Am Boden: Herausforderer Firat Arslan hat der Schlagkraft von WBO-Weltmeister Marco Huck nichts mehr entgegen zu setzen. Foto: Pressefoto Baumann

Nach der K.-o.-Niederlage gegen Marco Huck ist offen, ob Firat Arslan seine Karriere fortsetzt. Ansonsten bleibt nur noch eine Frage: Ist der WBO-Weltmeister im Cruisergewicht stark genug, um auch das Schwergewicht aufzumischen? Er selbst zweifelt nicht daran.

Nach der K.-o.-Niederlage gegen Marco Huck ist offen, ob Firat Arslan seine Karriere fortsetzt. Ansonsten bleibt nur noch eine Frage: Ist der WBO-Weltmeister im Cruisergewicht stark genug, um auch das Schwergewicht aufzumischen? Er selbst zweifelt nicht daran.

Stuttgart - Der Kampf war vorbei, da ging es im Ring noch einmal richtig zur Sache. Sicherheitsleute hinderten Fans von Marco Huck daran, über die Seile zu klettern. Promoter Kalle Sauerland und Luan Krasniqi, der beste Freund des unterlegenen Firat Arslan, packten sich am Kragen, weil sie unterschiedlicher Meinung darüber waren, ob der Kampf nicht hätte früher abgebrochen werden müssen. Nur einer war die Ruhe in Person. Das Gesicht von Ulli Wegner leuchtete zwar rot wie eine reife Tomate, doch der Trainer von Huck lehnte ganz entspannt in einer Ecke, stützte die Arme auf die Seile, unbeeindruckt von aller Hektik. So also sieht einer aus, der seine Arbeit getan hat.

Im ersten Duell vor 15 Monaten hatte Huck, WBO-Weltmeister im Cruisergewicht (bis 90,7 kg), seinen Titel nur dank der Hilfe der Punktrichter behalten. Arslan (43) fühlte sich betrogen – und bekam eine Revanche. Der Herausforderer boxte wie damals, nur Huck (29) war ein anderer. Er ließ sich vor 11 000 Zuschauern in der Schleyerhalle nicht erneut von der Dampfwalze Arslan überrollen. Huck klammerte, wenn nötig, ansonsten ging er auf Distanz und beraubte Arslan damit seiner größten Stärke – dem Nahkampf. Und der Weltmeister ging das enorme Tempo mit. Bis zur sechsten Runde.

Als sich viele fragten, ob Huck wohl bald die Puste ausgehen würde, legte er erst richtig los. Er schlug Arslan, der in seiner Karriere noch nie am Boden war, zweimal mit brachialer Gewalt nieder, ehe Ringrichter Mark Nelson (USA) den wehrlosen Herausforderer aus dem Kampf nahm. „Von so ei- nem Sieg habe ich geträumt, Marcos Schlagtechnik ist viel besser geworden“, sagte Wegner, dessen Taktik voll aufgegangen war, „er hat eine große Zukunft vor sich.“

Das sieht der Boxer nicht anders. Huck will in die Königsklasse aufsteigen. „Ich habe meine Kritiker mundtot gemacht. Wenn ich topfit bin, kann ich mich nur selbst schlagen – egal ob im Cruiser- oder im Schwergewicht“, tönte er noch im Ring, um später konkreter zu werden: „Ich hoffe nun, dass der Klitschko endlich kommt.“

Ein Hirngespinst? Oder ein realistisches Ziel? Bernd Bönte, Manager der Klitschko-Brüder, hat bisher stets betont, dass Huck kein ernst zu nehmender Gegner sei – und so sehen es auch viele Experten. Dazu kommt, dass die Klitschkos bei RTL unter Vertrag stehen, Huck bei der ARD. Dessen Taktik könnte nun sein, den WBC-Titel zu holen, der vakant ist, solange Vitali Klitschko in der Ukraine und nicht im Ring kämpft. Gelingt ihm dies, wäre Huck sehr wohl ein interessanter Mann, denn Wladimir Klitschko hat angekündigt, dass er sich neben den Titeln der Verbände WBA, WBO, IBF und IBO auch den WBC-Gürtel seines Bruders in den Schrank hängen will. Wegner indes empfiehlt, Schritt für Schritt zu gehen: „Ich habe noch keinen Boxer zum Schwergewichts-Weltmeister gemacht, das schmerzt. Marco hat versprochen, dass er der erste sein wird.“

Auch bei Arslan stellte sich die Frage nach der Zukunft – allerdings aus anderen Gründen. Wilfried Sauerland steht nicht im Ruf, regelmäßig menschliche Aspekte über geschäftliche Interessen zu stellen. An diesem Abend aber tat er es. „Wenn Firat will, machen wir weitere Kämpfe mit ihm“, sagte der Chef des gleichnamigen Boxstalls und schaute auf das große Veilchen unter Arslans linkem Auge, „aber ganz persönlich würde ich ihm raten aufzuhören. So harte Schläge bleiben nicht ohne Spuren.“

Arslan selbst gab sich als guter Verlierer („Huck kann enorm hauen, er war der Bessere“), ließ ansonsten aber alles offen. Die Entscheidung, ob er weitermacht, wird er erst in einigen Wochen treffen. Nachdem er den Kampf genau analysiert hat. Nach Beratungen mit seinem Team und Sauerland. Und nach einem Urlaub bei Freunden in der Karibik. Fest steht für ihn bisher lediglich: „Ich werde nicht boxen, nur um zu boxen.“ Stattdessen muss die Perspektive stimmen.

Doch fraglich ist nicht nur, ob es ratsam wäre, gegen andere Cruisergewichts-Weltmeister wie Yoan Pablo Hernandez (IBF) oder Guillermo Jones (WBA) anzutreten, die auf einer Stufe mit Huck stehen. Sondern auch, ob der Sauerland-Stall Arslan überhaupt den Weg ebnen würde. Er selbst allerdings fühlt sich stark genug: „Ich habe die Kraft, um noch einmal Weltmeister zu werden.“ Das sehen auch Luan Krasniqi („Dieses Potenzial hat er ganz sicher“) und Dieter Wittmann so. „Er ist definitiv gut genug, um noch mal den Titel zu holen“, meinte Arslans Trainer, „und ich sehe auch kein Risiko, wenn er weitermacht. Sollte er dies tun wollen, würde ich ihm jedenfalls nicht abraten.“