Die vielen Baumstümpfe zeugen von der Abholzaktion in der Hofbächleschlucht bei Brigachtal. Foto: Hanauer

Aufregung nach Abholzung in Hofbächleschlucht in Brigachtal. Aussagen der Beteiligten unterschiedlich.

Brigachtal-Überauchen - Fassungslos steht Hans Letulé am Rand der Hofbächleschlucht im Eggwald bei Überauchen und starrt auf die Baumstümpfe. "Es ist für mich völlig unverständlich, wie man so mit der Natur umgehen kann", sagt er und schüttelt den Kopf angesichts dieser Aktion.

Erst vor kurzem wurden hier rund 30 Bäume abgeholzt, in einem Gebiet, für das laut Letulé derzeit ein Antrag für die Ausweisung als Naturschutzgebiet läuft.

Hans Letulé wurde von der Bevölkerung auf die Abholzungen im Wald hingewiesen: "Die Leute haben sich furchtbar aufgeregt. Der Vorfall ist Dorfgespräch." Um an den Rand der Schlucht zu gelangen, muss er über Schichten von abgeholzten Ästen waten. Die Bäume seien mit "Haut und Haaren", wie es der Förster sage, also mitsamt den Ästen, nach oben gezogen worden, weshalb auch am Boden alles zerstört worden sei, kritisiert Letulé. "Wenn Revierleiter Jens Löw Holz braucht, kann er auch die Bäume auf der anderen Seite abholzen. Es wären genug da", sagt der vereidigte Sachverständige für Gehölz.

Friedrich Kretzschmar, zuständig für Naturschutz und Landschaftspflege beim Regierungspräsidium Freiburg, hatte im vergangenen Jahr eine Ortsbegehung der Schlucht mit dem Forstamt und den beiden Eigentümergemeinden Brigachtal und Villingen-Schwenningen. "Die Schlucht ist für die Baar etwas Besonderes", sagt er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Er sei davon überzeugt, dass es dort einen wertvollen Bestand gebe, dennoch werde es kein einzelnes Naturschutzgebiet werden. Das Gebiet sei jedoch in die Untersuchungen für ein Naturschutzgroßprojekt mit aufgenommen worden.

Hans Letulé: "Schlucht ist geologisch sehr interessant"

Dennoch hat er mit den Verantwortlichen eine Vereinbarung getroffen. "Es gibt die Abmachung, dass vorsichtig verfahren wird und kein Totholz aus dem Gebiet entnommen wird", sagt er. Zudem liegt dem Schwarzwälder Boten ein Schreiben vor, in dem er mitteilt: "Forstamt und Eigentümer haben mir versichert, dass sie auf die Einhaltung von Schutzvorschriften und pflegender Bewirtschaftung achten werden."

Über den beschriebenen Zustand in der Schlucht ist er erstaunt: "Wenn dort Holz in größerer Menge gemacht worden wäre, würde das nicht den Abmachungen entsprechen", meint er, möchte die Situation aber nicht weiter beurteilen, da er die Schlucht in diesem Zustand nicht persönlich gesehen habe.

Hans Letulé zeigt in der Schlucht ihre Bedeutung auf. "Sie ist geologisch sehr interessant", sagt der einstige Revierleiter dieses Areals. Bäume im Alter zwischen 150 und 200 Jahren stünden in diesem Abschnitt, weiß Letulé. Auch eine rund 200 Jahre alte Tanne sei dort verwurzelt, sie trägt den Namen Hofbächle-Tanne und ist ein Naturdenkmal.

Zudem stelle die Schlucht die Grenze zwischen dem Schwarzwald und der Baar dar, was sich durch die verschiedenen Gesteinsschichten äußere. Auf der Brigachtaler Seite befindet sich Muschelkalk, auf der anderen roter Buntsandstein.

Alle Vorgänger des derzeitigen Revierleiters Jens Löw hätten auf den Schutz des Schluchtbestands geachtet, meint Letulé. Über die Abholzung ist er tief erschüttert. Die Hofbächle-Tanne, das Naturdenkmal, werde sich wohl irgendwann selbst fällen. Sie stand bisher im Wald, durch die Abholzung sei sie jetzt vor Wind ungeschützt.

Forstamtsleiter Hubert Mosbacher vom Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis in Villingen sieht die ganze Sache etwas anders. Das von Friedrich Kretzschmar angesprochene Gebiet beziehe sich auf den Biotopschutzwald, wo bereits eine "sachte Durchforstung" stattfinde. Im Gespräch des Schwarzwälder Boten mit dem Beamten vom Regierungspräsidium konnte nicht eindeutig geklärt werden, welches Gebiet er damals angeschaut hat, da er auch nicht weiß, wo jetzt genau gehauen wurde. Hans Letulé meint, dass es dieses Gebiet sei, da auch das Forstamt der Gemeinde Villingen-Schwenningen an der Ortsbegehung beteiligt war, die nur von einem kleinen Teil der Schlucht tangiert ist.

Mosbacher erläutert, dass es sich bei der Abholzung um "verjüngungsfördernde Maßnahmen" gehandelt habe, bei der auch die Verkehrssicherheit eine Rolle gespielt habe, denn die Bäume seien faul gewesen. "Ich weiß, dass wir da unten sensibel vorgehen müssen." Revierleiter Jens Löw habe ein Unternehmen beauftragt und sei zum Zeitpunkt der Abholzung im Urlaub gewesen. Von einem Antrag für ein Naturschutzgebiet für dieses Areal weiß Mosbacher nichts.

Forstamtsleiter sieht keine Gefahr für die Hofbächle-Tanne

Für die Hofbächle-Tanne, das Naturdenkmal, sieht er keine Gefahr, denn sie stehe in der Senke, allerdings nicht am Ufer, sondern noch am Hang. Der Forstamtsleiter meint aber auch: "In der Schlucht waren nicht so viele Bäume faul, wie gerodet wurden. Es wäre schön gewesen, wenn man den ein oder anderen Baum erhalten hätte."

Von einem "Verkehrssicherungshieb" spricht auch Revierleiter Jens Löw. "Wenn durch das Absterben der Bäume eine Gefahr besteht, muss ich handeln." Es gebe eine Absprache mit dem Regierungspräsidium, diese beziehe sich aber auf ein anderes Gebiet.

Der Revierleiter sagt, er habe in der Vergangenheit immer nur einzelne Bäume aus dem Areal herausgeholt. Doch der teils schlechte Zustand der Bäume habe es jetzt nötig gemacht, dieses Mal mehrere Bäume zu fällen. "Es geht im Zweifel um Menschenleben." Jens Löw selbst hält die Schlucht bei Überauchen für "einen zentralen und hochinteressanten Punkt im Brigachtaler Wald."