Die Elite der ukrainischen Bogenschützen trainiert aktuell auf der Anlage des BC Villingen-Schwenningen und bereitet sich intensiv auf die kommenden Weltcups in der Türkei und Frankreich sowie auf die EM im Juni in München vor. Foto: Michael Kienzler

Zehn Bogenschützinnen und Bogenschützen des ukrainischen Nationalteams trainieren und leben seit Anfang des Monats in Villingen-Schwenningen. Zu den großen Organisatoren zählt der frühere Weltklasse-Athlet Andreas Lorenz.

An diesem Dienstag neigt sich gegen 15 Uhr die wieder mehrstündige Trainingseinheit der ukrainischen Top-Bogenschützen auf der Anlage des BC Villingen-Schwenningen nahe Pfaffenweiler dem Ende entgegen. Es duftet nach Gegrilltem. Jürgen Löchelt, der Vorsitzende des Klubs, sowie seine Helfer laden die Sportler zum Essen ein. Gegen 17 Uhr geht es für die Mitglieder des Nationalteams dann noch weiter zu einem Deutschkurs.

Nach dem EM-Titelgewinn bricht der Krieg aus

Es war der 20. Februar, als die ukrainische Frauenmannschaft im slowenischen Lasko den EM-Titel in der Halle gewann. Am Abend wurde der Sieg gefeiert – zusammen mit den russischen und weissrussischen Bogenschützen. Am Tisch saß auch Andreas Lorenz – früherer Weltklasse-Bogenschütze und seit vielen Jahren Funktionär beim Bogensport-Weltverband WA. Der aus Südtirol stammende Dauchinger ist ausgestattet mit einem Top-Netzwerk in der Bogensport-Szene.

Beim Dauchinger Andreas Lorenz laufen die Fäden zusammen

Vier Tage später begann der Krieg in der Ukraine. "Die Sportlerinnen und Sportler, die gerade noch so erfolgreich waren, mussten sich nun in ihren Kellern gegen Bombenangriffe schützen. Es war mir sofort klar, dass ich helfen muss. Das Bogenschießen hat mir so viel in meinem Leben gegeben, nun wollte ich etwas zurückgeben", erklärt Andreas Lorenz seinen Antrieb.

Sein Ziel war es, die Athleten in den Westen zu holen, damit sie nicht nur in Sicherheit sind, sondern auch weiterhin ihrer sportlichen Berufung nachgehen können. Aber erst die Unterschrift des früheren Weltklasse-Stabhochspringer Sergej Bubka, der inzwischen Präsident des Nationalen Olympischen Komitee der Ukraine ist, ermöglichte einem Großteil der Nationalmannschaft die Ausreise in Richtung Schwarzwald.

Große Freude über ideale Trainingsmöglichkeiten

Bei Andreas Lorenz liefen dann weiterhin die Fäden zusammen. Die Gemeinde Dauchingen mit ihrem Bürgermeister Torben Dorn und einige Bürger sorgten schnell für Wohnunterkünfte für die jeweils fünf Bogenschützinnen und Bogenschützen – darunter auch Olympiateilnehmer – die beiden Trainern, die Generalsekretärin des ukrainischen Bogensport-Verbandes und für die zehn Familienangehörigen. Auch das Landratsamt unterstützte beim Aufnahmeverfahren wo nötig.

Auf der Anlage des BC Villingen-Schwenningen – und wenn witterungsbedingt nötig auch in der Halle der Firma Beiter in Dauchingen – können die Sportler nun täglich trainieren. Aber die Konzentration auf den bevorstehenden Weltcup im türkischen Antalya in der kommenden Woche fällt den ukrainischen Sportlern natürlich angesichts der schrecklichen Nachrichten aus der Heimat sehr schwer.

Auch Spiele der Wild Wings und der Panthers für etwas Ablenkung besucht

Wegen des Kriegsgeschehens ist es völlig offen, wann die Spitzensportler wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Andreas Lorenz hat inzwischen für das Team im Mai ein Trainingscamp in Italien organisiert, dazu auch einen Trainingslehrgang mit dem deutschen Nationalteam im Hinblick auf die EM im Juni in München.

Zuletzt hat er zur Ablenkung mit den ukrainischen Sportlern sogar Spiele der Wild Wings und der Schwenninger Basketballer besucht. Aber Ablenkung von den schlimmen Ereignissen in der Heimat – das geht für diese Sport-Elite aus der Ukraine natürlich nicht. Aber sie sind sehr dankbar für die schönen Bedingungen, die sie hier vorfinden.