Auf reges Interesse stieß die Veranstaltung der Rottenburger Grünen zum Thema Klimaschutz. Foto: Linda Hanselmann

„Klimaschutz fällt überall hinten runter .... selbst die Grünen halten sich aus wahlkampf-taktischen Gründen zurück“, lautet der Vorwurf der Fridays for Future-Aktivistinnen, den Sybille Metzler vom Vorstand der Rottenburger Grünen aus der Zeitung zitierte.

Sie dagegen, die Rottenburger Grünen, wollten sich nicht zurückhalten und luden ins Café Stadtgespräch zur Veranstaltung „Wärmewende im Altbau – alles nur heiße Luft?“ ein.

 

Über 50 Interessierte kamen, unter ihnen auch die Rottenburger Baubürgermeisterin Annette Schwieren und der Landtagsabgeordnete Daniel Lede Abal. Grundlegende Fakten zum Klimawandel legte Martin Brunotte dar, der als studierter Physiker seit 2008 an der Rottenburger Hochschule lehrt und dort den Studiengang Erneuerbare Energien mit aufbaute.

Er wies darauf hin, dass die Temperaturen der letzten Jahre die Prognosen der Klimaforscher deutlich übertroffen haben und die Menschheit auf drastische Veränderungen zusteuert.

Existenzielle Bedrohung für zwei Milliarden Menschen

Schon bei einer Erwärmung von 2,7 Grad Celsius könnten große Regionen unbewohnbar werden, was rund zwei Milliarden Menschen existenziell bedrohen würde.

Die den Klimawandel verursachenden Treibhausgase entstehen in Deutschland zu 85 Prozent durch Energienutzung. Etwa die Hälfte der benötigten Energie entfällt auf Wärme, die zum größten Teil noch fossil, also mit Öl und Gas erzeugt wird. „Bei Wärme aus erneuerbaren Energien ist Deutschland fast Schlusslicht in der EU“ bedauert Brunotte.

Wie die Wärmewende auch in Bestandsgebäuden gelingen kann, erläuterte Ulrich Bittner. Der in Rottenburg wohnende Maschinenbauingenieur erkannte in seinem Haus Optimierungspotenzial bei der Effizienz seiner Wärmepumpe. Dies motivierte ihn, sich intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzen – heute teilt er sein Wissen in Vorträgen an der VHS. Er demonstrierte dies am unsanierten Mehrfamilienhaus seiner Eltern aus dem Jahr 1980: Durch den Einsatz einer Wärmepumpe und einer PV-Anlage konnte die zugekaufte Energiemenge um 90 Prozent gesenkt werden. In Bestandsgebäuden liegt die Vorlauftemperatur oft über 70 Grad Celsius, doch ein Austausch der Heizkörper ermöglicht eine Reduzierung auf wärmepumpentaugliche 50 Grad Celsius Auch auf die Kostenfrage ging Bittner ein. Rechne man Investition, Betrieb und Energiebedarf zusammen, sei die Wärmepumpe „nach acht bis 15 Jahren günstiger, als eine Gasheizung“. Die Erfahrungsberichte zeigten, dass Wärmepumpen auch im Altbau eine vielversprechende Lösung sind.

Hinsichtlich des steigenden Strombedarfs wies Brunotte auf die Ausbauziele für Solar- und Windenergie hin. Das Erreichen des Ziels von 80 Prozent erneuerbaren Energien bis 2030 sei realistisch. Speicher in Kombination mit flexiblen Gas- oder Wasserkraftwerken werden bald die Lücken füllen können, wenn Wind und Sonne fehlen. Denn aktuell sind Großstromspeicher mit einer Anschlussleistung von 160 Gigawatt beantragt – mehr als zehnmal so viel wie alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke zusammen.

Engagierte Wortbeiträge ohne erhitzte Gemüter

Die engagierten Wortbeiträge in der anschließenden Diskussion verdeutlichten das große Interesse an diesem Thema abseits von Wahlkampfgetöse. Erhitzte Gemüter gab es jedenfalls an diesem Abend in Café Stadtgespräch nicht, wie die Grünen in einer Mitteilung schreiben.