Die anwesenden Bürgermeister-Kandidaten präsentierten sich nach der Bekanntgabe des Ergebnisses auf der Bühne. Foto: Mutschler

Die Bürgermeisterwahl in Bad Wildbad brachte zwar einen eindeutigen Gewinner – aber dennoch kein neues Stadtoberhaupt für die Bäderstadt. Knapp scheiterte Marco Gauger an der 50-Prozent-Hürde, er kam am Ende auf 46 Prozent. Auf dem zweiten Platz landete Dietmar Fischer mit 25 Prozent.

Bad Wildbad - Wer wird neuer Bürgermeister von Bad Wildbad? Und wird diese Frage überhaupt schon an diesem Sonntag entschieden? Diese Fragen sind wohl die wichtigsten am Wahlabend. Und während es langsam auf die Schließung der Wahllokale zugeht, herrscht in der Calmbacher Enztalhalle leichte Ernüchterung beim Wahlvorstand des dortigen Wahlbezirks, Jochen Barth. In dem Wahlbezirk waren etwa 1700 Einwohner wahlberechtigt, davon nutzten rund 400 die Möglichkeit zur Briefwahl. Ins Wahllokal selbst kamen dann bis kurz nach 17 Uhr lediglich 350 Wähler. "Das ist arg wenig", zeigte er sich dann doch enttäuscht vom Wählerzuspruch. Dasselbe Bild im Wahlbezirk 104 im Forum König-Karls-Bad. Hier ging der zuständige Wahlvorstand von einer Wahlbeteiligung von etwa 35 Prozent aus.

Bürgermeister-Stellvertreter Jochen Borg gab an, dass von den 8461 Wahlberechtigten etwa 1700 Briefwahl beantragt hatten.

Von Aufregung ist noch wenig zu spüren gegen 17.30 Uhr im Bad Wildbader Kurhaus. Bürger waren auch gegen 18 Uhr noch keine vor Ort, einige Gemeinderäte und einige Kandidaten trudelten aber so langsam ein. Als erster Kandidat war Marco Gauger vor Ort, der sich mit Familienmitgliedern im an den Kursaal angrenzenden Restaurant aufhielt. "Eine gewisse Aufregung ist natürlich da", gibt Gauger zu.

Fischer glaubt an Neuwahl

Kaum zu greifen ist der Wahlausgang kurz vor Schließung der Wahllokale für Dietmar Fischer. Man könne nur abwarten. Auch im Wahlkampf sei es schwierig gewesen, da man kaum größere Gruppen zusammen gehabt habe. "Man bekommt weniger Feedback, wie kommt man bei den Leuten an", so Fischer weiter. Gerade für ihn sei der persönliche Kontakt wichtig.

Fischer glaubt nicht daran, dass es jemand bei so vielen Bewerbern bei der ersten Wahl schafft, "das wäre ein Riesenerfolg". Er erhofft sich aber eine gute Ausgangsposition für eine eventuell anstehende Neuwahl, und "dass man da vorne dabei ist".

Kurz nach 18 Uhr kommt auch die einzige Frau im achtköpfigen Bewerberfeld, Viola Knaus. Etwas später trifft Fabian Schmitt im Kurhaus ein.

"Natürlich schon aufgeregt" ist Viola Knaus. Und sie hat gleich doppelten Grund dazu, denn sie feiert an diesem Tag auch noch ihren Geburtstag. Einen Wahlausgang zu tippen sei schwer. Aber sie hoffe, dass sie vorne dabei ist. Ansonsten will sie sich überraschen lassen.

"Glücklich, dass ich mitmachen durfte", zeigt sich Schmitt. Auch er wagt keine Prognose, verspricht aber, der Stadt auf jeden Fall erhalten zu bleiben, egal wie es ausgeht.

Gauger hat die Nase vorn

Um 18.18 Uhr ist dann der erste Wahlbezirk ausgezählt. Und der zeigt schon, dass sich eine faustdicke Überraschung anbahnen könnte: Marco Gauger erhält in Aichelberg, Hünerberg und Meister 56,3 Prozent der Stimmen. Das ist allerdings noch nicht besonders aussagekräftig, denn gerade einmal 63 Wähler gaben ihre Stimme für Gauger ab. Zum Vergleich: Dietmar Fischer kam mit 30 Stimmen auf 27,8 Prozent.

Kurze Zeit später folgt der nächste, ebenfalls kleine Wahlbezirk. Und auch hier hat Gauger eindeutig die Nase vorn. Er erhält 121 Stimmen und kommt auf 54,3 Prozent. Sein härtester Konkurrent Dietmar Fischer kommt auf 59 Stimmen (26,5 Prozent).

Nach vier von acht ausgezählten Wahlbezirken geht dann die Tendenz aber mehr und mehr in Richtung zweite Wahl. Gauger liegt jetzt bei 47,8 Prozent (529 Stimmen), Fischer folgt mit 25,9 Prozent (286 Stimmen). Auf dem dritten Platz liegt zu diesem Zeitpunkt Fabian Weiler mit 11,6 Prozent (128 Stimmen). Vierter ist Fabian Schmitt mit 7,8 Prozent (84 Stimmen).

Langsam füllt sich auch der Kursaal immer mehr und die Spannung steigt. Um 18.40 Uhr sind dann sechs von acht Bezirken ausgezählt. Auch die Kandidaten Thomas Anhalt und Fabian Weiler sind mittlerweile angekommen. Und sie sehen, dass sich das Bild konsolidiert: Gauger bleibt deutlich vorne, bleibt aber auch unter der 46-Prozent-Marke. Darüber zeigt er sich im Gespräch mit unserer Redaktion "sehr erfreut" und er hofft, dass es durch die große Gruppe der Briefwähler doch noch im ersten Wahlgang reicht.

"Zwei Gruppen à neun Personen, die akribisch die Stimmzettel auswählen" sind laut Borg noch am Werk, die fehlenden Bezirke auszuzählen. Im Kursaal sind auch Bürgermeister aus der Umgebung, etwa Jochen Stoll aus Simmersfeld und Matthias Leyn aus Schömberg, der in Bad Wildbad wohnt.

Spannung ist deutlich greifbar

Um 18.59 Uhr ist dann der erste Briefwahlbezirk da: Gauger erhält 45,2, Fischer 24 Prozent. Nun ist die Spannung im Raum deutlich greifbar. Gab es bis dahin noch lebhafte Gespräche, wird es jetzt ganz ruhig im Kursaal. Um 19.10 Uhr herrscht dann endgültig Gewissheit: An diesem Abend wird es keinen neuen Bürgermeister für Bad Wildbad geben. Denn mit den Stimmen aus dem zweiten Briefwahlbezirk sind nun alle Stimmen ausgezählt, das vorläufige amtliche Endergebnis liegt vor. Eindeutiger Wahlsieger ist Marco Gauger. Er erhält 46 Prozent (1601 Stimmen) der abgegebenen Stimmen. Platz zwei belegt Dietmar Fischer mit 25 Prozent und 870 Stimmen. Dritter wird Fabian Weiler (12,7 Prozent, 443 Stimmen), gefolgt von Fabian Schmitt (7,4 Prozent, 257 Stimmen). Abgeschlagen auf den weiteren Plätzen folgen Frank Drollinger (2,9 Prozent, 100 stimmen), Thomas Anhalt (2,7 Prozent, 95 Stimmen), Viola Knaus (1,8 Prozent, 62 Stimmen) und Egon Nagel (0,9 Prozent, 31 Stimmen). Auf die freie Zeile, also handgeschriebene Vorschläge entfielen 0,6 Prozent (20 Stimmen).

Damit ist klar: Am 13. Februar gibt es eine Neuwahl. Borg erklärt, dass sich die bisherigen Kandidaten nicht mehr neu bewerben müssten, sondern explizit absagen, wenn sie nicht mehr antreten wollen. Neue Bewerber können sich noch bis Mittwoch, 26. Januar, 18 Uhr bewerben.

Marco Gauger

Mit der Verkündung des Endergebnis gibt es großen Applaus für Marco Gauger, der sichtlich erfreut und erleichtert wirkt. "Nur äußerlich gelassen" sei er, erklärt er lächelnd und freute sich über das "sehr gute Ergebnis" und dass "mir die Wähler das Vertrauen gegeben haben". Er will nun ganz motiviert in die kommenden Wochen gehen und alles geben, um das Ziel zu erreichen. Außerdem ärgere er sich nicht darüber, dass er das Ziel nur knapp verfehlt habe, er habe "nur Freude für dieses Ergebnis".

Dietmar Fischer

Enttäuscht über die niedrige Wahlbeteiligung zeigte sich Dietmar Fischer. Er will in den nächsten drei Wochen "Wähler mobilisieren, dass sie in die Wahllokale gehen". Bei einer Bürgermeisterwahl hier in Bad Wildbad sollten seiner Meinung nach schon 60 Prozent der Wähler ihre Stimme abgeben. Deshalb will er mit voller Kraft "Wähler, Wähler, Wähler mobilisieren" und die Nichtwähler davon überzeugen, ihn zu wählen.

Fabian Weiler

"Ich freue mich über jede Stimme", zeigte sich auch Fabian Weiler nicht enttäuscht. "Dafür, dass ich vor zwei Monaten noch ein ›No Name‹ war", ist er froh, den dritten Platz erreicht zu haben. Traurig zeigte er sich nur über die niedrige Wahlbeteiligung. Ob er bei der zweiten Wahl noch einmal antreten wird, ließ er am Wahlabend noch offen. Wie bei allen seinen Entscheidungen wolle er auch darüber eine Nacht schlafen.

Viola Knaus

"Schon ein bisschen enttäuscht" zeigte sich Viola Knaus an ihrem Geburtstag. Sie habe sich mehr erhofft, aber die Leute sind wahlmüde. Spontan tendiere sie dazu, weiterzumachen, da sie ihre Dinge bis zum Ende durchziehe. Aber auch sie wollte noch eine Nacht darüber schlafen. Als kleinen Trost und als Geburtstagsgeschenk überreichte Borg ihr den eigentlich für den neuen Bürgermeister vorgesehenen und nun nicht benötigten Blumenstrauß.

Fabian Schmitt

"Ich habe schon gewusst, dass ich nicht zu den Favoriten gehöre", zeigte sich Fabian Schmitt am Ende realistisch. Aber ohne Verwaltungserfahrung Platz vier zu erreichen, sei "nicht schlecht". Auch er will zuerst eine Nacht darüber schlafen und sich mit seiner Freundin besprechen, ob er bei der zweiten Wahl antritt oder nun seinen Bademeister-Urlaub antritt.

Ein gutes Näschen bewies Landrat Helmut Riegger. Er ließ sich entschuldigen, in der richtigen Annahme, dass es an diesem Abend keinen neuen Schultes geben würde. Einen Aufruf startete noch Borg für die Wahl am 13. Februar: "Bitte gehen Sie zur Wahl!" Dann zählt die einfache Mehrheit der Stimmen, eine 50-Prozent-Hürde gibt es nicht.

Kommentar: Spannend

Von Bernd Mutschler

Einen echten Sieger hat es bei der Bürgermeisterwahl in Bad Wildbad noch nicht gegeben – aber eine klare Tendenz. Marco Gauger, der persönliche Referent des Freudenstädter Oberbürgermeisters, konnte offensichtlich mit seiner ruhigen und sympathischen Art punkten. Möglicherweise wirkte sich der Zuspruch von Teilen des Gemeinderates aus. Und vielleicht werden junge Bürgermeister auch Tradition in Bad Wildbad – immerhin war Klaus Mack gerade einmal 33 Jahre alt, als er aus Enzklösterle enzabwärts in die Bäderstadt wechselte. Doch Scherz beiseite. Klar ist: Der Wahlkampf ist noch nicht vorbei. Es wird sich zeigen, ob Gauger beim zweiten Anlauf erneut die Mehrheit auf sich vereinen kann. Sollte der eine oder andere Kandidat zurückziehen, werden die Karten neu gemischt. Also alles auf Anfang? Eher nicht. Spannend bleibt es dennoch.