Handwerk: Hausbesuch bei Gerlinde Hummel-Höflin / Arbeit der Holzbildhauerin erfordert Geschick und Einfühlungsvermögen

Besucher müssen einem kleinen Weg in einen Hinterhof folgen, wenn sie zu Gerlinde Hummel-Höflin wollen. Hinter ihrem Elternhaus hat sie ihre Werkstatt. Davor große Glasfenster, die einen Blick hinein erlauben.

Bräunlingen (guy). In der Werkstatt wird sofort klar, welches Material hier im Vordergrund steht. Überall duftet es nach verschiedenen Holzsorten, auf dem Tisch liegen grobe Späne und neben den Kunstwerken lehnen große Stämme an der Wand. Das Ticken einer Uhr klingt durch den Raum. Hummel-Höflin ist Holzbildhauerin, hat auch den Meisterkurs absolviert. Sie arbeitet freischaffend und kümmert sich dabei nicht nur um die Anliegen der Narren in der Region, sondern nimmt auch individuelle Aufträge an.

Mit ihrem Beruf ist sie glücklich, nur das Geld könnte etwas besser sein: "Ich würde heute niemandem empfehlen das zu machen, um davon auch leben zu können", erklärt Hummel-Höflin. Im Schwarzwald und auf der Baar gebe es viele Narren, generell sei aber ein Kundenstamm notwendig. Erbt man den nicht, muss man ihn sich erarbeiten. Mühsam.

Aber wie ist sie überhaupt zu dem Beruf gekommen? "Das habe sicherlich auch was damit zu tun, was man über die Gene von der Familie mitbekommen hat", mutmaßt die Holzbildhauerin. Ihr Großvater hatte eine Mechaniker-Werkstatt, war handwerklich begabt. Ihr Vater lernte Schreiner, musste das aber aufgeben, um den väterlichen Betrieb zu übernehmen. "In der Verwandtschaft gab es auch Kunstschreiner", sagt Hummel-Höflin. Sie geht zuerst auf das Gymnasium. "Ich musste dann aber was mit den Händen machen, ich konnte mir nichts anderes vorstellen."

Ein Beruf der aus vielen Fertigkeiten besteht

In Tannheim lernt sie schließlich den Beruf des Holzbildhauers, Ende der 1980er besucht sie den Meisterkurs in München. Eine tolle Zeit, wie sie sagt. Eine Zeit, sich kreativ auszutoben, verschiedene Techniken zu lernen und auszuprobieren. "Wir gingen in den Zoo oder die Pinakothek, um zu zeichnen." In den Holzbildhauer fließen etliche Fertigkeiten von Berufen, die es nicht mehr gibt. "Man lernt Kunstgeschichte, modellieren, restaurieren, vergolden, Bronzen machen und vieles mehr." Noch heute ist es so, dass bei einem großen Auftrag zuerst ein Modell angefertigt wird. "Eine Zeichnung reicht da nicht."

Hummel-Höflin weiß um die Situation des Berufes am Arbeitsmarkt und macht sich schließlich als Freischaffende selbstständig. Und sie findet einen Bereich, der auch zum Beruf passt. Sie arbeitet in der Bad Dürrheimer Jugendkunstschule mit, hilft beim Ferienprogramm, bietet entsprechende Kurse an. Kinder und Jugendliche lernen bei ihr das Schnitzen, bekommen gezeigt, wie man einen Druck herstellt.

"Die sollen sich auch mal dreckig machen können", sagt die Bräunlingerin. "Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß. Das Gefühl, etwas körperlich zu machen, mit den eigenen Händen, das ist schon ein Erlebnis. Das kommt heute oft zu kurz." So berichten ihr auch die Eltern eines sehr aktiven Kindes, dass es den Schnitzkurs zur Beruhigung regelrecht brauche.

Eigene Ideen umsetzen und Neues schaffen

Neben der Arbeit mit den Jugendlichen, was fasziniert Hummel-Höflin selbst am meisten? "Etwas zu machen, das man nicht überall sieht. Außerdem der Entstehungsprozess. Vom Entstehen des Entwurf bis hin zum fertigen Stück." Die Arbeit erlaube ihr auch, komplett darin abzutauchen: "Manchmal erschrecke ich dann regelrecht, wenn jemand ans Fenster klopft", sagt sie. "Mir geht's einfach gut, wenn ich schnitzen kann." Wichtig sei allerdings, keine Hektik zu haben. Besonders bei Entwürfen. Das Entwickeln brauche Zeit.

"Die Leute fragen mich oft, wie lange ich denn so für eine Maske brauche. Das kann ich jedoch nicht sagen", erklärt Hummel-Höflin. Das sei unterschiedlich. Mal gehe es zügig, mal fehle die Eingebung. Mal liegt es auf der Hand, ein anderes Mal müsse geknobelt werden, bis es schließlich gelingt. Aber auch das mache den Reiz aus.

"Wenn jemand kommt und etwas besonderes will. Dann arbeite ich an etwas, das auf die Leute abgestimmt werden muss. Es ist toll, wenn sie sich mit einbringen", erklärt sie. Jedes der Stücke erzählt dann eine eigene Geschichte. Wie jene Arbeiten, die bei ihr in der Werkstatt stehen. Eine Springerle-Form des Mühlentors, eine sitzende Madonna mit Kind, hölzerne Pinguine, ein Relief mit tanzendem Paar. Das war ihre Meisterarbeit.

Es gibt allerdings zwei besondere Stücke, die sich nicht in der Werkstatt befinden. "Es gibt zwei Arbeiten, auf die bin ich richtig stolz." Eine davon steht in der Bräunlinger St. Remigiuskirche. Eine Madonna, die mehr als einen Meter groß ist. "Als Vorlage hatte ich ein Bild, das nicht verändert werden darf."

Und eine Arbeit, die jetzt in einer kroatischen Kirche steht. "Das ist ein Nikolaus", sagt Hummel-Höflin. Ein Gastarbeiter hatte Geld dabei, in seinem Ort hatte man dafür gesammelt. Eigentlich nicht genug, Hummel-Höflin macht es dennoch. "Wir waren mittlerweile auch schon auf der Insel und haben uns angeschaut, wo der Nikolaus jetzt steht. Das ist etwas Einmaliges, eine Chance, die nicht jeder bekommt."

Einen Auftrag zu bekommen, das sehe sie auch immer als einen großen Vertrauensbeweis. Sie müsse sich in eine Sache eindenken und sich einfühlen: "Auch das macht den Reiz aus." Und viele der Kunden bekommen bei einem Besuch in der Werkstatt auch erst ein Gespür davon, warum manche Arbeiten eben etwas dauern.