Höllenfahrt mit Thomas Mann: Heinz Strunk Foto: dpa/Marcus Brandt

Heinz Strunk reist in seinem neuen Roman „Ein Sommer in Niendorf“ auf den Spuren Thomas Manns an die Ostsee und paart Kanon und Kaschemme. Was dabei herauskommt, ist ein monströses kleines Meisterwerk.

Verfall ist spätestens seit Thomas Mann auf noble Weise literaturfähig geworden. Schlechte Zähne, Grübeleien und ein allzu offenes Ohr für die Musik sind die Einfallspforten, durch die das Gift der Dekadenz in den bürgerlichen Organismus gelangt, um alle Aufbau-, Bildungs-, Fortschrittserzählungen restlos zu zersetzen. In paradoxer Umkehrung zu ihrer eigentlichen Bedeutung hat es sich diese zivilisierte Form des Verfalls allerdings längst auf dem Sonnendeck der Hochkultur bequem gemacht. Im Licht des Kanons liegen dort die Werke ausgestreckt und stellen ihre Verfeinerungsmale selbstzufrieden zur Schau.