Bürgerentscheid: Zähringerstadt wird Flächen verpachten / Gemeinderatsbeschluss kann nicht gekippt werden

Es ist entschieden: 55,35 Prozent der Wähler sind gegen das Bürgerbegehren und somit für die Verpachtung der städtischen Fläche für den Windpark. Die Wahlbeteiligung liegt mit 57,46 Prozent relativ hoch. Die OB-Wahl am Sonntag in der Kreisstadt Villingen-Schwenningen lag lediglich bei 42,3 Prozent.

 

Bräunlingen. Sieben Minuten nach Schließung der Wahllokale meldeten die Wahlhelfer in Mistelbrunn als erste das Ergebnis: 23 Ja- und 25-Nein-Stimmen. So knapp sollte es lange zugehen. Mit Waldhausen neigte sich das Ergebnis in Richtung Ja, doch mit jedem weiteren Wahllokal nahmen die Nein-Stimmen zu.

Würde die Briefwahl, deren Ergebnis als letztes kam, noch einmal alles ändern? Um 18.32 Uhr dann Applaus im Sitzungssaal, in dem sich die beiden Bürgerinitiativen, Stadträte und Bräunlinger eingefunden hatten. 44,65 Prozent der Bürger haben mit einem Ja gestimmt und 55,4 Prozent haben das Nein angekreuzt. Damit steht fest: Die Stadt Bräunlingen wird ihre Flächen für den geplanten Windpark, der mit sieben Anlagen zwischen Waldhausen und Döggingen entstehen soll, verpachten, und der Gemeinderatsbeschluss vom April wird von den Bürgern nicht gekippt.

Micha Bächle: "Mit dem Bürgerentscheid haben wir nun einen klaren Rückhalt für die Gemeinderatsentscheidung bekommen und auch einen klaren Verhandlungsauftrag", sagt der Bräunlinger Bürgermeister. Bis auf Waldhausen hätten sich alle Wahllokale für eine Verpachtung ausgesprochen. Nun wird Bächle die Verhandlungen mit dem Konsortium aufnehmen. Die Bedingungen, die der Gemeinderat stellt, müssen dabei berücksichtigt werden. Die vergangenen Wochen seien von einer guten sachlichen Diskussion und einem fairen Meinungstausch geprägt gewesen – von allen Seiten. "Ich hoffe nun, dass alle Beteiligten das Votum ernst nehmen, und freue mich, dass wir uns nun auch verstärkt wieder anderen Themen widmen können", sagt Bächle. Trotzdem werde das Thema Windpark noch länger präsent sein, denn mit der Verpachtung sei nun lediglich einer der ersten Schritte gemacht worden. Weitere würden folgen.

Hans-Peter Lützow: Lange Gesichter bei der Bürgerinitiative, die den Bürgerentscheid initiiert hatte. Hans-Peter Lützow hatte damit gerechnet, dass es knapp werden würde, letztendlich hatte er sich aber einen anderen Ausgang gewünscht. "Der Bürger hat nunmehr direkt entschieden und sich für eine Verpachtung ausgesprochen. Aus meiner Sicht ist das zwar sehr bedauerlich, aber wir haben stets betont, dass wir auch ein solches Abstimmungsergebnis vorbehaltlos akzeptieren werden", sagt Lützow. Und wie geht es nun weiter? Die Bürgerinitiative werde das Genehmigungsverfahren nun genauestens verfolgen.

Hendric Schneider: "Wir wussten, dass es eine knappe Geschichte werden würde, und haben natürlich gehofft, dass die Entscheidung zu unseren Gunsten ausfällt. Dass es dann so deutlich werden würde, das ist echt überraschend", sagt Schneider. Im Nachhinein werde es Diskussionen zum Ergebnis geben, aber auch Schneider hofft jetzt auf Ruhe: "Das ist ein klares Votum." Er lobt den gut organisierten Informationsprozess der Stadtverwaltung: "Wir sind immer sachlich geblieben, das habe ich auf der Länge vermisst. Meine Befürchtung war zuerst, dass es hier auch so wird." Die Bürgerinitiative freue sich über das Ergebnis: "Es zeigt klar, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Es zeigt zudem auch, dass wir mit unserem Beitrag entscheidend daran mitwirken konnten, die Bräunlinger zu überzeugen, welche Chancen und welches enorme Potenzial, für uns, für unsere Kinder und Enkelkinder, in einem Ausbau der erneuerbaren Energien steckt."

Michael Gut: Der CDU-Fraktionssprecher empfindet das Ergebnis als sehr positiv. Es sei gut, dass nun Klarheit herrsche und bei den Bräunlingern die Bereitschaft vorhanden sei, Verantwortung in der Energiewende zu übernehmen. Der Ausgang des Bürgerentscheids sei für ihn bis zum Ende spannend gewesen, da ihm in Gesprächen unterschiedliche Meinungen zu Ohren gekommen seien. "Ich hoffe nun, dass auch diejenigen, die für ›Ja‹ gestimmt haben, erkennen werden, dass sich ihre Befürchtungen nicht bestätigen", wünscht sich Gut. Dafür sei es wichtig, dass die Gemeinde auch weiterhin am Verhandlungstisch bleibe und ihre Auflagen durchsetze.

Berthold Geyer: "Ich bin froh, dass der Gemeinderat nicht in einen luftleeren Raum entschieden hat, sondern die Mehrheit der Bürger den Beschluss stützt", erklärt der Vertreter der Gruppe 84. Auch den Lerneffekt, den man aus den Informationsveranstaltungen ziehen könne, verbucht er als Erfolg. "Wir haben den Fehler begangen, die Debatte anfangs zu emotional und erst relativ spät wirklich sachlich zu führen. Daraus werden wir lernen." Vor allem aber hätten die Bürger mit ihrer Entscheidung gezeigt, dass sie Verantwortung übernehmen wollen, denn die Energiewende bekomme man nicht umsonst. "Wenn im Hambacher Forst 50 000 gegen die Braunkohle demonstrieren, dann muss die Energie eben irgendwo anders herkommen."

Clemens Fahl: "Mein Bauchgefühl ging schon in die Richtung, dass das Bürgerbegehren abgelehnt wird", sagt der Fraktionssprecher der Bräunlinger SPD. Er ergänzt: "Ich bin außerdem ein Fan von hoher Wahlbeteiligung." Die könne quasi nicht hoch genug sein: "Wenn nur sechs von zehn Leuten wählen waren, dann sind vier nicht gegangen. Das ist schlimm."

Fahl hofft, dass das hohe Interesse an den politischen Geschehnissen in der Stadt auch bei den anstehenden Kommunalwahlen zur Geltung kommt. Ob das Thema Windpark weiterhin in der Stadt brodeln wird? "Ich hoffe, das Thema hat sich damit erledigt. Es war ja ein klares Ergebnis. Hoffentlich kehrt Friede ein, und niemand fühlt sich auf den Schlips getreten." Fahl hatte sich bei der Entscheidung des Gemeinderates für eine Verpachtung ausgesprochen.

Armin Ewald: "Ich habe tatsächlich damit gerechnet, dass beide Seiten nahe beieinander liegen würden. Ich bin froh, dass es jetzt rum ist. Das Ergebnis akzeptiere ich natürlich. Das ist der Bürgerwille", sagt FDP-Stadtrat Ewald. Man habe in dem Prozess beide Seiten zu Wort kommen lassen und beide gehört: "Die Bräunlinger haben sich intensiv damit befasst. Daher freue ich mich auch über die hohe Wahlbeteiligung." Sein Wunsch ist allerdings auch, dass nun Ruhe einkehrt. "Wobei man auch sagen muss, dass in der Diskussion nie gestritten wurde oder böse Worte gefallen sind." Es gebe hier immerhin auch kein totales Daneben, jeder habe seine berechtigte Meinung: "Es kommt immer darauf an, was für einen wichtig ist, wo das liegt." Ewald hat bei der Entscheidung im Gemeinderat gegen eine Verpachtung gestimmt. Er relativiert allerdings: "Ich bin nicht gegen erneuerbare Energien, es muss nur möglich sein, diese entsprechend auch kurz zu speichern."

Ewald setzt dabei auf die Forschung: "Ich hoffe, die Wirtschaft arbeitet bereits daran, um die Forschung im Bereich der Energiespeicherung voranzutreiben und weiter zu entwickeln." Ewald ergänzt: "Da muss viel Geld in die Hand genommen werden."