Waldbrände wüten unkontrolliert in Griechenland. Foto: dpa/Thodoris Nikolaou

Noch sind die Flammen nicht besiegt, da ist in Griechenland die politische Diskussion entbrannt. Hat die Regierung versagt? Oder ist einer Feuerkatastrophe dieses Ausmaßes einfach nicht beizukommen?

Athen - Die Menschen auf Euböa sind zutiefst verbittert. Im Norden der zweitgrößten griechischen Insel stehen riesige Waldflächen in Flammen. Unterstützt von rund 500 Einsatzkräften kämpfen die Anwohner rund um die Uhr mit Wassereimern und Gartenschläuchen gegen die Feuerwände und um ihre Dörfer. „Mein Nacken ist steif, weil ich seit fünf Tagen den Himmel nach Löschflugzeugen absuche“, sagt ein Mann zynisch.

„Man hat uns verbrennen lassen“, bilanziert ein anderer. Erst seit die Brände vor Athen halbwegs unter Kontrolle sind, fliegen Löschflugzeuge seit Sonntag endlich auch Euböa an - ein Stadt-Land-Konflikt rund ums Eindämmen der Feuer zeichnet sich ab.

Noch nie in der bisher weitgehend erfolgreichen zweijährigen Amtszeit des konservativen Premiers Kyriakos Mitsotakis gab es von den großen Zeitungen des Landes ernsthafte Kritik. Aber jetzt.

„Jahrhundertkatastrophe“ auf Euböa

„Es ist das erste Mal, dass die Regierung stufenweise die Kontrolle verloren hat“, urteilte die regierungsfreundliche Sonntagszeitung „To Vima“. Weil so viele Brände zeitgleich ausgebrochen seien, habe man die Löschversuche zunächst verteilt. Dann aber seien die Einsatzkräfte im Norden Athens zusammengezogen worden, weil dort die meisten Menschen bedroht waren. Derweil habe auf Euböa eine „Jahrhundertkatastrophe“ ihren Lauf genommen, schreibt das Blatt.

Der Premier hatte seine Taktik am Donnerstag in einer Ansprache an die Bevölkerung so erklärt: „Priorität haben Menschenleben, erst dann folgen Besitztümer und Natur.“ Im Großraum Athen leben rund vier Millionen Menschen, Euböa hat etwa 220 000 Einwohner. Das auf Euböa betroffene Gebiet besteht hauptsächlich aus Wald.

Selbst Kritiker müssen der Regierung Mitsotakis Erfolge zugestehen. Bisher sind keine Menschen ums Leben gekommen. Die Evakuierungsmaßnahmen per Warn-SMS wurden frühzeitig angesetzt und funktionierten. Wer nicht bei Verwandten Zuflucht fand, konnte kostenlos in Hotels absteigen. Die Polizei verhinderte Plünderungen und holte Bürger aus den Häusern, wenn diese nicht gehen wollten.

Bürger seien zu Recht erzürnt

Zudem verfügt Griechenland über eine der größten Flotten an Löschflugzeugen und -hubschraubern in Europa, auch wenn manche davon schon jahrzehntealt sind. Und der Premier hatte sich auch nicht gescheut, bereits am 3. August internationale Hilfe anzufordern, die nun verstärkt eintrifft.

Entsprechend ruhig verhält sich bisher die Opposition, doch deren Zeitungen teilten am Sonntag bereits aus und gaben einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden Debatten. „Evakuiert das Land!“, frotzelte die linke „Documento“ und zeigte die Silhouette des Premiers vor den brennende Umrissen Griechenlands. Das Image von Mitsotakis liege in Schutt und Asche, befand die Zeitung „Kontra“.

Doch auch hier hat der Regierungschef vorgesorgt: „Es wird Zeit geben für Kritik und Selbstkritik. Aber nicht jetzt“, sagte er am Donnerstag. Die Bürger seien zu Recht erzürnt, aber man werde ihnen beim Wiederaufbau beistehen.

Aus Athener Regierungskreisen heißt es, Mitsotakis werde sich derzeit öffentlich nicht in die Schuld-Diskussion einschalten. Diese solle vor dem Parlament abgehalten werden, wenn die Brände dann wirklich bewältigt seien. Das aber könnte noch Wochen dauern.