Übergewicht fördert Bluthochdruck - auch bei Kindern. Foto: Fotolia

Wird ein hoher Blutdruck erst nach einigen Jahren entdeckt, hat er die Gesundheit oft schon nachhaltig beeinträchtigt. Gerade bei Kindern passiert dies häufig. „Bluthochdruck wird bei ihnen viel zu wenig ernst genommen“, sagt Renate Oberhoffer, Professorin für Präventive Pädiatrie an der TU München.

Wird ein hoher Blutdruck erst nach einigen Jahren entdeckt, hat er die Gesundheit oft schon nachhaltig beeinträchtigt. Gerade bei Kindern passiert dies häufig. „Bluthochdruck wird bei ihnen viel zu wenig ernst genommen“, sagt Renate Oberhoffer, Professorin für Präventive Pädiatrie an der TU München.

Ingolstadt - Gefäße und Organe werden irreparabel geschädigt, das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle ist sehr groß: Wird ein hoher Blutdruck erst nach einigen Jahren entdeckt, hat er die Gesundheit oft schon nachhaltig beeinträchtigt. Gerade bei Kindern passiert dies häufig. „Bluthochdruck wird bei ihnen viel zu wenig ernst genommen“, sagt Renate Oberhoffer, Professorin für Präventive Pädiatrie an der Technischen Universität München.

Dabei hat er bei ihnen ähnliche Ursachen wie bei Erwachsenen: Neben einer genetischen Veranlagung ist Übergewicht ein wichtiger Faktor. „Unsere Lebensgewohnheiten haben sich geändert“, sagt Oberhoffer. „Wir bewegen uns zu wenig.“ Hinzu kommt ungesunde Ernährung: Vor allem größere Kinder essen gern stark gesalzene, fettreiche Speisen wie Pommes oder Pizza, außerdem trinken viele koffeinhaltige Energy-Drinks. All das geht aufs Kalorienkonto. Salz und Koffein treiben den Blutdruck in die Höhe.

Auch Rauchen – ob aktiv oder passiv – Schlafstörungen sowie Nierenerkrankungen können zu Bluthochdruck führen. Eventuell wirke sich auch Dauerstress in der Schule negativ aus, sagt Oberhoffer. Daneben spielen Medikamente eine Rolle, allen voran Methylphenidat (bekannt unter dem Handelsnamen „Ritalin“). Es wurde in den vergangenen Jahren immer häufiger gegen Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) verschrieben und kann zu deutlichen Blutdrucksteigerungen führen, sagt der Kinderkardiologe Martin Hulpke-Wette. Er hat in Göttingen eine Präventionspraxis für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen.

Wird Bluthochdruck zu spät erkannt, sorgt er für dauerhafte Schäden

Experten wie er befürchten, dass vier bis fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland einen zu hohen Blutdruck haben könnten. Die alarmierenden Zahlen sind aus der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland abgeleitet.

Gefährlich ist ein hoher Blutdruck vor allem wegen der Folgen: „ Arteriosklerose, also Gefäßverkalkungen, sind das Problem“, sagt der Kinderkardiologe Martin Hulpke-Wette. Neben Übergewicht, Rauchen, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen erhöht Bluthochdruck das Risiko für Gefäßverkalkungen nämlich entscheidend: Wenn das Blut – wie bei einem zu prall gefüllten Schlauch – mit hohem Druck durch die Arterien gepresst wird, können auf Dauer Risse an der Gefäßinnenhaut entstehen. An diesen haften sich leicht Ablagerungen an, so dass die Gefäße nicht mehr so beweglich sind und sich zudem verengen. Langfristig werden die Organe schlechter mit Sauerstoff versorgt und dadurch geschädigt.

Hulpke-Wette behandelt etwa 500 Kinder mit Bluthochdruck pro Quartal. „Bei etwa der Hälfte sehe ich Organschäden.“

Wichtig sei, solche Probleme früh zu erkennen und zu behandeln: „Wenn man bei einem Zwölfjährigen mit Arterienveränderungen gegen die Ursachen vorgeht, zum Beispiel das Übergewicht bekämpft und die Eltern zum Rauchen auf den Balkon schickt, normalisiert sich der Zustand nach etwa drei Jahren wieder. Bei einem Erwachsenen bilden sich solche Veränderungen dagegen nicht mehr ohne Weiteres zurück“, sagt Hulpke-Wette.

Bei Kindern wird selten Blutdruck gemessen

Bei manchen Kindern macht der Bluthochdruck keinerlei Beschwerden. Oft aber gibt es typische Symptome, die Eltern alarmieren sollten: plötzliches Nasenbluten, Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindel. Mitunter sind die Kinder auch besonders unruhig: „Konzentrationsstörungen sind nämlich nicht immer ein Zeichen von ADHS, sondern können auch durch Bluthochdruck bedingt sein“, sagt Hulpke-Wette.

Betroffene Kinder müssen nicht gleich Medikamente nehmen: In leichteren Fällen reicht oft schon eine Änderung des Lebensstils. In der Regel bedeutet das viel Bewegung und gesunde Ernährung. Erst dann, wenn Organschäden drohen, werden Blutdrucksenker wie ACE-Hemmer (z.B. „Ramipril“) verordnet.

Kinderkardiologe Hulpke-Wette warnt angesichts dieser Entwicklung vor immensen Kosten für das Gesundheitssystem. Als Beispiel nennt er einen 26-jährigen Feuerwehrmann aus Göttingen. Als Folge eines unbehandelten Bluthochdrucks sind seine Nieren so schwer geschädigt, dass er als Ersatz auf Dialyse zur Blutreinigung angewiesen ist. Allein dafür beliefen sich die Behandlungskosten auf rund 50 000 Euro pro Jahr. „Da ist es wesentlich billiger, Prävention bei Kindern zu betreiben.“

Dazu gehören seiner Meinung nach vor allem häufigere Blutdruckmessungen: Bislang sei das Messen nur bei zwei Vorsorgeuntersuchungen vorgesehen, nämlich bei der U 8 (im Alter von vier Jahren) und J1 (zwischen 12 und 14 Jahren). Hulpke-Wette fordert dagegen zumindest eine Messung pro Jahr. Außerdem wünscht er sich, dass jeder Sportverein mit einem Messgerät ausgestattet wird, um dort regelmäßig den Blutdruck zu messen.