Täglich grüßt das Murmeltier – oder in diesem Fall eher jährlich der Borkenkäfer. Auch in diesem Jahr müssen Waldbesitzer gegen den Käfer ankämpfen, um das Wachstum der Schädlinge einzugrenzen. Wie ist die Lage in den Gäugemeinden?
Ganz aktuell bohrt sich die zweite Generation der Fichtenborkenkäfer ein – auch in den Gäugemeinden. Dagegen vorzugehen, erweist sich als Kraftakt. Jede Baumart hat seinen eigenen Käfer, beginnt Jürgen Martinek, Revierleiter von der Forstverwaltung Calw, die Grundlagen vor Ort im Althengstetter und Gechinger Wald zu erklären. Mit dabei sind zwei Auszubildende und der Althengstetter Förster Maximilian Mast. Besonders virulent ist der Befall an der Fichte mit Buchdruckern und Kupferstechern, die beide zu den Borkenkäfern gehören. Auch die Weißtanne mache zunehmend Probleme. Wobei der Revierleiter hinzufügt, dass diese in den vergangenen Jahren schlimmer befallen war als in diesem.
Weißtanne und Fichte Insbesondere Fälle bei der Weißtanne und Fichte sind brisant, da sie die „Brotbäume der Deutschen Forstwirtschaft“ bilden. Der Hintergrund: das Holz ist leicht zu bearbeiten und folglich in der Holzwirtschaft begehrt.
Vor allem die Fichte wird in Mitteleuropa angebaut. Angebaut deshalb, so der Förster, da sie künstlich hierhergebracht wurde – und mit ihr der Borkenkäfer. Den Ursprung hat die Fichte im Norden.
Ausrotten der Käfer schier unmöglich
Der zugehörige Käfer hat die „fatale Eigenschaft“ der exponentiellen Vermehrung, klärt der Waldkenner auf. In ihrer Heimat führt dies weniger zu Problemen, da dort der Entwicklungszyklus ein bis drei Jahre dauert, während die Dauer hier nur von wenigen Wochen ist. Grund dafür sind die optimalen Bedingungen beispielsweise durch die höhere Temperatur, die die Vermehrung der kleinen Tiere begünstigt.
Da die Larven überwintern können und den Waldarbeitern auch immer ein gewisser Teil „durch die Lappen“ geht, bleibt immer ein Grundstock fürs kommende Jahr. Da also ein komplettes Ausrotten der Käfer schier unmöglich ist, gilt als Ziel die Population abzusenken. Mit der positiven Folge, dass die Käfer von einem niedrigeren Niveau aus neu starten.
Stress und Wassermangel Wie genau läuft ein Baumbefall ab? Martinek erklärt, dass ein Baum mit zunehmender Temperatur in Stress gerät - verbunden ist dieser Stress meist mit Wassermangel. Wenn Fichten dies durchleben, sondern sie bestimmte Duftstoffe ab, an denen sich wiederum die Käfer orientieren, um geschwächte Bäume zu lokalisieren. Nach dieser Selektion, überwältigen die Käfer gesammelt den gestressten Baum – der Befall ist „nicht so sporadisch, wie man es sich vorstellt“.
Anschließend sterben die Bäume ab, sagt der Revierleiter. Durch den Höhlenbau der Käfer unterhalb der Rinde werden die Wasserleitungsbahnen des Baums unterbrochen. Doch bei einem Baum bleibt es nicht, mit der nächsten Generation sterben noch weitere Waldteile. Die Schädlinge haben das Potenzial „wie eine Feuersbrunst über die Fläche zu ziehen“. Das ist auch der Grund, weshalb sie im Forstbereich so gefürchtet sind. Jedoch nicht, wie man meinen könnte, aus ökologischen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen.
Durch das befallene Holz, das aus den Wäldern entfernt werden muss, entsteht ein Überangebot, welches wiederum zu niedrigen Preisen auf dem Markt führt. Für die Waldbesitzer ist das ein Nachteil. Ein ökologisches Problem tritt erst dann auf, wenn große Kahlflächen entstehen.
Baum einschlagen Was kann zur Reduktion der Käfer beitragen? Beispielsweise ist der Witterungsverlauf im April und Mai ausschlaggebend. Sobald sich der Käfer im Frühjahr eine „Höhle“ unter der Rinde errichtet hat, legt er sein Brutbild an. Bei schlechtem Wetter hat er dabei Probleme. Entweder steht die Höhle unter Wasser oder die Käfer werden durch ständiges Hineintropfen krankheitsanfälliger.
Natürliches Abwehrsystem der Bäume
Auch das natürliche Abwehrsystem der Bäume spielt eine entscheidende Rolle. Dieses versucht, die Gänge zunächst einzuharzen. Das Problem: ohne Wasser kein Harz – und hauptsächlich befallen sind Bäume im Stress, also mit Wassermangel.
Des Weiteren hilft der Brutraumentzug, also den befallenen Baum einzuschlagen und aus dem Gebiet zu entfernen. Alternativ kann auch die Brut vernichtet werden.
Löcher in der Rinde Wie erkennt man befallene Bäume bei Rundgängen? „Der Baum ist schütter“, erklärt nun einer der Azubis. Das heißt, die Krone ist nicht mehr sattgrün, sondern geht ins Rötliche über. An der Rinde sind viele kleine Löcher zu erkennen. Zum Teil ist Harz am Rand oder auch Bohrmehl – das ähnelt Kaffeepulver – am Boden.
Insgesamt seien die vergangenen Jahre mit dem Fichtenborkenkäfer ruhig gewesen. So sei auch dieses Jahr nichts, worüber man sich momentan „übertriebene Gedanken“ machen müsse.