Müssen Wildschweine im Winter gefüttert werden oder sollte in Kauf genommen werden, dass schwache Tiere in strengen Frostperioden verenden können? Die Meinungen darüber sind geteilt. Foto: SB-Archiv

Kritik von Hegeringleiter am geplanten Fütterungsverbot stößt Landesnaturschutzverband auf.

Blumberg - Ist die Fütterung von Wild im Winter überflüssig oder bei strengem Frost eine Notwendigkeit? Der Blumberger Hegeringleiter Ekkehard Jeserich ist ein Befürworter. Seitens des Landesnaturschutzverbandes erntet er dafür jedoch reichlich Kritik.

In unserer Ausgabe vom Mittwoch hatten wir über ein zwei Monate altes Wildschwein berichtet, dass Jeserich verhungert und schon halb aufgefressen in seinem Revier unterhalb der Eichberghalde in Achdorf gefunden hatte. Dass so etwas im Winter vorkommt, weiß auch er. In diesem Zusammenhang kritisiert der Hegeringleiter aber auch die Pläne der grün-roten Landesregierung, die Wildfütterung im Winter künftig gänzlich zu verbieten.

Im bestehenden Landesjagdgesetz ist eine solche Fütterung bislang zwischen dem 1. Dezember und dm 31. März in Notzeiten vorgeschrieben. Was aber sind Notzeiten? Daran scheiden sich die Geister, bei Naturschützern, Poltikern und Jägern. Nicht wenige Jäger sagen Notzeit ist, wenn anhaltend strenger Frost herrscht und ein halber Meter Harschschnee liegt, an dem sich die Tiere die Läufe verletzen. Längerer Frost unter minus zehn Grad, sagt Ekkehard Jeserich, ist es auch schon und führt zudem den Schutz vor dem Verbiss von jungen Baumbeständen als Begründung an.

Aufgrund des Berichtes des Schwarzwälder Boten, meldete sich gestern der Forstliche Referent des Landesnaturschutzverbands Baden-Württemberg, Wolf Hockenjos mit einer Stellungnahme zu Wort. Er schreibt:

"Hegeringleiter Ekkehard Jeserich ist sich nicht zu schade, den Fund eines verendeten Frischlings zum Anlass einer Breitseite gegen die Novellierung des Jagdgesetzes und das geplante Fütterungsverbot zu nehmen. Der Bericht schildert das Schicksal eines jungen Wildschweins auf das Herzergreifendste: War der Kadaver doch bereits ›vom Fuchs zum Teil gefressen‹, ›abgemagert, die Augen eingefallen‹, und auch die Kolkraben kreisten schon über ihm. Zu allem hin lebte wohl auch seine Mutter nicht mehr. Wenn das mal nicht auf die Tränendrüsen des Zeitungslesers drückt!

Als ob der Winter in der Evolution nicht seit ewigen Zeiten ein unerlässlicher, wenn nicht sogar der wichtigste Regulator von zur Massenvermehrung neigenden Wildtierarten gewesen wäre! Da beklagt man sich landauf landab über die Wildschweinplage, derer die Jägerschaft nicht mehr Herr wird, weil der Maisanbau überhand nimmt und die Winter (bis auf diesen Februar) auch nicht mehr das sind, was sie mal waren – und jetzt also dies.

Wie anders sollen eigentlich Kolkraben, Bussarde und Füchse über den Winter kommen, wenn sie gelegentlich nicht auch auf einen Kadaver stoßen? Wird die ›Hege‹ von dem ›erfahrenen Jäger und Biologen‹ Jeserich hier nicht doch ein bisschen gar zu unbiologisch ausgelegt? Von Konrad Lorenz, dem großen Verhaltensforscher, stammt das Wort von der ›Verhausschweinung‹. Er zielte damit zwar auf den Menschen, es umschreibt aber sehr zutreffend auch das Schicksal allzu vermenschlichend ›gehegter‹ Wildtiere. Es wird Zeit für ein entschlacktes, ökologisch orientiertes Jagdgesetz, in welchem auch der Begriff der ›Hege‹ neu gefasst wird."