Die Narrenratsfrauen haben sich dieses Jahr als Schornsteinfeger auf den Dächern umgetan. Fotos: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Bürgerball in Herrenzimmern bietet am Samstagabend abwechslungsreiches Programm.

Bösingen-Herrenzimmern - Wenn es auf den Dächern immer so zugeht, wie beim Bürgerball berichtet, könnte sich Herrenzimmern um einen Platz unter den Poesie-Destinationen bewerben. Der Burgnarr hatte allerdings Gegenargumente.

 

Jedes Ding hat eben seine zwei Seiten. Mindestens. Aber als Fastnachter weiß man das ja. Und nicht umsonst schaut der Burgnarr Andreas Bihler gelegentlich in den Spiegel. Der wusste ihm am Samstagabend nach seinen sechs köstlichen Narrenstückle, bei denen sich mancher Herrenzimmerner nicht unbedingt poetisch, sondern eher ungeschickt angestellt hatte, keinen weiteren Fauxpas mehr zu berichten. Okay, so viel Material dürfte am Feuerwehrtor auch nicht mehr sein, dass man noch eine zweite Geschichte daraus hämmern könnte...

Präsident Klaus Stern nahm den 40. Geburtstag der Narrenzunft zum Anlass, nach dem Einzug ein bisschen ausführlicher als sonst zu begrüßen. Ob er da schon wusste, dass der Zunftrat selbst dem Burgnarren ein herrliches Stückle diktiert hatte? Sei’s drum. Das Motto "Jedem zur Freud’ und niemand zum Leid" hat Priorität. Auch bei Büttel Klaus Bihl, der den Blick gerne vom Ort in Richtung Land, Bund und Welt wirft. Es darf glossiert, auch noch einmal manch wunder Punkt berührt werden. Doch dann ist die Sache erledigt.

Der Herrenzimmerner Bürgerball lieferte dieses Jahr nicht nur Stoff fürs Oberstübchen, sondern auch fürs Auge. Besagte Schornsteinfegernummer zum Beispiel, bei der die Narrenratsfrauen eine sehr poetische Choreographie aufführten. Und natürlich sind die Auftritte der Garden feste Größen. Nicht ganz so grazil, doch nicht minder unterhaltsam, sind die "Meisterjäger", die es mit den Krachledernen krachen ließen. Im richtigen Leben müssen sie auch nicht unbedingt Ballett können. Hinter der Gruppe verbirgt sich nämlich die erste Mannschaft des Fußballclubs, was dem Motto "Meisterjäger" dann doch eine besondere Note gibt. Was es noch gab: Putzfrauen und der Charme von Bechern als akustischer und Lichterscheinung – ziemlich perkussiv und ziemlich mobil.

Gleich einen Mehrakter hatten die Schlossbachfeiler vorbereitet. Die Szene spielte im Saal und auf der Bühne, Ort der Handlung war die Gegend um Kaiser Franz, dem Österreicher, nicht dem Fußballer, dem Mama Sophie endlich eine Frau andrehen wollte. Es kommt, wie es kommen muss: Die Ausersehene ist die falsche, bei Sissi dagegen, sie hat, welch drastische Umsetzung, den Kaiser in nullkommanix am Haken, schlägt Franzens Herz höher. Zwar nicht im Dreivierteltakt, doch mit dialektal österreichischer Färbung und einem herrlichen Festspiel, das tief ins Leben bei Habsburgs zuhause blicken ließ – und durch die Besetzung, vor allem der Damenrollen, besonderen Char-me bekam.