Carolin Barth, Roland Stefan, Helene Stefan und Ansgar Barth brauchen beim Graben jede Menge Kraft. Foto: Barth

Ansgar Barth erntet Pflanze am Feldberg und betreibt zugleich Landschaftspflege.

Bräunlingen-Unterbränd - Der braune Van mit Anhänger wird freundlich durchgewunken. Am Steuer sitzt Ansgar Barth aus Unterbränd. Er biegt auf den Weg zum Feldberggipfel ein, der ansonsten für Fahrzeuge gesperrt ist.

Barth will mit einigen Helfern auf einer Viehweide Enzian stechen. Dafür hat er eine naturschutzrechtliche Sondergenehmigung.

Der Mann:

Im Jahr 2009 hat Barth einen Kurs für Hobbybrenner an der Universität Hohenheim belegt. Seit dem Frühjahr 2010 stellt er eigenen Schnaps her.

Zunächst brannte er nur für Hausgäste, inzwischen hat er das große Brennrecht und bewirtschaftet zweieinhalb Hektar Streuobstwiesen. Die Brennerei stellt eine wesentliche Säule seines nebenerwerblichen Landwirtschaftlichen Betriebes dar.

Das Produkt:

Immer wieder probiert er etwas Neues aus, kredenzt beispielsweise Edelbrand aus Aroniabeere, Kornelkirsche oder Mehlbeere. Dabei ist er immer dem Vorsatz treu geblieben, nur lokal vorkommende Früchte und Beeren zu verwenden. Er möchte beweisen, dass das, was hier wächst, nicht schlecht ist. Sein Einzugsbereich umfasste bislang die Umgebung von Unterbränd – mit Ausnahme einiger Streuobstwiesen im heimischen Murgtal. Diesen Radius verlässt er jetzt. Die Enzianernte am Feldberg sei gleichermaßen eine Besonderheit wie eine Ausnahme. Edelbrand aus Enzian ist eine neue Herausforderung, und den gibt es eben nur dort.

Die Genehmigung:

Ende 2017 erhielt Ansgar Barth eine Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums Freiburg zur Entnahme von Gelbem Enzian im Rahmen von Landschaftspflegearbeiten und der anschließenden Verwertung der entnommenen Pflanzenteile. Der Zeitpunkt wurde mit Feldberg-Ranger Achim Laber abgesprochen. Ferner wurden zwei Gebiete zur Entnahme festgelegt. Dort dürfen maximal zwei Drittel der Enzianpflanzen ausgestochen werden.

Der Naturschutz:

Die Reduzierung des Bestandes an Gelbem Enzian in bestimmten Bereichen bei Pflegemaßnahmen sei aus Sicht des Naturschutzes wünschenswert, heißt es in dem Papier. Denn der Gelbe Enzian habe im Feldberggebiet stark zugenommen und verdränge durch seine großen Blätter viele andere Arten der schützenswerten Weidbergvegetation. Auch der Verarbeitung zu Enzianschnaps als sinnvolle Verwertung wurde uneingeschränkt zugestimmt.

Das Graben:

Enzianstechen will gelernt sein. Die Ausbeute war anfangs gering, einige Werkzeuge gingen beim Ausgraben der Wurzeln zu Bruch. Für die nächste Aktion hat Ansgar Barth vorsorglich einige stabile Amferstecher bestellt. Dennoch ist es Knochenarbeit. Der Boden wird rund um die Wurzel angestochen und diese heraus gewuchtet. Anschließend wird die Erde mit den Händen entfernt. Die Gruppe wurde bei ihrer Schatzsuche von vielen Zaungästen beobachtet und angesprochen. Das Interesse reichte von der Vorbestellung von Enzianschnaps bis zur Androhung einer Anzeige in Unkenntnis der Genehmigung.

Die Wurzeln:

Enzian blüht frühestens nach sieben Jahren. Findet man abgeblühte Pflanzen, so handelt es sich um ältere Pflanzen mit entsprechend dicken Wurzeln und guter Ausbeute.

Noch besser ist es, wenn ein Teil der Wurzel an der Oberfläche sichtbar ist. Die Ausbeute von 150 Kilogramm mit fünf Personen in vier Stunden Arbeit konnte sich sehen lassen.

Das Brennen:

In den kommenden Tagen werden die Wurzeln gewaschen, vermahlen und die Maische mit Wasser versetzt. Nach sechs bis acht Wochen Gärung kann dann gebrannt werden. Barth vermutet, dass das Ergebnis sehr bitter wird. Deshalb wird er weitere Ansätze mit Apfelmaische mischen. Das sei durchaus gang und gäbe. Denn manches, was als Enzian angeboten werde, enthalte in Wirklichkeit nur fünf Prozent reinen Enzianbrand. Im Oktober fährt Barth nach Berchtesgaden, um sich noch einige Tipps zu holen.

An den kommenden vier bis fünf Samstagen stehen je nach Wetterlage weitere Ernteeinsätze auf dem Feldberg an. Helfer sind willkommen. Kontakt: 07654/80 86 35.

Die Pflanze:

Der Gelbe Enzian (Gentiana lutea) gehört zur Gattung der Enziane (Gentiana). Er ist in europäischen Gebirgen heimisch und wächst in Höhen bis zu 2500 Meter. Er steht unter Naturschutz und darf nicht gepflückt werden. Inzwischen haben sich die Bestände durch den Schutz wieder erholt. Gelber Enzian wächst sehr langsam, hat eine Standzeit von über 50 Jahren und wird 50 bis 150 Zentimeter hoch. Er ist selbstbestäubend und blüht meist erst nach zehn Jahren von Juni bis August. Aufgrund seiner intensiven Bitterstoffe wurde der gelbe Enzian bereits in der Römerzeit als Heilpflanze gegen Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt. In den Kräuterbüchern des Mittelalters galten die Wurzeln als Universalheilmittel. Der daraus hergestellte Enzian ist ein beliebter Verdauungsschnaps.