Es gibt noch 30 fahrtüchtige Bonitos, die als Bausatz auf Käfer-Chassis verkauft wurden – Schau vor Museum.
Stuttgart/Winnenden - Markus Riedl lässt den Motor seines Fiberfab Bonito Typ A röhren, gibt Zwischengas, beschleunigt die Kreisstraße den Berg hinauf in Richtung Berglen-Spechtshof, unweit seines Heimatorts Winnenden-Birkmannsweiler. Der Beifahrer wird bei so viel Stoff und abrupten Tempiwechseln ein bisschen bleich um die Nasenspitze. „Der Wagen hat 100 PS, wiegt aber weit unter 1000 Kilogramm – das ist ein Fahrgefühl, der geht ab wie ein Ferrari mit 400 PS.“
Riedl blickt bei der Spritztour aus dem Seitenfenster, auf die blühenden Wiesen am Straßenrand und den schwarzen Gewitterhimmel. Doch zugleich hört er auch genau, nämlich auf „mein kreischendes Getriebe“, weshalb „mein Kleiner“, wie er seinen Sportschlitten nennt, ab und zu ein paar Mucken macht. Dennoch: „Was für ein tolles Gefühl“, schwärmt er, „hier sitzt man quasi zwischen den Kotflügeln.“
„Jedes ist ein Unikat“
Als die ersten Bonitos 1969 auf deutschen Straßen fuhren, lag Riedl fast noch in den Windeln. Die von der Firma Fiberfab hergestellten Bausätze wurden entweder per großer Holzkiste (240 Kilogramm schwer) zu den Bestellern transportiert oder von denen selbst abgeholt.
Auf dem Chassis des VW-Käfers konnten sich die Tüftler nach ihrem Gusto austoben: „Jedes ist ein Unikat, keins wie’s andere; alte Karosserie runter, und du konntest dir dein Wunschauto erfüllen.“ Der Bonito ist ein Auto für jene, die sagen: „Ich möchte einen Sportwagen, aber nicht, um unbedingt aufzufallen, sondern um ihn selber zu bauen; das ist nichts, um damit anzugeben, aber du fällsch trotzdem überall auf“, erläutert der 44-jährige Schwabe.
Auto steht bei Wind und Wetter vor der Garage
Ein typischer Tüftler und Bastler ist Riedl allerdings gar nicht. „Ich habe die Zeit dafür einfach nicht“, sagt er. Denn: „Das geht nicht in 200 Stunden, da sind 2000 oder 3000 Arbeitsstunden schnell zusammen.“ Dabei hat Riedl beruflich durchaus mit Automobilen zu tun. Er hat Autosattler gelernt, arbeitete bei Porsche, machte sich selbstständig und fabrizierte viele Jahre Motorrad-Sitzbänke. Derzeit arbeitet Sattlermeister Riedl als Abteilungsleiter bei einem Sportgeräte-Hersteller in Winnenden.
Seinen jetzigen Bonito, sein zweiter bisher, hat er sich von einem Vater und Sohn in Karlsruhe gekauft. Jetzt steht das Auto bei Wind und Wetter vor Riedls Garage – denn die ist voll mit anderen Sachen, Motorrad, Werkzeugen, Ersatzteilen. Doch das macht gar nicht so viel.
„Auch Stahl oder Alu kann mit Kunststoff nicht mithalten“
Das Besondere des Bonito ist, dass er aus glasfaserverstärktem Kunststoff besteht. Er ist leicht – und zudem hart. Kunststoff rostet nicht, „auch Stahl oder Alu kann mit Kunststoff nicht mithalten“. Als es vor einem Jahr einen Wolkenbruch über dem Rems-Murr-Kreis gab, marschierte Riedl anschließend in Badelatschen hinaus und stand 20 Zentimeter tief im Eis. „Der gewaltige Hagel hat meinen Alltagswagen, einen Ford Escort, verdellt – mein Bonito-Spaßauto hatte nicht mal einen Kratzer.“
Bundesweit gibt es nach Riedls Schätzung von einst 1000 Exemplaren noch 70 Bonitos, darunter lediglich 35 fahrbereite; in Baden-Württemberg schätzt er die Zahl auf acht Enthusiasten. „Ich zähle fast noch zu den Jüngeren, die meisten sind so eher über die 50 Jahre.“ Generell sei die Zahl von Bonitos rückläufig; das liege vor allem an den verschärften Regelungen in Deutschland. Eine Neuzulassung eines Kit Cars, also eines Fahrzeugs mit Bausatz zum Selberbauen, scheint heute fast unmöglich, sagt Riedl. Da ist nicht nur der Zeitaufwand, „Man kann nicht einfach wild drauflos basteln, es muss alles vorher mit dem Tüv abgesprochen werden.“
Bundesweite Treffen bis zu zweimal im Jahr
Vor etwa 15 Jahren haben drei Fans die Interessengemeinschaft Bonito & Kit Car gegründet, mit regen Internetaktivitäten; „wir sind eine kleine Familie“, sagt Riedl. Bis zu zweimal im Jahr gibt es bundesweite Treffen. Im vergangenen Jahr fand dies in Thüringen statt. An diesem Wochenende reisen die Aktivisten mit ihren Sportwagen in den Großraum Stuttgart. Das eigentliche Treffen findet bei einem Bonito-Besitzer in Ammerbuch am Rande des Schönbuchs statt.
Am Sonntag, 29. April, röhren 15 Bonitos in Richtung Stuttgart-Zuffenhausen: von 11 bis 15 Uhr sind die Fahrzeuge vor dem Porsche-Museum ausgestellt. Und dann wird es sicher, wie sonst oft an Tankstellen, heißen: „Ist das etwa eine alte Corvette?“ Nein, eben ein Bonito, und der hat „eine der schönsten Karosserieformen, die jemals in Deutschland von Hand gefertigt wurden“, sagt Riedl und hofft, dass die Besucher sich von seinem Enthusiasmus anstecken lassen.