So kannten die Menschen Naira K. in Lauterbach auch: als Tortenkünstlerin. Foto: Familie K.

Die Abschiebung der armenischen Familie mitten in der Nacht auf Freitag schlägt weiterhin hohe Wellen: Eine Spendenaktion wurde ins Leben gerufen, zudem erhalten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) Post aus Lauterbach.

Lauterbach - Die Welle der Solidarität hat auch die Grundschule erfasst, die die beiden Mädchen besucht haben. Ein Abschied war nicht möglich, da die Abschiebung völlig unverhofft erfolgten. Nun werde das ganze Geschehen in den Klassen aufgearbeitet, die Kinder schreiben Briefe und malen Postkarten an ihre ehemaligen Klassenkameradinnen, teilt Sonja Rajsp vom Verein "Fair in die Zukunft" mit.

In der Gastronomie fehlt das Personal an allen Ecken und Enden

Sie empört sich auch über die Art und Weise der Abschiebung. Die Familienmitglieder durften jeweils nur einen Koffer mitnehmen. Ein Kind musste einen Rucksack auf Geheiß der Beamten wieder ablegen und zurücklassen. Sonja Rajsp bedauert die Abschiebung auch im Namen des Begegnungsrestaurants "Aladin und Frieda", wo Naira K. tätig war. "Unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin, gute Seele und Tortenkünstlerin Naira K. wurde mit ihren beiden Töchtern und ihrer Mutter abgeschoben, sie wurden nachts um drei Uhr aus ihren Betten gerissen und abtransportiert" teilt sie betroffen mit. Die Frauen und Kinder wurde ohne Nairas Vater abgeschoben, da er zufällig zu Besuch bei jemand anders war. "Die Familie wurde von einem Tag auf den anderen auseinandergerissen", klagt Sonja Rajsp.

Naira K. wollte eine Ausbildung beginnen, um in der Gastronomie arbeiten zu können. "Dort fehlt ohnehin überall das Personal", sagt Sonja Rajsp. Nun also Abschiebung statt Ausbildung. "Das ist eine absolut verfehlte Politik", meint sie. Daher wird sie nun einen offenen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Innenminister Thomas Strobl schreiben. Dieser Politikstil müsse geändert werden, so die Forderung. Hierzu würden noch Unterschriften gesammelt.

Bruder will kommendes Jahr in Rheinland-Pfalz den Meister machen

Als Beispiel für die teils widersinnige Politik wird das Beispiel von Nairas Bruder Artak angeführt. Dieser hat in Rheinland-Pfalz vor zwei Jahren eine Ausbildung angefangen, was seiner Schwester in Baden-Württemberg verwehrt blieb. Artak K. ist mittlerweile Anlagenmechaniker und will nächstes Jahr den Meister machen.

Naira, ihre Mutter Gauri und ihre Töchter Daniella und Dayana wurden direkt an den Kölner Flughafen transportiert. Nairas Bruder Artak war vor Ort, durfte aber nicht mit ihnen sprechen. "Es war sehr viel Polizei da, es war, als ob sie Verbrecher sind", erzählt Artak. Der Flug ging am gleichen Morgen. Naira K. ist mittlerweile in Armenien. Sie ist jetzt in einem Hotel, hat aber kein Geld, da sie nur das mitnehmen durfte, was sie an Barem zu Hause hatte.

In Lauterbach ist nun eine Spendenaktion angelaufen. Wer spenden möchte kann sich bei Sonja Rajsp, Telefon 0171/4 03 83 51, per E-Mail aladinundfrieda@gmail.com oder unter www.aladinundfrieda.de melden. Wer Naira K. einen Brief schreiben möchte, kann diesem im Restaurant abgeben.

"Warum schieben sie die Naira ab, und nicht die, die nix schaffen und die Betrüger und Kriminellen?": So hieß es in den vergangenen Tagen oft in den sozialen Medien. Sonja Rajsp hierzu: "Wir sind der Überzeugung, dass Menschen, die Schutz brauchen, diesen Schutz auch bekommen sollen. Auch wenn es schlechte oder faule Menschen sind. Und Kriminelle gehören ins Gefängnis, und nicht in ein Land weggedrückt, das nicht mehr in unserem Blickfeld ist".