Rund 600 Meter östlich des Betriebsgeländes der Dögginger Firma Freilacke befinden sich bereits Photovoltaik-Anlagen, die auf freien Flächen aufgebaut wurden. Jetzt hat die Stadt entschieden, wo potenziell weitere einen Platz finden können.Foto: Müller Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: 272 Hektar Potenzial ermittelt / Rund 18 Prozent seien landwirtschaftliche Nutzfläche

Die Stadt Bräunlingen hat das Umweltbüro des Gemeindeverwaltungsverbandes beauftragt, um Freiflächen zur Solarenergie-Gewinnung zu ermitteln. Die Kommune sieht die Orientierung auch als Selbstbindung und erwartet für sich einen Mehrwert.

Bräunlingen (guy). Für die Umsetzung der Energiewende ist der Einsatz erneuerbarer Energien ein wichtiger Baustein. Windräder, Wasserkraftwerke und Photovoltaik/(PV)-Anlagen. Doch die Errichtung solcher Sonnen-Parks trifft nicht nur auf Wohlwollen. Geht es doch zumeist um die Nutzung der Flächen. Wird sie weiter für die Landwirtschaft genutzt, entstehen dort PV-Anlagen oder ist eventuell eine Hybrid-Lösung möglich?

Planung der Potenzialflächen

Das Thema wird aktuell in Bräunlingen diskutiert. Dort gehen bei der Stadtverwaltung immer mehr Anfragen von Investoren ein, die sich vorstellen können, PV-Parks aufzustellen. Also hat man sich dazu entschlossen, vor der Entscheidung über Ja und Nein, der Stadt eine Richtlinie zur Orientierung vorzugeben.

Wo im Gebiet der Gemeinde dürfen entsprechende Anlagen überhaupt aufgestellt werden? Damit hat sich Gerhard Bronner vom Umweltbüro des Gemeindeverwaltungsverbandes beschäftigt und den Stadträten eine Potenzial-Planung für die Nutzung der Freiflächen präsentiert. Der Gemeinderat hat dieser auch zugestimmt. Mit aufgenommen wurde auch der Passus, dass die Planungs-Karte von der Stadt als Selbstbindung betrachtet wird.

"Zudem erwarten wir als Kommune einen Mehrwert davon", so Bürgermeister Micha Bächle. Auch soll es eine Obergrenze pro Ortsteil geben. Die Räte entschieden sich allerdings gegen den Verwaltungsvorschlag, die Planung der Potenzialflächen auf der städtischen Homepage zu veröffentlichen.

"Wir haben mehrfach überlegt. Und wir wollen eine Steuerung mit den Punkten, die uns in dieser Sache wichtig wären", erklärte Bächle. Entstanden sei eine Karte, welche die jeweiligen Flächen aufzeige. "Es ist dennoch jedes Mal eine Einzelfall-Entscheidung", betonte Bächle. Man wolle sich in der Stadt dem Thema Energiewende stellen und dieser Sache "einen Leitfaden geben." Die Karte selbst sehe Bächle als "Selbstbindung für die Stadt."

Gerhard Bronner erläuterte schließlich, wie die Planung sich genau aufstellt: "Zuerst haben wir Wald- und Siedlungsflächen rausgenommen. Dann jene, die unter Naturschutz stehen und schließlich auch jene, die bei landwirtschaftlichen Belangen zur Vorrangstufe 1 gehören." Hinzugekommen sei auch eine Sichtbarkeitsanalyse: "Man will nicht, dass die Geräte von Siedlungen aus zu arg sichtbar sind. Hier haben wir einen Abstand von 1000 Metern zugrunde gelegt." Das gelte auch in Gebieten der Naherholung und des Tourismus.

Die so entstandenen Flächen habe man schließlich so angepasst, dass "sie ganze Flurstücke umfassen", so Bronner. Damit habe man ingesamt etwa 272 Hektar als Potenzial, rund 18 Prozent davon seien landwirtschaftliche Nutzfläche. "Bereits mit einem Prozent der landwirtschaftlichen Fläche könnte man den Bedarf von 16 000 Haushalten abdecken", erklärte Bronner. Bei einem Prozent rede man von einer Fläche von 20 Hektar, die genutzt werden könne.

Die Ausführungen des Umweltplaners zogen schließlich viele Fragen aus den Reihen der Stadträte nach sich: "18 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen – das ist ein Wort", sagt CDU-Fraktionssprecher Michael Gut. Ein bis zwei Prozent davon effektiv zu nutzen, "das könnte eine Richtung vorgeben."

Einsehbarkeit ist wichtiger Punkt

Ein wichtiger Punkt sei jedoch die Einsehbarkeit: "Das Potenzial ist gut und gibt uns den entsprechenden Raum. Wir müssen aber berücksichtigen, dass wir keine Mega-Flächen zulassen. Es sei denn, es handelt sich um kein einsehbares Gebiet."

Bronner gab jedoch zu bedenken, dass mit einer strengeren Handhabung der Einsehbarkeit auch die Anlage in Döggingen nicht möglich sei: "Wir können sicher sagen, dass wir noch mal filtern, aber Kriterien innerhalb der Flächen zu erstellen, macht es zu kompliziert."

Auch Döggingens Ortsvorsteher Dieter Fehrenbacher sprach sich dagegen aus, die Einsehbarkeit zu verschärfen: "Wenn wir das auf 1500 Meter erhöhen, dann bleiben nur wenige Flächen und es ist nicht mehr sinnhaft. Fehrenbacher sprach sich stattdessen für eine Maximal-Anzahl von Anlagen pro Ortsteil aus: "Wir sind in Döggingen offen für Photovoltaik. Alle Anfragen beziehen sich bislang auf Flächen auf Dögginger Gemarkung." Man habe auch über eine Obergrenze gesprochen: "Das ist ein Ziel für Döggingen", so Fehrenbacher weiter.

SPD-Stadtrat Peter Ebnet sprach sich gar dafür aus, die Beschluss-Formulierung dahingehend zu gestalten, "dass auf ausgeschlossenen Flächen nichts geht." Außerdem erkundigte er sich, ob es denn auch möglich wäre, die Photovoltaik-Module höher zu setzen und unterhalb noch eine landwirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen. "Solche Anlagen sind sehr teuer", erklärte Bronner. Auf normalen offenen Flächen mache man das eigentlich nicht, sondern setze dann eher auf senkrechte Flächen, wie sie etwa entlang der Bundesstraße bei Aasen schon aufgestellt sind.

"Ich war vom Umfang geschockt", sagt Gruppe-84-Stadtrat Philipp Hofacker. Er erkundigte sich, ob auch Wald nutzbar sei und warum Naturschutz-Gebiete ausgeschlossen seien. Die Landwirtschaft verliere immerhin auch Fläche, die nicht mehr genutzt werden könne.

Beispiel Daimlerin Immendingen

"Wenn sie den Wald roden lassen, dann muss für diese Fläche ein Ersatzwald geschaffen werden", so Bronner. "Daimler in Immendingen hat die ganze Region danach abgegrast." Flächen aus dem Naturschutz seien prinzipiell tabu: "Diese Flächen sind ohnehin nicht so groß."

"Wir haben absolute Hoheit über die Flächen. Ich halte es für den richtigen Weg, sie drin zu lassen und dann von Fall zu Fall zu entscheiden", so Berthold Geyer, Fraktionssprecher der Gruppe 84. "Ich würde dafür plädieren."

In Döggingen sind bereits Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen in Betrieb. So etwa auch direkt an der Schienentrasse der Höllentalbahn. Investor ist hier die Lumus GmbH mit Standort in Donaueschingen. Deren Anlage bringt es auf eine Jahresleistung von 750 Kilowatt. In der Nähe der Firma Freilacke entsteht ein weiteres Projekt, und zwar von der Energiedienst Netze GmbH. Sie soll im Endausbau dreimal so viel Strom aus Sonne liefern. Doch das wird noch ein wenig dauern und ist in verschiedene Abschnitte gegliedert. Wenn alle drei Bauabschnitte schließlich errichtet sind – 2024 soll es soweit sein – hat die Anlage eine Leistung von 2,25 Megawatt. Sie kann dann voraussichtlich rund 2,4 Millionen Kilowattstunden Strom jährlich erzeugen. Das reicht aus, um rein rechnerisch rund 600 Haushalte mit Ökostrom aus Sonnenkraft zu versorgen.