Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: 22. September besonderer Tag für den Heimatpflegeverein / Ausstellung mit Umdruckgeschirr

2019 ist für die Ortschaft Bösingen ein Jahr der Jubiläen. Nach Musikverein, Albverein, Narrenzunft, Obst- und Gartenbauverein reiht sich der Heimatpflegeverein in das Ensemble der Jubelkinder ein und feiert am 22. September sein 40-Jähriges.

Bösingen. Zwar wurde der Heimatpflegeverein, der sich zuvörderst um den Erhalt der Pfarrscheuer kümmert und ein Bauernmuseum mit nicht alltäglicher Philosophie unterhält – von einem Gebrauchsgegenstand gibt es nicht nur ein Ausstellungsstück, sondern mehrere Exponate, die zum Teil eine Entwicklung aufzeigen –, am 17. März 1979 gegründet, doch den Festsonntag feiert der Verein im September.

Sonderausstellungen von 10 bis 17 Uhr setzen Anreize für Gäste, die Pfarrscheuer zu besuchen. Der Vorstand um seine Vorsitzende Bernadette Stritt plant drei Schmankerl: "Umdruckgeschirr" eines passionierten Sammlers, eine Ausstellung im Stüble "Bäuerliches Leben anno dazumal" sowie Bilder, auch von der 1000-Jahr-Feier in Bösingen, verteilt im Bauernmuseum. Außerdem können auf einem kleinen Flohmarkt "überzählige" Stücke aus dem Bauernmuseum erstanden werden. Der Erlös kommt wiederum dem Museum zugute.

Wer beim Stichwort Umdruckgeschirr fragend schaut, findet in Museumsleiter Jürgen Mansperger einen kundigen Ansprechpartner, der über ihre Faszination und Geschichte vieles zu berichten weiß. Gezeigt werden Stücke eines Sammlers aus der ersten württembergischen Steingutfirma (nach den badischen "Vorbildern" in Zell am Harmersbach (Hahn und Henne) und Hornberg), die Umdruckgeschirr in größerem Maßstab hergestellt hat: die spätere Schramberger Majolika.

Die Faistsche Steingutfabrik wurde 1820 von Isidor Faist gegründet. Er erwarb sich mit seinen Töpferwaren einen guten Ruf. 1829 schloss sich ihm Baron von Uechtritz als Partner an und änderte den Namen in Steingut- und Majolikafabrik Uechtritz und Faist. 1883 wurde die Fabrik an Villeroy und Boch verkauft. Bis 1912 setzte die Firma ihre Majolika- und Töpferwarenproduktion fort und erlangte eine gewisse Berühmtheit mit ihren Produkten.

Kaffeekränzchen mit Blum

Diese gliedern sich bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts in Biedermeierszenen: romantische Motive, Liebespaare, gar in mittelalterlichen Gewändern, Anmut und Natur, landschaftliche Szenen. Kurz: eine Freude für das Auge und Gemüt. Andererseits griffen die Hersteller schließlich aktuelle politische Entwicklungen auf, die nicht unbedingt mit den Geistesströmungen der Herrschenden konform gingen.

Ein König, Fürst oder gottesfürchtiger Untertan mit dem Herzen eines Spatzes hat sicher nicht sein Kaffeekränzchen mit Tellern, auf denen der Revolutionär Robert Blum zu sehen ist, "entweiht". Blum war ein Symbol der 1848er-Revolution, Demokrat, Anhänger einer deutschen Republik, kein Freund der Monarchie. Blum, der schließlich in Wien während der "Oktoberrevolution" anwesend war, an den Kämpfen teilnahm und am 9. November nach einem Standgerichtsurteil hingerichtet wurde.

Onkel Toms Leiden

Jener Blum, um den nach seinem Tod gar ein kleiner Kult entstand, zierte Teller, die dank der neuen, preisgünstigeren Drucktechniken (Umdruckdekortechnik) sogar den Weg in bürgerliche und kleinbürgerliche Haushalte fanden.

Ein weiteres Motiv, das bei der Ausstellung in Bösingen zu sehen sein wird, greift das Elend der Sklaverei in den Vereinigten Staaten auf, das im Roman "Onkel Toms Hütte" von Harriet Beecher Stowe 1852 eindrücklich beschrieben wird. Und, so lässt sich angesichts der Popularität des Buchs vermuten, seinen Teil zur Entstehung des amerikanischen Bürgerkriegs beigetragen hat, der mit dem Sieg der Nordstaaten und – jedenfalls de jure – der Abschaffung die Sklaverei 1865 geendet hat. Dieses Setzen von politischen Zeichen auf Teller, Tasse und Kanne hat seinen eigenen Charme und kann bei der kleinen Ausstellung am 22. September vertieft betrachtet und besprochen werden.

Bilder von 1994 und einst

Die Mehrzahl der Bösinger Bevölkerung trägt selbstverständlich noch viele Erinnerungen der 1000-Jahr-Feier anno 1994 mit sich herum. Eine Ausstellung mit Fotos und Repros von Heinrich Hölsch in der Pfarrscheuer rufen die damaligen Festivitäten in Erinnerung – quasi rechtzeitig mit Blick auf eine mögliche 1025-Jahr-Feier. Aber auch weitere Bilder aus Bösingen wollen die Betrachter erfreuen. Weiter zurück reichen die Fotos aus dem Leben von einst. Bilder und Karten aus dem Fundus von Burkhardt Schlesiger unter dem Titel "Bäuerliches Leben" (Feldarbeit) werden im Stüble gezeigt.

Altes Handwerk

Andere Attraktionen präsentieren Fachleute von 14 bis 17 Uhr: altes und aktuelles Handwerk. Klöppeln und Korbflechten, aber auch das Zeigen eines Teils der Zimmermanns-Arbeit (Aufriss) und die Fingerfertigkeiten eines Steinmetzes.

Keinesfalls vergessen werden sollte der Hinweis des Vereins, dass das leibliche Wohl an diesem Sonntag in und vor der Pfarrscheuer mitnichten unter den Tisch fällt.