden könnte. Vieles hänge davon ab, wie lange die Energiekrise dauern werde.
Im Zuge von Einsparzwängen fragte eine Bürgerin kritisch zur Finanzierung von Hezels "Visionen" nach. Ein Teil der vorgesehenen Maßnahmen sei mit wenig Aufwand zu machen. Für etliche größere Vorhaben gebe es Fördertöpfe. Auf Nachfrage aus der Zuhörerschaft bekräftigte dieser weiter, an beiden Schulen und beiden Kindergärten in der Gemeinde festhalten zu wollen.
Warum erst jetzt beworben?
"Warum jetzt erst und nicht schon vor acht Jahren", befragte Karl Mei Schuster zu seiner Kandidatur. Beruflich sei er damals kurz zuvor nach Stuttgart gewechselt, gab der 59-Jährige an. Eine weitere Frage in Anlehnung an den häufigen Wechsel des Berufsstandorts stellte Jörn Pakeiser: "Können Sie garantieren, dass Sie länger als zwei Jahre hier sind?" Schuster erklärte die Beweggründe für den mehrmaligen Wechsel innerhalb der Bundesagentur für Arbeit und meinte: Er sei nicht jemand, der nach kurzer Zeit die Lust verliere.
Eine ausgeprägte Bürgerbeteiligung könnte auch zu Problemen in der Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat führen, weil dieser sich gebunden fühlen könnte, befürchtet Peter Maier. "Wie wollen Sie Bürger und Gemeinderat zueinander bringen?", lautete seine konkrete Frage. Im Rahmen der erstellten Leitlinien biete die Beteiligung – "ich sehe da keinen Widerspruch", so Schuster – eine Orientierungshilfe für den Gemeinderat.
Was würde Amtsinhaber anders machen?
Was er aus heutiger Sicht anders machen würde, wurde Blepp von Pawel gefragt. "Ich hätte lieber einen geradlinigeren Kurs gefahren", meinte der Amtsinhaber zu seiner Haltung beim Thema Windkraftanlagen in Herrenzimmern. Eine weitere Einsicht Blepps: "Ich hätte einen konsequenteren Dialog mit den Bürgern führen müssen".
Günther Hattler ("Zwei Bürgerfragestunden innerhalb von acht Jahren sind zu wenig") hakte wegen eines angeblichen zweiten Windkraftparks westlich von Bösingen nach. Dieser werde von Dunningen derzeit abgelehnt, weil das Flurneuordnungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, war von Blepp und Schuster zu hören.
Alle drei Bewerber lehnen Windkraft nicht grundsätzlich ab. Schuster verlangt eine differenzierte Betrachtung und Prüfung von Alternativen. Hezel wünscht sich eine Beteiligung der Bürger und der Gemeinde.
Weitere Fragen gab es zu den Themen Wirtschaftsförderung, Vorsorge für Energienotsituation und Sanierungsbedarf in der Herrenzimmerner Turn- und Festhalle. Ebenso wurde zum Verschuldungsgrad der Gemeinde nachgefragt. Hierbei zeigte sich Hezel nicht auf dem neuesten Kenntnisstand.
Weitere Information
Einen Tipp zum Sieg bei der Bürgermeisterwahl kann man unter schwabo.de/wahl-boesingen abgeben.