Wer hätte es gedacht?: Auch Bürgermeister Michael Ruf, an diesem Abend Ziel vieler Scherze, ist ein "Luschtobjekt" – meint jedenfalls Star-Comedian Bülent Ceylan. Foto: Braun

Comedian Bülent Ceylan tritt generell gerne in Schwarzwaldhallen auf – nur nicht in Baiersbronn, wenn dort gerade Energie gespart werden soll.

Baiersbronn - Mehrfach war sein Auftritt coronabedingt verschoben worden, nun gastierte er endlich im, wie er es nannte, "letzten Gallien": Mit seinem Programm "Luschtobjekt" bot Comedy-Star Bülent Ceylan beste Unterhaltung in der ausverkauften Schwarzwaldhalle – in der es etwas frostig war.

Von Beginn an hatte der Bühnenprofi keine Probleme mit dem begeisterten Publikum – mit der nicht beheizten Schwarzwaldhalle aber umso mehr: "Reißt die Halle ab, in so kranken Hallen zu spielen, da sind meine Techniker alle verschnupft hinterher!", schimpfte Ceylan. Und einen Schuldigen hatte er auch sogleich gefunden: Bürgermeister Michael Ruf befand sich unter den Gästen – und war von da an Ziel so mancher Humorattacke. Dass die Kälte nicht dem schwäbischen Sparsinn, sondern der drohenden Energiekrise geschuldet ist, war Ceylan egal. Er hatte für sich den "Running Gag" des Abends gefunden und biss sich fortan daran fest.

Das Publikum lacht sich warm

Dem Publikum schienen die frostigen Temperaturen weniger anzuhaben. Es lachte sich warm, denn der Comedian wusste, wie quietschende Reaktionen und Applaus zu produzieren sind. Der "Türke mit deutschen Wurzeln" nahm sich selbst aufs Korn und wob geschickt immer wieder die Schwaben und ihre Eigenarten in seine Ausführungen ein. In puncto Aufklärung nahm er kein Blatt vor den Mund – und schaffte dennoch den Spagat zwischen gerade noch jugendfreiem Witz und charmant dargestellter Integrationsproblematik. Als Sohn türkisch-deutscher Eltern profitiere er von beiden, ließ er wissen. Wie’s gerade passt, gebe er sich mal als korrekter Deutscher aus; mal als "krimineller Kanake", der trotz Corona-Verbots nachts heimlich mit seinem Sohn die Spielplätze nutzte.

Mit seiner über zwanzigjährigen Bühnenerfahrung weiß Bülent Ceylan, wie man sich auf ein Publikum einstellt. Immer wieder fand er in der Schwarzwaldhalle Opfer – meist in der ersten Reihe. Eine Zwölfjährige musste mehrfach für Gags herhalten, über einen Gast ließ er sich sogar live zum Geburtstag der Schwägerin verbinden.

Thor mutiert vom Donner- zum Dönergott

Geschickt band Ceylan seine Familie in die Späße ein, schlüpfte in verschiedene Charaktere und hatte auch die eine oder andere Botschaft im Programm versteckt: "Scheißegal, ob Moslem oder Christ, niemand ist hässlich und keiner braucht den Krieg", zum Beispiel. Mit blonder Perücke mutierte er als Thor vom Donner- zum Dönergott, mit wallender schwarzer Haarpracht und im "Kunstpelzmantel" zu "Anneliese".

Kurz vor der Pause gab es noch einen Rap, bevor Ceylan im zweiten Teil vollends zur Höchstform auflief. Von der Bühne aus schwenkte er mit einer Kamera ins Publikum, zeigte auf beiden seitlichen Monitoren seine Fans in Großformat und fand – wie könnte es anders sein – Bürgermeister Ruf samt seiner Frau Anja. Mit einer Rose und einem Geschenk, sprang Ceylan von der Bühne, um persönlich Abbitte für den einen oder anderen Scherz auf Kosten des Gemeindeoberhaupts zu leisten. "Unser Bürgermeister ist eh ein Luschtobjekt", ließ er verlauten. Und hörte freilich zur Freude des Publikums nicht auf, sein Programm immer wieder auf die Baiersbronner Verhältnisse "upzudaten".

Auf Wiedersehen in Karlsruhe

Als Integrationslehrer fuhr Ceylan alle Geschütze auf, erklärte, dass Goofy Sachse sei, und fand heraus, dass gelbe Tonnen für Chinesen und Bananen bestimmt seien. Bei einem Minikonzert gab er eine Kostprobe seines Gesangstalents. Stücke von Rammstein, Metallica und Cat Stevens sang er mit Hingabe und verriet, ein Album herausbringen zu wollen.

Am Ende hatte Bülent Ceylan einen begeisternden Abend geboten, bei dem kaum ein Auge trocken blieb und der das Publikum zu Standing Ovations hinriss. "Meist sage ich ja, ich komme wieder", setzte er zur finalen Breitseite an, "doch eher nicht in diese Halle, aber in die Nähe: Karlsruhe hat auch eine Schwarzwaldhalle."