In Bräunlingen angekommen: Seit dem 22. Juli wohnt Padre Jorgiano im Bräunlinger Pfarrhaus. Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Neuer Bräunlinger Vikar über seine Kindheit im Urwald und die Zeit in München

Bräunlingen. Der neue Bräunlinger Vikar Padre Jorgiano erzählt im Interview, wie er nach Deutschland gekommen ist und warum er "Padre" genannt werden möchte.

Padre Jorgiano, Sie sind der neue Vikar in Bräunlingen als Nachfolger von Augustus Izekwe?

Ja, ich werde die nächsten fünf Jahre hierbleiben.

Sie waren vorher in München und haben in Freiburg studiert?

In Freiburg habe ich Deutsch gelernt, ich bin dort auf eine Sprachschule gegangen. Studiert habe ich in München.

Waren Sie dort auch in einer Pfarrei beschäftigt?

All die Jahre in München war ich in einer Pfarrei tätig. Ich war gleichzeitig an der Uni und in der Pfarrei. Als die Zeit in München zu Ende ging, musste ich mich entscheiden: zurück nach Brasilien oder in Deutschland bleiben. Mein Bischof hat mich dann vorgestellt und das Erzbistum Freiburg hat mich aufgenommen.

Was hat Sie bewogen, nach Deutschland zu kommen?

Vor allen Dingen, dass ich hier studieren konnte. Ein anderer Grund war, dass meine Diözese im Norden Brasiliens im Amazonasgebiet vor über 100 Jahren von deutschen Missionaren gegründet wurde. Dort gibt es immer noch einige. Sie meinten, es wäre schön, wenn einer von uns Deutsch lernen würde. Ich wollte schon immer im Alten Testament promovieren, die Bibel, das Alte Testament studieren. Die Deutschen sind hierin immer noch die Besten, auch durch die Protestanten, Martin Luther, die Reformation. Und ich wollte diese Sprache lernen.

Aus welcher Stadt stammen Sie?

Ich bin in der Stadt Cruzeido do Sul aufgewachsen, deutsch heißt das "Kreuz des Südens". Die Stadt heißt so, weil dort der Himmel klar ist, man sieht die Sterne ganz wunderbar. Die Stadt liegt an der Grenze zu Peru und hat 80 000 Einwohner. Für brasilianische Verhältnisse ist das eine kleine, unbedeutende Stadt. Ich komme vom Ende der Welt mitten im Urwald.

Wie kam es dazu, dass Sie Priester geworden sind?

Das weiß nur Gott. Meine Geschwister sagen, dass ich schon als Kind immer gesagt habe, ich möchte Priester werden. Ich selbst kann mich erinnern, dass ich den Entschluss mit zehn Jahren gefasst habe. Und diese Entscheidung habe ich nie bereut, das ist mein Leben, das ist mein Weg.

Wie war Ihr erster Tag am Skapulierfest in Bräunlingen?

Ich war sehr aufgeregt und gespannt, wie wird das? Bräunlingen ist eine schöne Stadt. Aber ich kam aus München, aus einer großen Stadt in eine Kleinstadt. Es war wunderbar, positiv, wie mich die Menschen aufgenommen haben. Der Gottesdienst war wunderbar gestaltet. Pfarrer Grimm hat mich begeistert, wie er die Messe feiert, der Chor hat schön gesungen, die Kirche war voll. Es hat alles gepasst, auch das Wetter. Neu für mich war auch, dass man an solchen Festen auch eine Prozession durch die Stadt macht. Das habe ich noch nie gesehen, es hat mir imponiert. Und dass es danach noch einen Stehempfang gab, das fand ich perfekt. So hatte ich die Gelegenheit, mit Leuten zu sprechen. Rundum, es war ein schöner Tag. Ich bin glücklich zurück nach München gefahren und ich dachte, es wird. Ich brauche München nicht.

Welche Ziele haben Sie in Bräunlingen, welches werden Ihre Aufgaben sein?

Ich bin nach Bräunlingen als Vikar gekommen. Das bedeutet als Vikar für die Seelsorgeeinheit mit allen Vollmachten, die mir der Erzbischof von Freiburg erteilt hat. Konkret, ich bin ein Priester, für Gottesdienste, Taufen, Beerdigungen, alles. Nicht nur für Bräunlingen, sondern überall. Als Vikar bin ich Helfer und Vertreter von Pfarrer Grimm. Es ist eine Zusammenarbeit zwischen uns beiden und mit unserem Team. Die Aufgaben sind momentan noch nicht eingeteilt, dem will ich nicht vorgreifen. Im Moment ist alles neu. Ich muss zunächst die Stadt, die Leute und die anderen Pfarreien kennenlernen.

Aber Ihre Orientierung wird schon eher nach Bräunlingen gehen?

Ja, das ist so gedacht. Ich werde eher Ansprechpartner für die Leute in Bräunlingen sein, weil Pfarrer Grimm in Hüfingen wohnt. Wenn jemand in Not ist, kann er ins Pfarrhaus kommen und ich bin zur Stelle. Wichtig ist mir der Kontakt zu den Menschen. Und dass die Menschen keine Angst vor mir haben. Dass sie wissen, der Padre ist da, und er steht zur Verfügung, wenn wir ihn brauchen.

Sie möchten nicht mit Ihrem vollen Namen angesprochen werden, sondern Padre?

Ja, Padre! Ich habe hier die Funktion eines Vikars, aber das Wort gefällt mir nicht so sehr. In Brasilien spielt es keine Rolle, ob ich Doktor bin, Pfarrer oder Vikar. Alle nennen mich Padre. Und ich denke, das ist meine Würde. Ich möchte nicht, dass die Leute zu mir Doktor sagen. Padre finde ich schön, es ist meine Muttersprache, das entspricht dem, was ich bin. Ein Priester, ein Diener. Und ich freue mich, mitten unter den Menschen zu sein.

Jorgiano dos Santos da Silva wurde im September 1979 in Cruzeiro du Sul im Norden Brasiliens im Amazonasgebiet geboren. Er wuchs zusammen mit sechs Geschwistern als Sohn einfacher Leute auf. Der Vater starb mit 33, als Jorgiano dos Santos da Silva sieben Jahre alt war. Bereits mit zehn Jahren fasste er den Beschluss, Priester zu werden. Mit zwölf Jahren ging er in seiner Heimatstadt ins Priesterseminar. Im Jahr 2004 wurde er zum Diakon geweiht und betreute ein Jahr die Pfarrei Eirunepé mitten im Urwald. Nach der Priesterweihe arbeitete er zwei Jahre als Vikar in Mancio Lima im Bundesstaat Acre, danach ein Jahr in der Dompfarrei seiner Heimatstadt. Im Februar 2009 kam Padre Jorgiano nach Freiburg, wo er ein Sprachseminar besuchte. In dieser Zeit wohnte er im Kloster der Franziskanerinnen von Erlenbad. Anschließend studierte und promovierte er in München, wo er gleichzeitig eine Pfarrei betreute. Seit Mitte Juli ist er in Bräunlingen als Vikar tätig. Anlässlich des Skapulierfests am 14. Juli hielt Padre Jorgiano dos Santos da Silva als Vikar zusammen mit Pfarrer Manuel Grimm seine erste Messe in der Stadtkirche in Bräunlingen. Am 22. Juli bezog er die Wohnung im Pfarrhaus.