Nähen ist individuelle und nachhaltige Kreativität. Ursula Gehringer gibt zahlreiche Kurse und begeistert die teilnehmenden Frauen mit ihrem Wissen und ihrer Unterstützung. Wenn das gute Stück fertig ist, gibt es natürlich auch eine Modeschau. Von links: Liliya Blenkle, Ursula Gehringer, Jacqueline Münchow, Petra Schulter, Britta Beck, Sabine Spies und Mareen Jauch mit ihren selbst genähten Kleidungsstücken. Foto: Lendle Foto: Schwarzwälder Bote

Nähkurse: Ursula Gehringer setzt Wunsch in Wirklichkeit um / Mit Nähmaschine durch den Schwarzwald wandern

Das Nähen ist die Leidenschaft von Ursula Gehringer, die das Talent besitzt, alle möglichen Stoffe in die unterschiedlichsten Kleidungsstücke zu verwandeln.

Bräunlingen. Ihre kreative Tätigkeit ist nachhaltige Kunst, denn jede Bluse, jedes Kleid, jeder Rock, jeder Mantel und jeder Blazer ist einzigartig im Schnitt und Stoff und passt haargenau zur jeweiligen Person und deren Figur. Besser geht es nicht.

Das Wissen und die Erfahrung hat sie sich autodidaktisch angeeignet, sozusagen "learning by doing". Dass sie dafür das richtige Händchen besitzt, kann man an ihrer individuellen Garderobe sehen, die aus vielen geschmackvollen Unikaten besteht. Nicht nur für besondere Anlässe, sondern auch für den Alltag. "Seit acht Jahren mache ich alles, was ich schon immer machen wollte, nämlich nähen und mich kreativ betätigen", erzählt die gelernte Bäcker- und Konditormeisterin.

Sie näht für sich und andere und hat sich zur Dozentin für Volkshochschulen ausbilden lassen. Darüber hinaus gibt sie jede Menge Nähkurse, denn die kreative Handwerkskunst, die früher von den meisten Frauen aus der Not heraus angewendet wurde, boomt heutzutage wieder. Als Coach für Kunst und Kreativität fallen ihr immer wieder besondere Ideen ein. So betreut sie auch die beliebte Nähnacht der Volkshochschule in Bräunlingen und gibt den begeisterten Frauen Tipps und Anleitung, wie sie in einer Nacht das Kleidungsstück ihrer Wünsche selbst an der Nähmaschine herstellen können.

Zudem ist die 55-jährige Hobby-Historikerin auch noch als Gästeführerin in der Zähringerstadt unterwegs; seit Neuestem führt sie Interessierte in Gruppen durch das Hüfinger Römerbad.

Die Idee, ein paar Tage mit ihrer Nähmaschine auf Wanderschaft zu gehen, kam ihr, als sie an die "Walz" der Handwerksburschen dachte. Sie hat herausgefunden, dass es für Frauen früher ähnliche Wanderjahre gab. "Uf'd Ster" nannten die Leute das.

"Wenn Frauen ›uf'd Ster‹ gingen, waren sie meistens zum Tratschen unterwegs", erklärt sie diese alte Redewendung, die heute kaum noch jemand kenne. In ihrem Fall erinnert man sich schnell an das alte Sprichwort "Aus dem Nähkästchen plaudern", denn früher vertrauten die Frauen ihre Geheimnisse in Form von Zetteln und Briefen ihrem Nähkästchen an, weil dort niemand hineinschaute.

Reisende bieten Dienste als Näherinnen an

Wie die Handwerksburschen früher, will sie mit einer mobilen Nähmaschine etwa fünf Tage lang im Hochschwarzwald von Hof zu Hof ziehen und die Bewohner fragen, ob sie ihre Dienste als Näherin und Flickerin annehmen. "Dabei spielt es keine Rolle, was für Näharbeiten anfallen, alles wird nach Möglichkeit erledigt", sagt Ursula Gehringer. Als sie ihrer Freundin Anne Botos von ihrer geplanten Wanderung mit der Nähmaschine berichtete, entschied diese spontan, Gehringer zu begleiten.

Im September will Ursula Gehringer ihren lang gehegten Wunsch in die Wirklichkeit umsetzen und mit ihrer Freundin und einem Handwagen mit Bus und Zug in Richtung St. Märgen starten. Sie war zuvor noch nie dort. "Ich kann mir gut vorstellen, dass die Menschen sehr überrascht sein werden, wenn wir vor ihrer Haustür stehen. Aus diesem Grund haben wir Körbe mit geweihten Büscheln zum Verschenken dabei, die Haus, Hof, Stall und Tiere vor Unglück bewahren sollen", erklärt sie. Natürlich bereitet sie sich auch mental darauf vor, dass nicht alle Bewohner sie mit Näharbeiten beschäftigen. "Ich werde bei meiner ersten derartigen Tour sozusagen im Vorlaufprogramm Erfahrungen sammeln und wenn es gut läuft, werde ich weitere Wanderungen dieser Art planen", verrät sie. Diese Erfahrung betrachtet sie als ihren persönlichen Jakobsweg und wäre auch allein losgezogen.

Alles, was die beiden an Gepäck mitnehmen werden, muss in den Handwagen passen. Da gilt es, sich zu beschränken. Und wo wird geschlafen? "Wir möchten am liebsten im Heu übernachten und hoffen, dass sich das dann so spontan ergibt. Und wir freuen uns drauf, mal wieder was Verrücktes zu machen", sagt Ursula Gehringer voller Vorfreude. "In den Gesprächen mit den Menschen wollen wir die Geschichte der Schwarzwälder vor Ort kennenlernen und sind sehr neugierig darauf".

Ursula Gehringer sammelt schon im Vorfeld alle Informationen und liest unter anderem auch Fachberichte der Landwirte, um sich vorzubereiten. "Wir haben ein gutes Gefühl und werden die Idee unserer Tour auf jeden Fall weiterverfolgen", ist sich Gehringer sicher.