Der im Ruhestand befindliche frühere Bürgermeister Jürgen Guse äußert sich im Gespräch über Sinn und Zweck der Bräunlinger Bürgerstiftung. Foto: privat Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Bürgerstiftung ist Jürgen Guse weiter ein Herzensanliegen / Anlagen bringen gute Zinsen

Bräunlingen. Der ehemalige Bürgermeister Jürgen Guse befindet sich eigentlich im Ruhestand. Er engagiert sich dennoch weiter, etwa in der Bürgerstiftung.  

Herr Guse, wie ist es Ihnen seit Eintritt in den Ruhestand ergangen?

Mir geht es gut, so wirklich ruhig war der Ruhestand bisher allerdings nicht. Ich habe ja noch den Vorsitz im Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg, in der Bürgerstiftung, und ich engagiere mich musikalisch. Langweilig wird mir also nicht. Es gibt in Deutschland rund 300 Bürgerstiftungen. Was unterscheidet sie von herkömmlichen Stiftungen?

Herkömmliche werden oftmals von privaten Personen eingerichtet und mit einem bestimmten Stiftungszweck versehen. Im letzten Jahrzehnt auch von vielen Firmen, die ihr Vermögen in eine Stiftung einbringen, um das Ganze auch für die Nachfolge zu sichern. Nehmen wir etwa die Zeppelin-Stiftung in Friedrichshafen. Die ist für den Grund ausgerichtet, mit ihrem Vermögen für die Stadt gute Dinge zu tun. Aber eine Bürgerstiftung heißt, und darum haben wir sie in Bräunlingen damals so genannt: Von den Bürgern für die Bürger. Es steht also kein einzelner Stiftungszweck dahinter, etwa Forschung oder die Unterstützung einer Firma.

Wie kam es zur Gründung?

Wir hatten damals im Hinblick auf das Stadtjubiläum 2005 – 700 Jahre Stadtrecht in Bräunlingen – bereits zwei Jahre alles vorbereitet, haben Geld gesammelt. Ich konnte damals die Bürgerstiftung mit 72  000 Euro Stiftungsvermögen in die Hände von Bürgern übergeben. Damals lag die Hürde des Regierungspräsidiums bei 50 000 Euro, mittlerweile liegt sie bei 100 000, glaube ich. Wir haben dann gesagt, dass die Verwaltung sich rausnehmen soll, da es sich ja um eine Bürgerstiftung handelt. Das Geld habe ich über fast zwei Jahre hinweg vom Bräunlinger Gewerbe, von Privatpersonen und den Banken gesammelt.  

Welche Zwecke verfolgt die Stiftung?

Als Grund haben wir die Jugendhilfe genommen, allerdings nicht, um die Kommunen zu entlasten, sondern für Aufgaben, die die Kommune in diesem Bereich nicht macht. Dann haben wir für Familien und Personen in sozialen Notfällen, zusätzlich für Altenhilfe, die Seniorenarbeit. Das sind die drei Stiftungszwecke. Ich weiß noch, vor ein paar Jahren brannte ein Haus ab. Fünf Familien waren in Bräunlingen betroffen. Hier hat die Bürgerstiftung stark unterstützt. Die katholischen Kindergärten in Bräunlingen und Döggingen, auch der städtische Kindergarten haben schon Gelder erhalten.  

Mit Eintritt in den Ruhestand haben Sie einiges an Ämtern abgegeben. Bei der Bürgerstiftung haben Sie bewusst gesagt: Hier engagiere ich mich weiter. Warum?

Das kam deshalb, weil einer meiner besten Freunde, Peter Staller, der bisher Vorsitzender war, leider gestorben ist. Da sind Stiftungsrat- und Vorstand auf mich zugekommen und haben gesagt: Das war doch seinerzeit Ihr Kind, Sie haben das gegründet und sind jetzt nicht mehr Bürgermeister, sondern auch Bürger. Sie könnten das doch übernehmen. Ich habe mich dann mit meiner Frau besprochen und habe gesagt: Ja, das mache ich.  

Wenn die Stiftung um Hilfe gebeten wird, wie wird so etwas beurteilt?

Wir kriegen ja selber mit, wo es in der Stadt Notfälle gibt. Natürlich kommen auch die Kindergärten oder Schulen auf uns zu, oder unsere Betreuer von der Jugendarbeit. Auch die Bevölkerung spricht uns an, dass es einen Notfall gebe. Wenn man dann eine Sitzung hat, berät man das. Wenn es schnell entschieden werden muss, läuft das unkompliziert am Telefon, dass wir uns verständigen und dann die Gelder zur Verfügung stellen. Im Schwarzwald-Baar-Kreis waren wir übrigens die erste Bürgerstiftung.  

Wie verhält es sich mit der Finanzierung? Die Stiftung hat ja ein Stammkapital, das nicht unterschritten werden darf.

Ja, das Stammkapital heißt in diesem Fall Stiftungskapital. Es darf nicht angegriffen werden. Wir sind natürlich immer bemüht, wenn es Stifter gibt, dass wir ihnen sagen: Wenn es eine größere Summe ist, macht das doch als Zustiftung. Dann wächst das Kapital, und es gibt mehr Zinsen. Dann haben wir immer auch eine Leistungserhaltungsrücklage. Durch Inflationsraten wird das ja auch immer weniger wert. Es soll auf jeden Fall das Stiftungskapital immer wachsen. Zusätzlich kann man dann die über die Zinsen Ausschüttungen machen.  

Wie sieht das Zustiftungswachstum seit Bestehen aus?

Die früheren verantwortlichen Personen haben mit Hilfe unserer Bevölkerung viel geleistet. Wir haben jetzt ein Stiftungskapital von 224 000 Euro. Also von 72 000 auf diese Summe – da hat man schon einiges machen müssen mit Einwerbungen, Benefizkonzerten und Betteltouren.  

Wie unterstützen die Bräunlinger denn die Stiftung?

Ganz gut. Man sieht es ja an den Summen. Allein die Benefizkonzerte hätten für diese Steigerung natürlich nicht ausgereicht. Man hatte immer wieder Aufrufe im Mitteilungsblatt oder der Tageszeitung. Erfreulicherweise kommt es immer wieder vor dass jemand sagt: Ich möchte keine Geschenke, bitte spendet an die Bürgerstiftung. Auch bei mehreren Beerdigungen wurde Geld an die Bürgerstiftung gegeben.  

Wie geht die Stiftung mit den derzeit niedrigen Zinsen um?

Wie alle Stiftungen in Deutschland sind wir davon betroffen. Wir haben teilweise noch langfristige Anlagen, sodass wir im Durchschnitt pro Jahr schon etwa 4000 bis 5000 Euro Zinsen haben. Wenn man dann noch die Spenden nimmt, dann kann man einiges ausschütten. Momentan stehen uns etwa 9000 Euro zur Verfügung.  

Als Bürgermeister mussten Sie sicher auch Entscheidungen treffen, die nicht jedem gefielen. Wie ist das in der Stiftung?

Ich war ja auch als Bürgermeister ab und zu eingeladen und habe ganz motivierte Mitwirkende getroffen und kennengelernt. Da wird alles im großen Konsens gemacht. Es ist klar, dass sich das unterscheidet von der Kommunalpolitik, wo der eine mal eine ganz andere Ansicht dazu hat. Das ist jedoch hier auch immanent und gehört zur Demokratie einfach dazu.  Fragen von Guy Simon

Bräunlingen. Der ehemalige Bürgermeister Jürgen Guse befindet sich eigentlich im Ruhestand. Er engagiert sich dennoch weiter, etwa in der Bürgerstiftung.  

Herr Guse, wie ist es Ihnen seit Eintritt in den Ruhestand ergangen?

Mir geht es gut, so wirklich ruhig war der Ruhestand bisher allerdings nicht. Ich habe ja noch den Vorsitz im Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg, in der Bürgerstiftung, und ich engagiere mich musikalisch. Langweilig wird mir also nicht. Es gibt in Deutschland rund 300 Bürgerstiftungen. Was unterscheidet sie von herkömmlichen Stiftungen?

Herkömmliche werden oftmals von privaten Personen eingerichtet und mit einem bestimmten Stiftungszweck versehen. Im letzten Jahrzehnt auch von vielen Firmen, die ihr Vermögen in eine Stiftung einbringen, um das Ganze auch für die Nachfolge zu sichern. Nehmen wir etwa die Zeppelin-Stiftung in Friedrichshafen. Die ist für den Grund ausgerichtet, mit ihrem Vermögen für die Stadt gute Dinge zu tun. Aber eine Bürgerstiftung heißt, und darum haben wir sie in Bräunlingen damals so genannt: Von den Bürgern für die Bürger. Es steht also kein einzelner Stiftungszweck dahinter, etwa Forschung oder die Unterstützung einer Firma.

Wie kam es zur Gründung?

Wir hatten damals im Hinblick auf das Stadtjubiläum 2005 – 700 Jahre Stadtrecht in Bräunlingen – bereits zwei Jahre alles vorbereitet, haben Geld gesammelt. Ich konnte damals die Bürgerstiftung mit 72  000 Euro Stiftungsvermögen in die Hände von Bürgern übergeben. Damals lag die Hürde des Regierungspräsidiums bei 50 000 Euro, mittlerweile liegt sie bei 100 000, glaube ich. Wir haben dann gesagt, dass die Verwaltung sich rausnehmen soll, da es sich ja um eine Bürgerstiftung handelt. Das Geld habe ich über fast zwei Jahre hinweg vom Bräunlinger Gewerbe, von Privatpersonen und den Banken gesammelt.  

Welche Zwecke verfolgt die Stiftung?

Als Grund haben wir die Jugendhilfe genommen, allerdings nicht, um die Kommunen zu entlasten, sondern für Aufgaben, die die Kommune in diesem Bereich nicht macht. Dann haben wir für Familien und Personen in sozialen Notfällen, zusätzlich für Altenhilfe, die Seniorenarbeit. Das sind die drei Stiftungszwecke. Ich weiß noch, vor ein paar Jahren brannte ein Haus ab. Fünf Familien waren in Bräunlingen betroffen. Hier hat die Bürgerstiftung stark unterstützt. Die katholischen Kindergärten in Bräunlingen und Döggingen, auch der städtische Kindergarten haben schon Gelder erhalten.  

Mit Eintritt in den Ruhestand haben Sie einiges an Ämtern abgegeben. Bei der Bürgerstiftung haben Sie bewusst gesagt: Hier engagiere ich mich weiter. Warum?

Das kam deshalb, weil einer meiner besten Freunde, Peter Staller, der bisher Vorsitzender war, leider gestorben ist. Da sind Stiftungsrat- und Vorstand auf mich zugekommen und haben gesagt: Das war doch seinerzeit Ihr Kind, Sie haben das gegründet und sind jetzt nicht mehr Bürgermeister, sondern auch Bürger. Sie könnten das doch übernehmen. Ich habe mich dann mit meiner Frau besprochen und habe gesagt: Ja, das mache ich.  

Wenn die Stiftung um Hilfe gebeten wird, wie wird so etwas beurteilt?

Wir kriegen ja selber mit, wo es in der Stadt Notfälle gibt. Natürlich kommen auch die Kindergärten oder Schulen auf uns zu, oder unsere Betreuer von der Jugendarbeit. Auch die Bevölkerung spricht uns an, dass es einen Notfall gebe. Wenn man dann eine Sitzung hat, berät man das. Wenn es schnell entschieden werden muss, läuft das unkompliziert am Telefon, dass wir uns verständigen und dann die Gelder zur Verfügung stellen. Im Schwarzwald-Baar-Kreis waren wir übrigens die erste Bürgerstiftung.  

Wie verhält es sich mit der Finanzierung? Die Stiftung hat ja ein Stammkapital, das nicht unterschritten werden darf.

Ja, das Stammkapital heißt in diesem Fall Stiftungskapital. Es darf nicht angegriffen werden. Wir sind natürlich immer bemüht, wenn es Stifter gibt, dass wir ihnen sagen: Wenn es eine größere Summe ist, macht das doch als Zustiftung. Dann wächst das Kapital, und es gibt mehr Zinsen. Dann haben wir immer auch eine Leistungserhaltungsrücklage. Durch Inflationsraten wird das ja auch immer weniger wert. Es soll auf jeden Fall das Stiftungskapital immer wachsen. Zusätzlich kann man dann die über die Zinsen Ausschüttungen machen.  

Wie sieht das Zustiftungswachstum seit Bestehen aus?

Die früheren verantwortlichen Personen haben mit Hilfe unserer Bevölkerung viel geleistet. Wir haben jetzt ein Stiftungskapital von 224 000 Euro. Also von 72 000 auf diese Summe – da hat man schon einiges machen müssen mit Einwerbungen, Benefizkonzerten und Betteltouren.  

Wie unterstützen die Bräunlinger denn die Stiftung?

Ganz gut. Man sieht es ja an den Summen. Allein die Benefizkonzerte hätten für diese Steigerung natürlich nicht ausgereicht. Man hatte immer wieder Aufrufe im Mitteilungsblatt oder der Tageszeitung. Erfreulicherweise kommt es immer wieder vor dass jemand sagt: Ich möchte keine Geschenke, bitte spendet an die Bürgerstiftung. Auch bei mehreren Beerdigungen wurde Geld an die Bürgerstiftung gegeben.  

Wie geht die Stiftung mit den derzeit niedrigen Zinsen um?

Wie alle Stiftungen in Deutschland sind wir davon betroffen. Wir haben teilweise noch langfristige Anlagen, sodass wir im Durchschnitt pro Jahr schon etwa 4000 bis 5000 Euro Zinsen haben. Wenn man dann noch die Spenden nimmt, dann kann man einiges ausschütten. Momentan stehen uns etwa 9000 Euro zur Verfügung.  

Als Bürgermeister mussten Sie sicher auch Entscheidungen treffen, die nicht jedem gefielen. Wie ist das in der Stiftung?

Ich war ja auch als Bürgermeister ab und zu eingeladen und habe ganz motivierte Mitwirkende getroffen und kennengelernt. Da wird alles im großen Konsens gemacht. Es ist klar, dass sich das unterscheidet von der Kommunalpolitik, wo der eine mal eine ganz andere Ansicht dazu hat. Das ist jedoch hier auch immanent und gehört zur Demokratie einfach dazu.  Fragen von Guy Simon

Die Bürgerstiftung lädt am Freitag, 15. Juni, zu einem Musikabend samt Benefizkonzert mit der Bregi House Band und den Habseck-Musikanten. Um 17.30 Uhr wird der Festabend auf dem Bräunlinger Kelnhofvorplatz eröffnet. Der Eintritt ist frei, auf Spendenbasis werden Flaschenöffner verkauft. Spenden und auch der Erlös des Abends werden dem Stiftungskapital der Bürgerstiftung zukommen.