Bösingens Ehrenbürger Hermann Bantle ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Foto: Hölsch Foto: Schwarzwälder Bote

Nachruf: Mit Ehrenbürger Hermann Bantle verliert seine Familie und Bösingen eine Persönlichkeit

Bösingen. Wer Hermann Bantle besucht hat, wurde mit großer Freundlichkeit, mit einer anregenden Unterhaltung und einem wunderbaren schwäbischen Vesper verwöhnt. Der Ehrenbürger von Bösingen hat in seinem langen Leben sehr viel erlebt und geleistet, aber all dies wurde nicht in den Vordergrund gestellt.

Für das Leben geprägt hat den damals noch nicht 17-Jährigen das Ende des Zweiten Weltkriegs. Als Panzergrenadier machte er vor ziemlich genau 75 Jahren im Bayerischen Rückzugsgefechte mit. Sein Kompaniechef empfahl ihm Anfang Mai 1945, sich Zivilkleidung zu besorgen und der Gefangenschaft zu entgehen. Die Ereignisse, bis er an Christi Himmelfahrt in Bösingen angekommen war, sein Glück, die Bekanntschaft mit hilfsbereiten Menschen – all das hat er nie vergessen können.

Christlich und konservativ

Hermann Bantle war christlich und konservativ geprägt. Er besaß somit ein solides Fundament, das ihn vor Versuchungen vieler Art, in seiner Jugend und in all den Jahrzehnten danach, immunisiert hat. Damit einher ging eine Erziehung – im Elternhaus, in der Lehre und im Berufsleben –, die ihm als verlässlicher Kompass in den Fährnissen des Lebens diente.

Alfred Weiss, Bösingens Bürgermeister von 1975 bis 2015 und langjähriger Weggefährte, nicht nur auf kommunalpolitischer Ebene, sieht für Hermann Bantles Leben seine erste Arbeitsstelle bei Bizerba als prägend an. Ausgleich und Gerechtigkeit waren ihm immer ein Anliegen. Abwägendes Verhalten, Herstellen von Gleichklang – wie eine genau justierte Waage.

Hermann Bantle konnte geistreich erzählen, seine Gedanken in verständliche Worte fassen und damit seinen Gegenüber überzeugen. Er verstand es ebenso, mit Geduld zuzuhören, sich mit der Meinung des Anderen auseinanderzusetzen, sie zu akzeptieren. Er hat sich etwas sagen lassen. Diskussionen mit ihm waren angenehm, rechthaberische Worte Hermann Bantle fremd.

Mit dieser Art bereicherte er die Kommunalpolitik als langjähriger Gemeinderat und als Bürgermeister-Stellvertreter, und damit hatte er bei seinen Hobbys, aber und vor allem als Betriebsgründer und Unternehmer sehr viel Erfolg. Im Zusammenspiel mit Mitstreitern sind hervorragende Ergebnisse herausgekommen.

Seit 1951 als Mechanikermeister, gründete er 1956 zusammen mit seiner späteren Frau Hilde, die er 1957 heiratete, und seinem Bruder Hubert die Firma Gebrüder Bantle Straßen- und Tiefbau. Mit Unternehmergeist, Mut, Fleiß, Ideenreichtum, Klugheit und Weitblick formte er seine Firma zu einem erfolgreichen Unternehmen, dessen guter Ruf weit über die Kreisgrenzen hinausreicht und von seinem Sohn Georg seit 2000 weitergeführt wird.

Beliebt gemacht in Bösingen hat Hermann Bantle neben seiner angenehmen menschlichen Art sein vielfältiges Engagement im Gemeinde- und Vereinsleben. Mit großem Beifall wurde ihm der Ehrenring der Gemeinde und zu seinem 80. Geburtstag am 1. Juli 2008 die Ehrenbürgerwürde verliehen.

Ein großes Anliegen war ihm das DRK. Vor mehr als 40 Jahren taten sich die Herrenzimmerner Roland Noder und Erich Seifried, die damals im Jugendrotkreuz in Villingendorf engagiert waren, mit Alfred Weiss und Hermann Bantle zusammen und leiteten die Gründung eines eigenen Ortsvereins in die Wege. Hermann Bantle unterstützte den DRK-Ortsverein jedoch nicht nur ideell, sondern auch in vielfältiger Weise finanziell – und dies bis in die jüngere Vergangenheit.

Dank seiner tiefen Verwurzelung in den christlichen Glauben verwundert es keineswegs, dass er sich um kirchliche Belange allzeit gekümmert hat. Wurde sein Engagement, das alte Pfarrhaus in den 70er-Jahren zu erhalten (es wich für das neue), nicht belohnt, so zahlte sich sein Einsatz für die Pfarrscheuer und – als eine Folge des Kirchenneubaus – für die Marienkapelle doppelt und dreifach aus.

Marienkapelle im Herzen

Die alte Pfarrscheuer wurde nicht abgerissen, das ortsbildprägende Gebäude von Bösingen saniert (damals in erster Linie das Dach) und das jetzige Bauernmuseum zusammen mit dem langjährigen Vorsitzenden des Heimatpflegevereins, Jürgen Mansperger, aufgebaut und mit Leben erfüllt. Beachtlich.

Schließlich galten die 70er- und Teile der 80er-Jahren nicht unbedingt als eine Zeit des Erhalts, sondern standen vielmehr für Abriss und Vergessen; in diesem Fall eines oftmals harten Alltags der nicht so fernen Vergangenheit.

Hermann Bantles Hobby war die Fliegerei, die er 1968 begann und die er erst vor etwa 17 Jahren beendet hat, Herzensangelegenheit seit dem Ende der 80er-Jahre war ihm an jedem Tage seines Lebens jedoch die Marienkapelle. Federführend zusammen mit Alfred Weiss und seinem Bruder Anton Bantle wurde sie von vielen Helfern für Gotteslohn erstellt, 1987 von Weihbischof Anton Herre eingeweiht und zur Wallfahrtskirche erhoben. Sie ziert der Kirchturm des alten Bösinger Gotteshauses und sie schmücken Heiligenfiguren.

Seit dieser Zeit schloss Hermann Bantle die Marienkapelle an jedem Morgen auf – dies war sein erster Gang – und an jedem Abend wieder zu. An jedem Tag, an dem es ihm gesundheitlich möglich war. In den vergangenen Jahren fiel ihm so manches schwerer; zeitweise war er sogar auf einen Rollstuhl angewiesen.

Am Freitag vor einer Woche besuchte er mit einem Rollstuhlbus die aktuelle Baustelle der Firma Gebrüder Bantle in Bösingen und begutachtete den Fortschritt des Gebäudes für Büro und Verwaltung. Dann ging die Fahrt weiter zur Marienkapelle. Dass es Hermann Bantles letzte Fahrt zu einer großen Herzensangelegenheit für ihn wurde, wusste niemand.

In der Nacht auf Sonntag starb der allseits geachtete Ehrenbürger in seinem 92. Lebensjahr. Um ihn trauern sein Sohn und seine Tochter mit ihren Familien, darunter seine drei Enkelkinder. Und sehr viele Freunde, Bekannte und Weggefährten.

Wegen der Corona-Krise durfte jedoch nur eine ganz kleine Trauergemeinde von ihm am Mittwoch Abschied nehmen. Das Requiem wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Auf seinem Grabstein im Bösinger Friedhof ist die Marienkapelle verewigt.