Fast im Minutentakt fliegt der Pilot den Ladeplatz an, um den Korb mit Kalk zu füllen und die nächste Runde zu drehen. Foto: Zieglwalner

Nur knapp über den Baumkronen fliegt ein Hubschrauber und zieht enge Kreise. Aus einem an Stahlseilen hängenden Korb fliegen Staubwolken heraus. Fast im Minutentakt kehrt der Helikopter an die Wegkreuzung im Germanswald zurück, um den Behälter aufzufüllen und die nächste Ladung auszubringen: Das Forstamt Villingen-Schwenningen nimmt eine Bodenkalkung in Angriff.

Villingen-Schwenningen - Ziel sei es, mit dem Kalk der Versauerung der Waldböden entgegenzuwirken, erläutert Forstamtsleiter Tobias Kühn. Die gegen 1850 einsetzende industrielle Revolution habe ihre Spuren im Wald hinterlassen. Das beim Verbrennen von Öl und Kohle entstehende Schwefeldioxid verwandle sich in Verbindung mit Wasser zu Schwefelsäure, die mit dem Regen in den Boden eindringen. Auch Stickoxide setzten dem Wald zu, erläutert Kühn. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Bodenschutzkalkungen den pH-Wert erhöhen und damit den Zustand verbessern können. So setze das Forstamt seit den 80er-Jahren auf eine Kalkung der granithaltigen Böden, die besonders von der Säure angegriffen seien, im Gegensatz zum kalkreichen Erdreich Richtung Schwenningen und Baar.

Mit dem diesjährigen Einsatz sei der dritte Durchgang auf allen entsprechenden Flächen im Abstand von zehn Jahren abgeschlossen, erklärt Revierleiter Christoph Vögele. In acht Jahren gebe es Bodenproben, um zu schauen, ob die Aktion erfolgreich gewesen oder eventuell eine vierte Kalkung notwendig sei. Ziel sei es, einen Bodenzustand wie vor der Industrialisierung zu schaffen. Als Projektleiter hat er die Planung in die Hand genommen und die Aktion seit rund vier Jahren vorbereitet. Gelte es doch, detaillierte Karten zu erarbeiten, auf welchen Abschnitten der Kalk auszubringen ist. Biotope, Moore oder fürs Auerwild geeignete Standorte seien auszusparen. Absprachen mit der Stadtwerke Villingen-Schwenningen GmbH (SVS) als Trinkwasserversorger und dem Landratsamt seien ebenso erforderlich. Und dann gehe es mit der ausführenden Firma an die Abstimmung der Arbeiten. Beispielsweise seien im Vorfeld die Lande- und Auftankplätze für den Hubschrauber festzulegen und auch mal im Weg stehende Bäume zu fällen, stellt Revierleiter Jörg Hammes fest.

Fördergelder fließen

Nicht zum ersten Mal ist die Helix Fluggesellschaft mbH in Villingen-Schwenningen im Einsatz, die auf solche Flüge spezialisiert ist. Seit 40 Jahren sitzt Uwe Schmid im Cockpit und steuert den Eurocopter AS 350 sicher über die Baumwipfel hinweg. Immer untergehängt der Streukübel, der rund eine Tonne Kalk fasst und den Kalk auf den Wald rieseln lässt. GPS-Karten zeigen ihm, über welchem Gelände er das Material ausbringen muss, und dokumentieren zudem die abgeladene Menge. Denn das Forstamt muss die Kalkung der Flächen nachweisen, fördern die EU und das Land die Aktion doch mit 70 Prozent.

Für die 1021 Hektar an Waldflächen, die dieses Jahr an der Reihe sind, fallen Kosten von gut 406 000 Euro an, nennt Vögele die Zahlen. Zum einen handle es sich um reines Dolomit, für das rund 290 Euro je Hektar abfallen. Bei 490 Euro je Hektar liege der Betrag für ein Gemisch aus Dolomit und Holzasche, die bei besonders angegriffenen Böden mit Spurenelementen wie Phosophor und Kalium angereichert ist.

Pilot im Dauereinsatz

155 Sattelzüge seien notwendig, um den Kalk anzuliefern, führt Vögele die Dimension vor Augen. An die 25 Tage benötige Helix für diesen Auftrag. Es gebe Tage, an denen er nicht abheben könne, erzählt Schmid, wenn die Sicht zu schlecht oder der Wind zu stark sei. Bei guten Bedingungen ist er mit seinem Team acht Stunden auf den Beinen beziehungsweise in der Luft. Der eine Kollege sei für die Organisation zuständig, kümmere sich um die Technik und das Auftanken den Hubschraubers. Und der Fahrer des Radladers sei für das Befüllen des Streukübels zuständig. Der ist ständig gefragt: Rund eine Minute benötigt Schmid, um die Tonne Kalk in engen Kurven über die Bäume zu streuen. Schon kehrt er unter ohrenbetäubendem Lärm wieder an den Ladeplatz zurück, setzt den Behälter auf dem Boden auf, erhält in Sekundenschnelle Nachschub und hebt wieder ab, um eine riesige Staubfahne über den Wald zu ziehen.