Tradition: Der Besuch der Familie Gebauer mit ihren Fahrgeschäften war schon 1919 Usus

Seit hundert Jahren ist die Schausteller-Familie Gebauer bei der Bräunlinger Kilbig schon mit an Bord. Der Beweis: die Zeitungsanzeigen von 1919.

Bräunlingen (guy). Neben Nachrichten, die die Unterzeichnung des Friedensvertrages nach dem Ersten Weltkrieg thematisieren, finden sich in Donaubote und Donaueschinger Tageblatt auch folgende Wortlaute: "Auf nach Bräunlingen. Einer verehrlichen Einwohnerschaft von hier und Umgebung teilen wir hierdurch ergebenst an, dass wir mit unseren Geschäften Motor-Karussel, Schiffschaukeln hier eingetroffen sind und zur gefälligen Benützung aufgestellt haben." Geschaltet hat die Anzeige ein Schausteller-Betrieb namens Brell aus Konstanz.

Was damals schon funktionierte, tut es heute auch noch. Zwar heißt der Betrieb mittlerweile nicht mehr Brell, sondern Gebauer, und auch die Attraktionen sind etwas größer und technisch ausgefeilter, aber es ist immer noch jenes Unternehmen, das bereits 1919 auf der Bräunlinger Kilbig vertreten war. Also bereits seit hundert Jahren. Die Informationen hat Stadtarchivar Joachim Schweitzer bei seinen Recherchen entdeckt.

Grund genug für die Stadtverwaltung, die Schausteller-Familie mit einer kleinen Geste zu ehren: "100 Jahre, das ist schon ein besonderer Anlass", sagt Hauptamtsleiter Jürgen Bertsche. Mit Ralph Vogt und Barbara Vogt-Gebauer verbinde die Stadt schon eine über Jahrzehnte andauernde Zusammenarbeit.

Die Firma Gebauer wird damit beauftragt, den Vergnügungspark auf der Kilbig zu organisieren. Sie stellt dann eine Art Tourneeplan auf und erkundigt sich bei den selbstständigen Betreibern der Fahrgeschäfte, welches davon denn auch auf der Kilbig vertreten sein möchte. "Sie gestalten einen höchst attraktiven Park. Es sind immer mindestens drei Groß-Fahrgeschäfte mit dabei. Das findet man so nicht überall", bedankte sich Bertsche bei der Familie. "Sie gehören fest zur Kilbig dazu und sind eine Bereicherung für das Fest", so Bürgermeister Micha Bächle. Er hoffe, dass das auch in Zukunft so weitergehe.

"In Bräunlingen gibt es einfach tolle Gegebenheiten. Wie hier der Umgang ist, das ist außerdem nicht selbstverständlich. Zudem, dass das Fest so zentral in der Stadt stattfindet", bedankte sich Ralph Vogt für die gute Zusammenarbeit.

Ralph Vogt und seine Frau Barbara Vogt-Gebauer sind beide in Schausteller-Familien mit langer Tradition groß geworden. Die Firma Gebauer aus Konstanz war es auch, die irgendwann die Geschäft der Firma Brell übernommen habe. "Wenn wir eine Tournee zusammenstellen, dann sind wir auch immer selbst mit vor Ort", erklärt Vogt-Gebauer, die an der großen Losbude arbeiten wird. Es wird also nicht nur organisiert, sondern handfest mit angepackt. "Wir sind zuhause in Konstanz und es wurde uns immer freigestellt, ob wir mal in die Fußstapfen unserer Eltern treten und auch Schausteller werden wollen", so Vogt-Gebauer. Man wachse in das Geschäft allerdings schon ein wenig hinein, sei etwa an den Wochenenden auch immer auf den Festen und Jahrmärkten mit dabei gewesen: "Wenn am Freitagmittag die Schule aus war, wurde der Schulranzen in die Ecke geworfen und es ging auf irgendeinen Jahrmarkt."

Ein solches Leben habe für Kinder jedoch Licht- und Schattenseiten: "Natürlich ist es als Schausteller-Kind toll, seine Freizeit auf einem Rummelplatz zu verbringen. Die anderen Schausteller wissen ja, wer man ist. Das bedeutet, man darf auf den Attraktionen umsonst mitfahren. Das ist toll", erklärt Vogt. Wenn allerdings andere Familien im Sommer zum Baden gefahren sind, ging bei den Schaustellern die Arbeit vor. Deren Arbeit lebt von der Freizeit anderer. Dabei ging es dann etwa auch auf die Bräunlinger Kilbig, die die beiden seit Kindesbeinen an kennen: "Wir kennen die Leute hier schon sehr lange, etwa die Mitarbeiter des Bauhofs", sagt Ralf Vogt. Immer wenn man wieder hier sei, erkundige man sich, was in der Abwesenheit den so alles vorgefallen sei.

Langweilig wird es dem Schausteller-Ehepaar allerdings nicht. Auch wenn die Saison von Ostern bis November dauert und dann die Weihnachtsmärkte beginnen. Januar und Februar wird in Konstanz die kommende Saison geplant: "Das hört sich für manche vielleicht negativ an, aber es ist unglaublich abwechslungsreich. In jeder neuen Stadt gibt es neue Herausforderungen, die es zu meistern gilt." Und das teilweise bereits seit hundert Jahren.

Die Feier der Kilbig lehnt sich offiziell an die Verleihung der Marktrechts-Urkunde für Bräunlingen an. Das Fest ist allerdings in Form der Herbstmärkte schon wesentlich älter und reicht bis in das Mittelalter. Damals traf man sich im Anschluss an Ernte und Kirchweih, um gemeinsam zu feiern.