Mit einem "Hauch von Anarchie" übernimmt Böhmermann im Clip das Bürgermeisteramt. Foto: Youtube/ZDF Neomagazin Royal

Jan Böhmermann provoziert in neuen Video die Stadtoberhäupter. Diese sind geteilter Meinung.

Der Satiriker Jan Böhmermann hat seinen fünften Rap mit dem Titel "Bürgermeister" herausgebracht – und bekommt dafür viel Applaus. Der Schwabo hat die Bürgermeister im Mittleren Kinzigtal nach ihrer Meinung gefragt.

Mittleres Kinzigtal - In dem zum Rap gehörigen Video ist ein korrupter Bürgermeister zu sehen, der nach einem Aufstand von Jan Böhmermann als Nachfolger abgelöst wird – und am Ende legt sich jeder die Bürgermeisterkette um. Während der Satiriker in der Internetgemeinde viel Applaus und Anerkennung für sein Werk erhält, erkennen die Bürgermeister des Kinzigtals zwar an, dass Böhmermann den Beruf des Bürgermeisters ins den Fokus stellt, finden aber auch, dass er ein falsches Bild vermittelt.

"Vom Bürgermeister an sich zeichnet der Rap ein falsches Bild", meint beispielsweise Hausachs Rathauschef Wolfgang Hermann. Das könne insbesondere bei jungen Menschen sehr negative Auswirkungen haben. "Wir Bürgermeister sind für und mit den Bürgern da. Wir möchten auch die jungen Bürger von der Kommunalpolitik begeistern. Und da kann eine solche Satire ein völlig falsches Bild vermitteln", sagt Hermann. Er ist sich aber auch bewusst: "Satire überzeichnet sehr oft, sonst wäre es keine Satire und würde nicht zu kontroverser Diskussion anregen."

Und er hat durchaus Sympathien für die Botschaft des Tracks: "Ich verstehe es so, dass die Legislative rein vom Bürger ausgeht beziehungsweise ausgehen sollte. Der Bürger ist der Souverän." Groll hegt er gegen Böhmermann keinen, im Gegenteil: Er habe durchaus Interesse daran, mit dem Satiriker über den Rap zu sprechen: "Vielleicht würden wir uns dann gegenseitig besser verstehen beziehungsweise vieles klarer werden."

"Unbestechliche Bürgermeister und freie Meinungsäußerung" – dafür setze er sich ein, erklärt Fischerbachs Bürgermeister Thomas Schneider und führt aus: "Bürgermeister gibt es in fast jeder Kultur und jedem Land der Welt. Satire und freie Meinungsäußerung nur in ganz wenigen Ländern. Korruption, kuschende Staatsanwälte und Polizisten, die durch Bürgermeister gebeugtes Recht umsetzen müssen, gibt es weltweit wahrscheinlich genügend, sind mir in meinem Umfeld aber nicht bekannt." Er wolle, dass das so bleibt. ganzen Kraft dafür ein, dass Beides so bleibt.

Appell aus Hofstetten

"Endlich wird unsere Arbeit einmal richtig gewürdigt", meint eine Gruppe junger Bürgermeister augenzwinkernd. Sie hat als "Netzwerk Junge Bürgermeister" Jan Böhmermann ihre Meinung zu seinem Rap in einem Brief zukommen lassen – unterschrieben ist er auch von Martin Almuth, dem Bürgermeister von Hofstetten. Die Gruppe versteht den Track als Appell: "Wenn euch was nicht passt, entmachtet den alten ›korrupten‹ Bürgermeister, werdet selbst Bürgermeister." und zieht daraus den Schluss: "Wir brauchen eine jüngere und diversere (Kommunal)-Politik." Und dabei sei man auf gutem Weg.

Dennoch kritisiert die Gruppe den "korrupten, alten, weißen Mann im Clip", denn er führe eine lange Reihe fort, wie Bürgermeister gesehen werden. Die Folge: "Zunehmende Beleidigungen und Bedrohungen (nicht nur) im Internet bis zum zerkratzten Auto". Der Brief endet mit den an den Refrain des Raps angelehnten Zeilen: "Steh auf, Böhmermeister, steh auf, sieh es dir an! Steh auf, Böhmermeister, sieh hin, wir sind längst dran."

"Die falschen Protagonisten"

"Ein ziemlich gut gemachtes musikalisches Brett", findet Haslachs Bürgermeister Philipp Saar. Politisches Engagement und Partizipation sind kein Geschenk für wenige, sondern eine Chance für viele", ist seiner Meinung nach die Aussage des Raps. "Allerdings sind Bürgermeister hier genau die falschen Protagonisten, sind es doch gerade wir, die versuchen die Politik vor Ort den Menschen zu erklären und auch das direkteste Feedback Wählern bekommt. Aber ich verstehe die künstlerische Herausforderung einen Reim auf ›Bundestagsabgeordneter‹ zu finden", so Saar. Bei allem Lob rät Saar aber auch, man solle das Lied nicht als " Dokumentation des Bürgermeister-Alltags zu missinterpretieren", wie er sagt. "Es kann aber gut als niederschwelliger Einstieg dienen um über Politik zu sprechen."

Unter seinem Pseudonym "Pol1z1stensohn" hatte Böhmermann 2015 mit "Ich hab Polizei" bereits einen Track über die Exekutive geschrieben. 2018 war mit "Recht kommt" die Judikative dran und mit "Bürgermeister" will er sich nun an die Legislative richten.