Buchstäblich die größte Baustelle im Haushalt: Die Erweiterung der Schule stellt Seelbach vor finanzielle Herausforderungen. Foto: /Baublies

Normalerweise wird der Etat der Gemeinde im März beschlossen, bislang ist er nicht einmal eingebracht. Woran hakt’s? Der Bürgermeister betont, dass man nicht nur 2025 in den Blick nehmen will – es geht um eine langfristige Finanzstrategie.

Vier Mal kam der Seelbacher Gemeinderat in diesem Jahr zu einer öffentlichen Sitzung zusammen – zuletzt am Montagabend –, vier Mal war die Tagesordnung äußerst überschaubar. Hier ein Bauantrag, dort eine Auftragsvergabe und der Grundsatzbeschluss über das Abwasserprojekt Schönberg/Emmersbach. Das war’s. Besonders auffällig: Vom Haushalt, der in Seelbach üblicherweise im Januar eingebracht, im Februar beraten und im März beschlossen wird, fehlt bislang jede Spur. Woran liegt das? Unsere Redaktion hat bei Bürgermeister Michael Moser nachgehakt.

 

„Die Verzögerung ergibt sich aus der Notwendigkeit, den Haushalt an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen“, erklärt der Rathauschef. Das Ziel sei, einen „soliden und genehmigungsfähigen Haushalt“ aufzustellen, der den gesetzlichen Vorgaben entspreche und eine nachhaltige Finanzplanung ermöglicht.

Im vergangenen Jahr wurde der Haushalt noch von Bürgermeister Thomas Schäfer eingebracht. Sein Nachfolger betont, dass sein Blick nicht nur dem laufenden Jahr, sondern auch der Zukunft gilt: „Wir legen daher Wert darauf, nicht nur kurzfristig einen Haushalt zu verabschieden, sondern eine tragfähige Strategie für die kommenden Jahre zu entwickeln.“

Höhere Kreisumlage belastet die Gemeinde mit knapp 300 000 Euro

Denn die Gemeinde Seelbach stehe – wie viele Kommunen – vor finanziellen Herausforderungen. „Steigende Umlagen, veränderte Einnahmestrukturen und geplante Investitionen erfordern eine präzisere Planung, um finanzielle Spielräume langfristig zu sichern“, erläutert der Bürgermeister. Zum einen sei da die Kreisumlage. Die Erhöhung um vier Prozentpunkte allein bedeute für Seelbach eine Mehrbelastung von 292 000 Euro. Hinzu komme, so Moser weiter, die Entwicklung beim Kommunalen Finanzausgleich. „Die erwarteten Einnahmen fallen hier mittelfristig geringer aus als ursprünglich geplant.“ Gleiches gelte für den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer.

Diese Situation zwinge die Gemeinde dazu, nun vorausschauend zu handeln und gezielt zu investieren, „um langfristige Stabilität zu gewährleisten“. Der Bedarf für neue Schulden soll so gering wie möglich gehalten werden, betont der Bürgermeister. Grundsätzlich verfüge die Gemeinde über eine „gesunde Finanzstruktur“, um notwendige Maßnahmen umzusetzen.

Bildungszentrum als buchstäblich größte Baustelle

Dazu zählen „zentrale Infrastrukturmaßnahmen, die für die Zukunft Seelbachs wichtig sind“, gibt Moser einen Einblick in die voraussichtlich größten Haushaltsbrocken des Jahres. Er hebt besonders den Erweiterungsbau an der Real- und Werkrealschule hervor, der zudem umfangreiche Brandschutzmaßnahmen im Bestandsgebäude erfordere. Gleichzeitig liefen derzeit die Planungen für die Sanierung des Grundschulgebäudes sowie den Ausbau der Räumlichkeiten für die verpflichtende Ganztagesbetreuung. Auch die Sanierung des Bürgerhauses steht an, „um die Nutzung für Vereine zu verbessern“.

Darüber hinaus muss die Gemeinde den Glasfaserausbau in den Außenbereichen selbst stemmen. Rund eine Million Euro werden dafür 2025 und 2026 fällig. Auch in die Feuerwehr soll „in absehbarer Zeit“ investiert werden – genauer in Fahrzeuge und das Gerätehaus. „Diese Projekte sind notwendig und sinnvoll, müssen aber mit Blick auf die finanzielle Tragfähigkeit der Gemeinde klug priorisiert werden“, fasst Moser zusammen.

Mit im Boot ist, auch schon vor den offiziellen Beratungen, der Gemeinderat. Das Gremium „spielt eine zentrale Rolle in der Haushaltsplanung und hat sich bereits intensiv mit den aktuellen Herausforderungen befasst“, so der Bürgermeister. Die Verwaltung habe dem Gremium die Situation detailliert vorgestellt, mögliche Anpassungen seien „offen diskutiert“ worden. „Die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat läuft dabei sehr konstruktiv“, lobt der Bürgermeister.

Bürgermeister fordert mehr Mittel von Land und Bund für die Kommunen

Das Ziel sei nun, einen „optimal vorbereiteten Haushalt“ in den kommenden Wochen einzubringen und mit diesem eine „solide finanzielle Basis für die Gemeinde zu schaffen“. Ein Datum nennt Moser nicht, die nächste Möglichkeit ist in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 7. April. Wann der Haushalt verabschiedet wird, hänge vom Verlauf der Beratungen im Gemeinderat ab.

„Wir bekommen das bestimmt und gemeinsam mit dem Gemeinderat hin“, hält der Bürgermeister abschließend zuversichtlich fest. Man könne leider nicht darauf warten, dass Bund und Land die Kommunen mit mehr Mitteln ausstatten – „auch wenn es dringend an der Zeit wäre“. Die Gemeinden, kritisiert Moser, „werden mit immer mehr Aufgaben betreut, ohne dafür entsprechend ausgestattet zu werden“. Doch in Seelbach stelle man sich dieser Herausforderung „mit Verantwortung und Weitsicht“.

Interimszeit

Laut Gemeindeordnung „soll“ der Haushalt einer Kommune ein Monat vor Beginn des Jahres vorliegen. In der Praxis wird das selten so gehandhabt, in der Region verabschiedeten nur Lahr, Friesenheim und Meißenheim den kommunalen Etat vor dem Jahreswechsel. Ist der Haushalt noch nicht beschlossen, das Jahr aber schon angebrochen, gilt eine Interimszeit. In dieser dürfen nur finanzielle Leistungen erbracht werden, zu denen die Gemeinde rechtlich verpflichtet ist oder die zur Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Die Einschränkungen für Seelbach halten sich in Grenzen, „da wir vorausschauend Aufträge vergeben und Projekte frühzeitig gestartet haben“, so Bürgermeister Michael Moser.