Bürgerbegehren: Rund 150 Interessierte treffen sich in Waldhausen / Etliche müssen im Flur stehen

Im Vorfeld hatten sich Horst Kritzer, Hans-Peter Lützow und ihre Mitstreiter überlegt, wie groß das Interesse wohl sein würde.

Bräunlingen (jak). "Wären heute nur sieben Leute gekommen, dann hätten wir unser Vorhaben absagen können", sagt der Waldhauser Ortsvorsteher. Doch über mangelndes Interesse konnte er sich dann nicht beklagen. Irgendwann wurde aufgehört, weiter Stühle in den Sitzungssaal des Waldhausener Rathauses zu tragen. Es gab keinen Platz mehr. Auch die Stehplätze wurden reichlich ausgeschöpft, sodass etliche doch im Flur oder gar vor dem Rathaus stehen bleiben mussten.

"Die Resonanz sagt alles und wir sind richtig stolz darauf", so Kritzer, der sich sicher ist, dass die angestrebten 400 Unterschriften zusammenkommen und das Bürgerbegehren "Keine Verpachtung von Gemeindeflächen zur Errichtung von Windkraftanlagen" wirklich möglich wird. Rund 150 Interessierte sind gekommen. Diejenigen, die keinen Platz im Rathaus gefunden haben, unterschreiben zum Teil schon während der Informationsveranstaltung und so ist die erste Liste schon voll, als Peter Ebnet, Bräuninger SPD-Stadtrat und selbst aktiv bei der Organisation der Unterschriftenaktion zum eigentlichen Sinn des Treffens ansetzt: "Wir suchen engagierte Leute, die Listen mitnehmen und in ihrer Nachbarschaft auf die Leute aktiv zugehen", so der Stadtrat, der auch in der entsprechenden Gemeinderatssitzung gegen die Verpachtung gestimmt hatte. Wer denn Interesse hätte? Es vergeht kein Wimpernschlag und schon sind zehn Hände in der Luft. Schnell bildet sich eine Schlange: die einen unterschreiben, die anderen nehmen gleich Listen mit. "Ich glaube, wir haben gar nicht genügend Listen hier", befürchtet Peter Ebnet schon nach kurzer Zeit.

Doch warum das Ganze? Wäre es nicht schon die Aufgabe des Gemeinderates gewesen, sich gegen die Verpachtung der städtischen Flächen auszusprechen? Können die Bürger das Vorhaben aufhalten? Und was passiert dann? "Bei dem was hier passiert, versteht man als normaler Bürger echt nicht, was eigentlich los ist", sagt Kritzer. Ein Unternehmer müsste bei einem Bauvorhaben unzählige Behördengänge absolvieren und für den Bräunlinger Windpark wären noch nicht einmal die Messungen abgeschlossen. "Warum tun wir uns das an? Der Gemeinderat hätte mit der Entscheidung einfach warten können. Nachher kommt raus, dass der Wind nicht reicht und wir haben uns hier die Köpfe eingeschlagen." Die Entscheidung hätte erst getroffen werden sollen, wenn auch wirklich alle Information vorgelegen hätten, meinte er.

Auch wenn Kritzer und Lützow bereits im Vorfeld betont hatten, dass es keine Diskussionsveranstaltung werden solle, das Thema Windkraft weckt Emotionen, Ängste und Befürchtungen. Und es wirft vor allem viele Fragen bei den Anwesenden auf.

"Es geht beim Bürgerbegehren darum, die Monsteranlagen in unserer schönen Landschaft zu verhindern", erklärt Hans-Peter Lützow. Und wie das aussehen könnte, zeigt Ulrich Bielefeld, Landschaftsarchitekt aus Überlingen, in der Region jedoch kein Unbekannter. Bereits für den Windpark auf der Länge hat er eigene Simulationen erstellt und damit für reichlich Ärger gesorgt. "Im Prinzip werden meine Bilder erst einmal angezweifelt. Dann schicke ich den Kritikern meine Dateien und höre nie wieder etwas von ihnen", erklärt Bielefeld. So sei es auch bei der Länge gelaufen, wo Solarcomplex ihm verboten habe, seine Simulationen zu zeigen.

Und Bielefelds Montagen wecken Emotionen: "Heute haben wir Windkraftanlagen, die sind höher als der Kölner Dom. Die kann man natürlich nicht mehr in der Landschaft verstecken", erklärt der Landschaftsarchitekt und präsentiert seine Montagen – als Vergleich immer auch die Simulationen, die vom Investor DGE Wind stammen. Auch rechtlich hat sich der Überlinger mit dem Thema auseinandergesetzt und präsentiert den Paragrafen 1 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege. Seiner Meinung nach sei dadurch der Flächennutzungsplan, der die Vorrangszone für Windkraft zwischen Döggingen und Waldhausen ausweist, ungültig. Eine Information, die die beiden Rechtsanwälte Ebnet und Lützow gleich notieren.

"Nur wenn man die Leute offen und richtig informiert, hat man eine Chance überhaupt Akzeptanz zu erreichen", sagt Niko Reith, der bereits die Bürgerinitiative auf der Länge berät und es gut findet, "wenn sich die Bürger beteiligen". Sicher hätten sich die Gemeinderäte vor Jahren die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber die Bürger wären zu wenig beteiligt geworden. "Wenn es richtig etwas bringen würde, dann müssten wir eben in den sauren Apfel beißen." Aber bislang habe ihm noch niemand erklären können, wie es mit 1000 Volllaststunden im Vergleich zu 4500 Volllaststunden an der Küste funktionieren könne.