Katja Heinzelmann und Ludwig Schmider (Mitte) stehen vor dem Haus, das bis zum Wochenende ihr Zuhause war. Ihr Freund Steven Lorenz startet einen Spendenaufruf, um den beiden in ihrer Notlage zu helfen. Foto: Sum

Es ist ein Alptraum: Mitten in der Nacht bricht in einem Wohnhaus in der Rathausstraße ein Feuer aus. Das Gebäude ist komplett zerstört, die Bewohner verlieren ihr Hab und Gut – erfahren in der dunklen Stunde aber auch viel Anteilnahme und Unterstützung.

Aichhalden - "Es geht mir nicht gut. Ich bin immer noch komplett durch den Wind und total fertig", sagt Katja Heinzelmann, als sie am Dienstag vor dem Haus steht, das ihr Zuhause war und jetzt keines mehr ist. Denn seit dem verheerenden Brand, der am Sonntag gegen 1.45 Uhr ausgebrochen ist, ist das Haus nicht mehr bewohnbar.

Sie und ihr 14 Monate alter Sohn Lenny liegen schlafend im Bett in ihrer Wohnung im Obergeschoss, als sie vom Piepen des Rauchmelders geweckt werden. Ludwig Schmider, der im Erdgeschoss lebt, ergeht es ebenso. "Er hat von unten geschrien: ›Kommt runter. Es brennt.‹", fasst Heinzelmann die Erinnerungen in Worte, die sie seither keine Nacht mehr ruhig schlafen lassen. Sie packt ihren Kleinen und rennt nach draußen. "Da war das Treppenhaus schon voller Rauch", sagt sie. Rasant breiten sich die Flammen aus. Auch aus Feuerwehrkreisen ist bereits Sonntagnacht zu hören: "Wenn da kein Rauchmelder installiert gewesen wäre, hätte das schlimm enden können." Schlimmer als ohnehin.

Beide sind gesundheitlich angeschlagen

Es trifft zwei Menschen, die es ohnehin nicht leicht haben. Katja Heinzelmann leidet an den Folgen eines Lendenwirbelbruchs, den sie sich als 18-Jährige bei einem Sturz zugezogen hat. "Ich habe jeden Tag Schmerzen", berichtet die 31-Jährige. Arbeiten könne sie aktuell nicht. Ludwig Schmider ist ebenfalls gesundheitlich stark angeschlagen. Er hat, so erzählt er, zu hohen Druck des Nervenwassers, oft extrem starke Kopfschmerzen, immer wieder Konzentrationsstörungen, sodass die Ärzte keine andere Möglichkeit sehen, als ihn demnächst, zumindest befristet, zu verrenten – mit gerade einmal 38 Jahren.

Lenny kommt drei Monate zu früh auf die Welt

Zu alledem liegt eine schwierige Zeit hinter den beiden, die seit vier Jahren in dem Haus wohnen. Zunächst als Paar in einer Wohnung, inzwischen als Freunde in getrennten Räumen. Im vergangenen Sommer kommt Sohn Lenny zur Welt – drei Monate zu früh und gerade einmal 34 Zentimeter groß. Wochenlang kämpft sich Lenny auf der Intensivstation der Uniklinik Tübingen Schritt für Schritt ins Leben und darf im Oktober endlich nach Hause.

Der Kleine fühlt sich zuhause wohl

"In den vergangenen Monaten ist er richtig hier angekommen. Er hat sich von der Frühgeburt gut erholt, ist fit und hat sich in der Umgebung sehr wohlgefühlt", sagt seine Mutter. Auch ihn habe die Brandnacht durcheinandergebracht. "Er schreit nachts viel. Das hat er bisher nie gemacht", so Heinzelmann. Ihr steigen die Tränen in die Augen, als sie von dem Kinderzimmer erzählt, das sie liebevoll für ihn eingerichtet hat. "Gerade weil er in seinen ersten Monaten im Krankenhaus kein eigenes Zimmer hatte, sollte er hier ein schönes haben." Dafür hat die junge Frau, die schon vor dem Unglück finanziell "von Monat zu Monat gelebt" habe, gespart. Auf dem Dachboden hätte manches Spielzeug gelagert, für das Lenny aktuell noch zu klein sei. Damit wird er nun nie spielen können.

Hilfsbereitschaft und Unterstützung ist groß

Doch in der schweren Stunde, da ist auch viel Hilfsbereitschaft und Unterstützung. Aus der Familie, die den kleinen Lenny aufnimmt und sich um ihn kümmert. Aber auch von Freunden und Bekannten, die helfen wollen. Einer von ihnen ist Steven Lorenz aus Schramberg. Er weiß aus eigener Erfahrung, als in Kindertagen die Wohnung seiner Familie ausbrennt, wie es ist, von jetzt auf gleich alles zu verlieren – und startet deshalb einen Spendenaufruf. Schon am Sonntag fragt er bei Freunden und Bekannten an, um für die drei das Wichtigste zusammenzusammeln: Kleidung, Babynahrung, Windeln – alles, was auf die Schnelle gebraucht und an einem Sonntag ja auch nirgends gekauft werden kann.

Reisebett und Babyfon fehlen

Sachspenden sind inzwischen sehr viele eingegangen, sind Heinzelmann und Schmid dankbar über die "gewaltige Hilfsbereitschaft". Was aktuell noch fehle: ein Reisebett für Lenny und ein Babyfon. Außerdem suchen Heinzelmann und ihr Sohn ebenso wie Schmid dringend neue Wohnungen. Um ihren Sohn regelmäßig zu Arzt- und Therapiebesuchen bringen zu können, wäre Heinzelmann über eine Bleibe in Schramberg oder der direkten Umgebung dankbar.

Spendenaufruf im Internet

Um allen dreien den Start in das neue Leben etwas zu erleichtern, sammelt Steven Lorenz im Internet unter https://gofund.me/6a00a9c4 Geld für die Brandopfer. 1225 Euro sind bis Mittwochnachmittag zusammengekommen. "Viele Menschen müssen grade aufs Geld schauen", ist sich Lorenz bewusst. "Aber egal, ob sie fünf oder 50 Euro spenden – jeder Euro zählt", sagt er. Wer Wohnraum anbieten, Sachspenden weitergeben oder weitere Infos haben möchte, erreicht Lorenz unter Telefon 0152/ 55 78 88 41 oder E-Mail an stevenlorenz10@yahoo.de.

Austausch mit der Gemeinde

Auch die Gemeinde ist mit Heinzelmann und Schmid im Austausch wegen möglicher Wohnungen und habe ebenfalls mit Sachspenden geholfen, erklärt Bürgermeister Michael Lehrer. Weil es bereits einen Spendenaufruf gibt, werde die Gemeinde keinen eigenen initiieren, sondern auf den bestehenden aufmerksam machen. Damit die Betroffenen nach all den Schicksalsschlägen in eine bessere Zukunft starten können.

Info: Ermittlungen

Aktuell gehen die Kripo Rottweil und die Polizei Schramberg, die die Ermittlungen führt, nicht von einer vorsätzlichen Tat aus. "Es gibt vage Hinweise auf einen technischen Defekt, die aber noch genauer untersucht werden müssen", erklärt Pressesprecher Uwe Vincon vom Polizeipräsidium Konstanz auf Nachfrage. Generell untersuchen die Ermittler in solchen Fällen unter anderem den Brandschutt, sichern Spuren und schicken diese an Labore, wie zum Beispiel das Landeskriminalamt. Außerdem gehen sie Zeugenhinweisen nach und sprechen mit der Feuerwehr.