Draußen fühlte sich Fritz Reimnitz wohl: Hand in Hand mit Ehefrau Kristina und dahinter Stiefsohn Daniel Rafinski. Foto: Schwarzwälder Bote

Portrait: Eine Annäherung an Stifter Fritz Reimnitz

Wer war Fritz Reimnitz? Der Mann, der jungen Menschen aus seiner Heimatregion mehr als 20 Millionen Euro in Form einer Stiftung zukommen lässt, machte am Fürstenberg-Gymnasium das beste Abitur seines Jahrgangs.

Bräulingen/Unadingen (wur). Traditionsgemäß wurde ihm als Anerkennung die goldene Uhr des Fürstenhauses verliehen. Diesen wertvollen Chronometer hat er voller Stolz das ganze Leben am Handgelenk getragen. "Obwohl die Uhr gar nicht so genau ging", erinnert sich seine Witwe Kristina Reimnitz. Die Uhr hat sie ihm mit ins Grab gegeben.

"Alle paar Monate war er in Unadingen. Er wohnte dann im Posthaus, seinem Elternhaus", erinnert sich Gisela Kanitz an die Aufenthalte von Fritz Reimnitz in der alten Heimat. Stets habe er sich Arbeit übers Wochenende mitgebracht. Kanitz’ und Reimnitz’ Mütter waren befreundet; Basis einer über die Jahrzehnte dauernde Freundschaft, die auch die Ehepartner einband. "Mit ihm war es keine Minute langweilig", erinnert sich Kanitz an einen Freund von Landschaft und badischer Küche, der mit einem unglaublichen Gedächtnis brillieren konnte.

Schnell sei er in den heimischen Dialekt verfallen, wenn er mit Einheimischen ins Gespräch kam, fügt Kristina Reimnitz an. "Das Wandern hat er geliebt." Dennoch sei es für ihn nie ein Thema gewesen, im Ruhestand zurück auf die Baar, seinen Ruhepol, zu ziehen. Dafür sei er doch vom Kulturangebot von Köln zu begeistert gewesen.

Wirtschaftsanwalt hätte lieber Architektur studiert

"Ihm war immer klar, dass sein Vermögen in eine Stiftung gehen soll", macht die Witwe deutlich . Er selbst hatte sich seinen Aufstieg über Fleiß und Bildung ermöglicht. Da sei es nahe gelegen, Kinder und Jugendliche in seiner Heimat auf diese Weise zu fördern.

Eigentlich hätte ihr Mann lieber Architektur studiert, weiß Kristina Reimnitz. Nach einer nüchternen Abwägung wurde es Jura – "obwohl mein Mann Streitigkeiten hasste". Was nach dem Studium in Freiburg, ersten Sporen bei Rechtsanwalt Krebs in Donaueschingen und weiteren Stationen folgte, war eine erfolgreiche Karriere als selbstständiger Anwalt für Wirtschafts- und Vertragsrecht und Wirtschaftsprüfer. "Da war er einfach ein Genie", schwärmt sie.

Kapitalstock beläuft sich auf mehr als 20 Millionen Euro

Er suchte für Probleme sofort einen neuen Ansatz und sorgte bei Auseinandersetzungen vor Gericht stets dafür, dass niemand das Gesicht verlor. Sein Vermögen verdiente er mit wenigen Mandanten. Auf mehr als 20 Millionen Euro beläuft sich der Kapitalstock der Stiftung.

Kristina Reimnitz: "Er hat sieben Tage in der Woche gearbeitet"

Diesen Wunsch des Ehepartners, den sie 1979 bei der Arbeit in dessen Kanzlei in Köln kennengelernt hatte, zu torpedieren, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. "Das hat er sich verdient", sagt die Rheinländerin und verweist auf ein ausreichendes eigenes Auskommen.

Hinter dem Vermögen steht harte Arbeit. "Er hat sieben Tage in der Woche gearbeitet", erinnert sie sich. "Mitunter selbst am Esstisch."

Zu den gemeinsamen Interessen der späteren Ehepartner, die erst im Jahr 1990 zusammenzogen, gehörte das Reisen. Oft führten die von ihm organisierten Touren zu exotischen Zielen. Um den Amazonas auf dem Boot zu erkunden oder den Kilimanjaro zu besteigen.

Ohne Zweifel habe Reimnitz seine Begabungen genutzt, ist seine Witwe überzeugt. Lernen sei sein steter Antrieb gewesen. Für die Promotion 1976 brauchte er gerade einmal sechs Monate. Reimnitz legte den Wirtschaftsprüfer wie auch den Pilotenschein ab und sprach fließend Englisch, Französisch und Spanisch.

Unabhängigkeit und Toleranz waren ihm zeitlebens wichtig, wie auch Erfolg in Leben und Beruf. Fritz Reimnitz war sehr zuverlässig und diszipliniert. Er konnte mit geistiger Trägheit und Faulheit nicht umgehen. Seine direkte Antwort hieß Ironie, seine Langfristperspektive war Bildung, ideal humanistische Bildung.

Die Stiftung: Es geht um eine Riesensumme, aus der verschiedene Formen von schulischer, beruflicher und akademischer Bildung junger Menschen gefördert werden soll, doch für das Herzensanliegen des Erblassers rennt die Zeit davon: Bei der "Dr.-Fritz-Reimnitz-Stiftung", im Mai 2019 öffentlich auf den Weg gebracht, bremsen komplizierte Erbrechtsregelungen gegenwärtig die Arbeit im Vorstand. Neben Organisatorischem geht es etwa um die Festlegung der Vergabe- und Förderrichtlinien. Der aus Unadingen stammende Fritz Reimnitz hat sein Vermögen der nach ihm benannten Stiftung vermacht. Mit einem Vermögen von mehr als 20 Millionen Euro gehört die Stiftung zu den größten in Deutschland. Entsprechend groß war im vergangenen Mai die Begeisterung, als Bürgermeister Micha Bächle als Teil des Stiftungsvorstands den Nachlass des Wohltäters vorstellte. Acht Monate später operiert die längst rechtsfähige Stiftung auf zwei Ebenen.

Erbschein beantragt: "Wir benötigen einen europäischen Erbschein", nannte Bächle auf Anfrage die aktuelle Schwierigkeit. Denn Fritz Reimnitz hatte auch im europäischen Ausland Besitztümer. Mit dem europäischen Erbschein können Erben innerhalb der EU ihr Erbrecht nachweisen. Mit einem normalen Erbschein gehe das nicht, so Bürgermeister Bächle. Konkret müsse mit den Banken im Ausland geregelt werden, dass die Vermögenswerte auf die Stiftung übertragen werden. Das funktioniere in der Regel mit Übersetzungen, schilderte Bächle einen Aspekt des hochkomplexen und langwierigen Verfahrens. Erst wenn eine genaue Übersicht über die Vermögenswerte, sprich über die Einlage der Stiftung vorliege, könne über die Ausschüttung nachgedacht werden. Der europäische Erbschein sei durch einen durch die Stiftung beauftragten Notar beantragt worden. Wann er zugestellt wird, sei völlig offen. Allerdings habe sich der Vorstand auf einen behutsamen Aufbau der Stiftung verständigt. "In den Jahren 2019 und 2020 schaffen wir uns eine organisatorische Arbeitsgrundlage", sagte Bächle.

Herkunft aus Unadingen: Es bleibt ein Aspekt, den die Stiftung unabhängig vom bildungsorientierten Zweck und den rechtlichen Grundlagen bereits jetzt vorantreiben möchte. Er hängt mit der Biografie des Stifters zusammen. Fritz Reimnitz verstarb im Januar 2017 im Alter von 69 Jahren. Ursprünglich stammte er aus Unadingen und ist dort aufgewachsen. Er lebte im Posthaus, wo seine Familie seit den 1920er-Jahren den Gipsabbau im Gewann Kupferbrunnen zwischen Unadingen und Döggingen betrieb. Den besonderen Heimatbezug von Fritz Reimnitz spiegeln weitere Aspekte des vorläufig formulierten Stiftungzwecks wider. Die Förderung der Landschaftspflege ist dort aufgeführt, ebenso Heimatkunde und Heimatpflege. Besonders berücksichtigt werden sollen Geschichte und Bedeutung des Gipsbergbaus.

Gipsabbau wird dokumentiert: Wer aber den Gipsabbau in der Region nach den Vorgaben des Stifters dokumentieren möchte, muss sich beeilen. Der Betrieb wurde bereits 1975 eingestellt, die Gebäude wurden vier Jahre später abgebrochen. Das ist inzwischen 40 Jahre her, viele ehemalige Beschäftigte leben nicht mehr, andere sind sehr alt. "Jetzt geht es darum, ganz schnell mit den Beteiligten von damals zu reden", sagte Micha Bächle. Entstehen soll eine Filmdokumentation, die sich Personen widmet und die örtlichen Gegebenheiten festhält. Der Auftrag ist erteilt. Drehbuchautor, Produzent und Filmemacher Rainer Jörger hat mit seinem Team bereits die ersten Termine ausgemacht. In Donaueschingen bereitet er derzeit die zweite Auflage der Multimedia-Show "Donaueschinger Stadtgeschichten" vor.