Nicht um modische Perfektion bemüht: Boris Johnson. Foto: dpa

Rutschende Socken, Krawatten bis in den Schritt: Boris Johnsons äußere Erscheinung ist eine einzige Katastrophe. Der britische Premierminister spielt den Proleten, der auf alle modischen Regeln pfeift. Und genau deswegen lieben ihn so viele.

Stuttgart - Die Krawatte hängt oft tief bis in den Schritt. Die Sakkotaschen beulen aus als wären sie regelmäßig mit Bierflaschen gefüllt. Die ohnehin recht weit geschnittene Hose ist gürtellos, weshalb sie von den Hüften rutscht und unten herum Falten wie eine Quetschkommode wirft. Die abgeschrappten Lederschuhe gehören längst in die Altkleidersammlung oder zumindest neu besohlt. Und das Haupt ziert ein zerzauster blonder Bob, so apart frisiert wie ein Teller Sauerkraut.

Rotzfrecher Eton-Schüler

Trotz - oder gerade wegen - seiner schlampigen Garderobe hat es der Brexit-Befürworter Alexander Boris de Pfeffel Johnson zum Premierminister des Vereinigten Königreichs geschafft. Sogar in seriösen englischen Tageszeitungen wird Johnson gern mal als „Clown“ bezeichnet, seiner Beliebtheit im Volke tut das aber keinen Abbruch, im Gegenteil. Anders als seine stets penibel geföhnte Vorgängerin Theresa May setzt Johnson alles andere als auf das perfekte Äußere. Er markiert den Rabauken und Proleten, er gibt den rotzfrechen, kindisch-sympathischen Volkstribun, was in diesen populistischen Zeiten bisweilen gut ankommt. Ein britischer Trump. Dabei ist der 55-Jährige ein astreiner Vertreter der britischen Upper Class, er war Schüler der elitären Schnösel-Anstalt Eton, einer seiner besten Kumpels ist der Bruder von Lady Diana. Doch der Schein bestimmt das Bewusstsein. Um seine Popularität noch zu steigern spielt Johnson als exzentrischer und wohlhabender Angehöriger der Oberschicht seinen Reichtum herunter, er leistet sich bewusst all seine Unverfrorenheiten, die man einem Aufsteiger niemals durchgehen ließe. Seine Herkunft und Haltung machen ihn immun. Johnson ist übrigens ein großer Förderer und Kenner der britischen Mode-Szene. Und einmal wurde er dabei beobachtet, wie er vor einem Fernsehauftritt seine Haare mit den Händen absichtlich verstrubbelte.