Die Industrie leidet unter Materialmangel und Lieferengpässen. Foto: imago images/Christoph Hardt

Die Konsumlust der Verbraucher kurbelt die deutsche Wirtschaft im Sommer an. Die Industrie leidet dagegen unter Lieferengpässen. Die Aussichten für die kommenden Monate trüben sich daher ein.

Wiesbaden - Die deutsche Wirtschaft ist trotz Lieferengpässen im dritten Quartal auf Wachstumskurs geblieben. Angeschoben vor allem von der Konsumlust der Verbraucher stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 1,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden in einer ersten Schätzung mitteilte. Im zweiten Vierteljahr war Europas größte Volkswirtschaft nach den jüngsten Zahlen sogar um 1,9 Prozent gewachsen.

Allerdings liegt das Bruttoinlandsprodukt im Vorkrisenvergleich weiter im Minus. Gegenüber dem vierten Quartal 2019, dem Zeitraum vor Beginn der Corona-Krise, lag das BIP im dritten Vierteljahr 2021 um 1,1 Prozent niedriger.

Industrie leidet unter Materialmangel

Getragen wurde das Wirtschaftswachstum im Zeitraum Juli bis Ende September den Angaben zufolge vor allem von der Konsumlust der Verbraucher. Die Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie mit zeitweiliger Schließung von Gaststätten, Fitness-Studios und Läden waren ab Mitte Mai schrittweise gelockert worden.

Die Industrie leidet dagegen unter Materialmangel und Lieferengpässen, die eine Folgewirkung der Corona-Krise 2020 sind. Im vergangenen Jahr war die Nachfrage eingebrochen. Mit der Konjunkturerholung zieht die globale Nachfrage wieder an. Rohstoffe und Vorprodukte wie Halbleiter sind knapp und haben sich deutlich verteuert. Trotz gut gefüllter Auftragsbücher müssen manche Unternehmen die Produktion drosseln.

Die Bundesregierung und Ökonomen rechnen daher damit, dass die Konjunkturerholung zum Jahresende deutlich an Tempo verliert. In diesem Jahr komme es angesichts der aktuellen Lieferengpässe und weltweit hoher Energiepreise nicht zum erhofften „Schlussspurt“, sagte der geschäftsführende Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) jüngst. Er sprach von einer historisch einmaligen Knappheit an Vorleistungsgütern.

Konjunkturprognose deutlich gesenkt

Die Bundesregierung schraubte die Wachstumserwartungen für 2021 herunter. Nach dem coronabedingten Einbruch des Bruttoinlandsprodukts 2020 erwartet die Regierung, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 2,6 Prozent zulegt - im April war noch ein Plus von 3,5 Prozent vorhergesagt worden. Für 2022 wird nun mit einem Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent statt wie bisher 3,6 Prozent gerechnet.

Auch führende Wirtschaftsforschungsinstitute hatten ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr deutlich gesenkt. Sie rechnen mit einem Wirtschaftswachstum in Europas größter Volkswirtschaft von 2,4 Prozent.