Viele junge Meßstetter saßen im Publikum, als sich am Dienstagabend die Kandidaten für die Bürgermeisterwahl am 24. September vorstellten. Die Festhalle indes war nicht ganz voll besetzt. Foto: Dunja Kuster

Unerwartet wirtschaftsorientiert war am Dienstagabend die Vorstellung der beiden Kandidaten für die Bürgermeisterwahl am Sonntag, 24. September in Meßstetten: Amtsinhaber Frank Schroft und Zauberkünstler Alexander Schwarz setzten höchst unterschiedliche Akzente in ihren Reden.

Seine Klingel musste der stellvertretende Bürgermeister Thomas Holl, Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses, nicht ein einziges Mal betätigen: Frank Schroft und Alexander Schwarz hielten sich an ihre 15 Minuten Redezeit, füllten sie allerdings mit recht verschiedenen Inhalten an.

 

Amtsinhaber Frank Schroft stellte sich als einen vor, den die Meßstetter kennen und auf den sie sich verlassen könnten.

Amtsinhaber Frank Schroft hat noch viel vor. /Kuster

Zu den Erfolgen seiner Amtszeit zählt der 37-jährige Diplom-Verwaltungswirt und Master of Public Administration den Ausbau des Betreuungsangebots für Kinder und Jugendliche, die Seniorenarbeit, Sanierung und Neubau der Sportanlagen auf dem Geißbühl, die entsprechende Ausstattung der Schulen und ihrer Außenanlagen, das integrierte Verkehrsenwicklungskonzept, die Baulückeninitiative, das Sport- und Freizeitgelände Blumersberg – „eine wahre Wohlfühloase“ – sowie Erschließung und Endausbau von Baugebieten: Ob dem Beurental in Hartheim, Pfarrwiesen in Heinstetten, Ödertal II in Hossingen, Wasserfuhr in Unterdigisheim und Sickersberg/Kreuzbühl in Meßstetten. Hallensanierungen, die Fortlaufende Ausrüstung und Ausbildung der Feuerwehr, die Optimierung der Sireneninfrastruktur, Investitionen in Tourismus, Nahversorgung, Umwelt- und Klimaschutz ergänzten die Liste.

Ein Meilenstein für die Entwicklung der Gesamtstadt sei der Kauf des Konversionsgeländes, der die selbstbestimmte Entwicklung des Interkommunalen Industrie- und Gewerbeparks Zollernalb und die Ansiedlung klimabewusster, zukunftsorientierter, moderner Unternehmen und Start-Ups ermögliche, was Arbeitsplätze sichere, neue schaffe, damit weiteres Wachstum der Stadt gegen den Trend – „bald knacken wir die 11 000-Einwohner-Marke“ – ermögliche und so die Finanzkraft der Stadt stärke.

Dass die Rücklagen der Stadt in seiner Amtszeit um mehr als neun auf über 31 Millionen Euro gestiegen seien – trotz 38 Millionen Euro Investitionen alleine in Baumaßnahmen – erwähnte Schroft mit strahlendem Gesicht.

Sein privates Glück habe er in Meßstetten ebenfalls gefunden, geheiratet, eine Familie gegründet und sei „Meßstetter aus voller Überzeugung, mit Herzblut und Begeisterung“.

Was plant Frank Schroft, der ausdrücklich betonte, diese Erfolge gemeinsam mit den Bürgern, der Verwaltung, den Gemeinde- und Ortschaftsräten erreicht zu haben, für die Zukunft? Hier nannte er die Erschließung der Baugebiete „In der Breite, 2. Bauabschnitt“ in Oberdigisheim und „Grund/Hülbenwiesen“ in Hartheim, den Endausbau von „Sickersberg/Kreuzbühl“ in Meßstetten und „Haldenstraße/Kirchhalde“ in Tieringen, den Anbau an den Kindergarten Bueloch, weitere Kita-Plätze, die Ausstattung der Schulen, effizienteren Klimaschutz, Bevölkerungsschutz, die Förderung der Vereine, der Jugendarbeit, dynamische Wirtschaftsförderung und professionelles Stadtmarketing.

Oben auf seiner Agenda steht das Sozial- und Gesundheitszentrum, dessen Bau „schon längst begonnen hätte, wenn der Bundesgesundheitsminister umsetzen würde, was er zusagt“, die Anerkennung des stambulanten Konzepts, das bei stationärer Pflege den Eigenanteil senke.

Seinen Respekt zollte Schroft den Meßstettern dafür, was sie in Zeiten der LEA und des Ankunftszentrums Ukraine geleistet hätten, als „Vorbilder an Hilfe, Solidarität und Menschlichkeit“. Im Frühjahr schließe das Ankunftszentrum, damit ein „neues Leuchtturmprojekt mit einer starken Außenwirkung“ entstehen könne.

Zur Wahl zu gehen, darum bat Schroft alle Meßstetter, denn eine hohe Wahlbeteiligung stärke einem Bürgermeister den Rücken für Verhandlungen in „Berlin, Stuttgart und anderswo“.

Alexander Schwarz rechnet mit „einer Wahlbeteiligung unter 50 Prozent und maximal fünf Prozent für mich“, gestand, dass er Meßstetten und die Menschen, die dort ehrenamtlich so viel leisteten, liebe und ihre große Hilfsbereitschaft schätze.

Alexander Schwarz begründete ausführlich seine Kandidatur. /Kuster

Warum er Zauberer als Beruf angebe, habe eine Meßstetterin ihn gefragt. Ein Zauberer könne doch kein Bürgermeister werden. „Weil ich es liebe, Menschen zum Lachen und zum Staunen zu bringen, gerne besondere Augenblicke mit Menschen teile“, sagte Schwarz und verwies auf die den Schauspieler Ronald Reagan, den Komiker Wolodymyr Selenskyi und den Bodybuilder Arnold Schwarzenegger, später erfolgreiche Politiker. Er hätte angeben sollen, Unternehmer zu sein, so die Frau mit Blick auf seinen Online-Großhandel für Spielwaren. Dass es für manche wichtiger sei, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, mit Zahlen und Bilanzen umgehen und Mitarbeiter führen zu können, als Menschen ein Lächeln und ein Staunen zu schenken, wundert Schwarz.

Warum bewirbt er sich als Bürgermeister? 2015 nach Meßstetten gezogen, habe er den einzigen Meßstetter unter den Bewerbern gewählt, bald aber festgestellt, dass der Wahlsieger „einen guten Job macht“, so Schwarz. „Ich dachte, es könne keinen besseren geben.“

Sein Umdenken in der Coronazeit schilderte Schwarz ausführlich: Nicht jeder, der im Supermarkt große Mengen kaufe, sei ein Hamsterkäufer – die Menschen hätten daheim gegessen statt in der Kantine, für betagte Nachbarn mit eingekauft. In einem Artikel „Appell an die Vernunft“ habe er sich gegen Mengenbeschränkungen ausgesprochen, die Menschen aufgerufen, Klopapier zu kaufen, wo es nicht gebraucht werde, etwa in Restaurants im Lockdown, und damit deren Überleben zu sichern.

Für seine Klopapier-Notfallstation sei er zunächst belächelt worden, habe in jede Packung „ein wenig christliche Literatur“ hineingeschoben, „denn es kann einem Menschen nichts Besseres passieren, als dass er Jesus kennenlernt“. Beim Abbau der Station habe er erfahren, „dass in Meßstetter Schulen mehr Klopapier lagerte, als ich je hatte“. So schlug er dem Bürgermeister vor, es auf dem Wochenmarkt zu verkaufen: „Für fünf Euro pro Packung für die Jugendfeuerwehr.“ Die Antwort, „das würde aus verwaltungstechnischen Gründen nicht gehen“, enttäuschte Schwarz so sehr, dass ihm klar gewesen sei, dass er den Mann, den er „für den besten Bürgermeister der Welt“ gehalten habe, nicht mehr wählen konnte.

Weil er die Demokratie liebe, musste Schwarz „jemanden finden, der bereit ist, gegen ihn anzutreten, auch wenn er verlieren würde“, und diese Person sei er. „Einige Meßstetter sind in den letzten Wochen auf mich zugekommen und haben mir gesagt, dass sie es sehr gut finden, dass sie eine Wahl haben“, so Schwarz. „Deswegen bin ich heute hier – damit es eine Wahl gibt“, und dass alle ihr Kreuzchen machen könnten.

Über die Antworten der Kandidaten auf die Fragen der Bürger werden wir in der Ausgabe vom Donnerstag berichten.