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Produktion wird eingestellt / Reinhold Strecker hat rechtzeitig gehandelt

Gruppen von leise dahin schwebenden Segway-Fahrern kennt in Blumberg eigentlich jeder. Gehört dieses Bild bald schon der Vergangenheit an? Die Produktion der Gefährte wird im Juli eingestellt. Reinhold Strecker vom Segway-Touranbieter SeWaTo gibt sich jedoch gelassen.

Blumberg. Bei seiner Vorstellung vor bald 20 Jahren wurde das futuristische Zweirad groß gefeiert und gelobt. Es sollte die Mobilitätsbranche revolutionieren. Durchgesetzt hat es sich aber nie wirklich. Erfunden worden war es von dem Amerikaner Dean Kamen ursprünglich als elektrischer Rollstuhl. Nachdem der erste Segway 2001 vom Band gerollt war, verkündete das gleichnamige US-amerikanische Unternehmen nun das Aus der Gefährte und stellt die Produktion des per Gewichtsverlagerung steuerbaren Zweirads zum 15. Juli dieses Jahres ein. Der Grund: Die Absatzzahlen blieben weit hinter den Erwartungen zurück. In Summe wurden in 19 Jahren statt der geplanten Millionenstückzahlen nur etwa 140 000 Geräte verkauft. Für Touristen und Firmen ist es allerdings ein beliebtes Eventfahrzeug geworden.

Einer der Anbieter solcher Touren ist das in Blumberg ansässige Büro SeWaTo, das von Reinhold und Alexandra Strecker vom Reisebüro Holidayland Strecker geführt wird.

Größter Tourenanbieter

SeWaTo ist mit seiner Flotte von aktuell 35 Segways der größte Anbieter von geführten Segway-Touren in Baden-Württemberg. Im Angebot sind mehr als zehn verschiedene Touren durch den Schwarzwald, die Schweiz oder am Bodensee, die den Fahrern laut Anbieter ein "erschwebendes Erlebnis" versprechen. Inhaber Reinhold Strecker zeigt sich über die aktuelle Meldung aus den USA wenig überrascht und zugleich unbesorgt.

Ersatzteile besorgt

"Aus Insiderkreisen wissen wir schon seit etwa 18 Monaten, dass das Unternehmen Segway über diesen Schritt nachdenkt." Die Branche sei daher gut auf das Produktionsende vorbereitet und konnte die kritischen Themen wie Reparaturen und Ersatzteilversorgung sicherstellen. Viele Touren-Anbieter und Segway-Verleiher wie auch SeWaTo selbst hätten sich schon länger eine eigene Werkstatt sowie das entsprechende technische Wissen rund um die Geräte aufgebaut und arbeiteten schon seit geraumer Zeit weitestgehend autark, so der Betreiber.

So können die Fahrzeuge selbst gewartet und meistens zügig repariert werden, wenn mal etwas kaputt geht. Gängige Verschleißteile aus den Bereichen wie Kupplung und Antrieb werden über ein 3D-Druckverfahren sogar bereits selbst hergestellt. Und auch für die stark beanspruchten Akkus der Fahrzeuge gibt es inzwischen Ersatzmodelle, die deutlich über die Leistung der Originalteile hinausgehen. "Die Geräte sind jedoch insgesamt relativ problemlos und sehr robust, es geht wirklich wenig kaputt." Wie bei einem Flugzeug auch, haben die Fahrzeuge zwei redundant arbeitende Computer, so dass beim Ausfall eines Rechners der zweite sofort einspringen kann.

Lediglich bei komplexeren Elektronikproblemen, die nur gelegentlich vorkämen, sei man auf die Unterstützung durch externe Anbieter angewiesen, wie Reinhold Strecker erklärt. Doch auch hier gibt es insbesondere in Deutschland und der Schweiz Spezialisten, die Abhilfe schaffen können.

Stabile Flotte vor Ort

Vor diesem Hintergrund bewertet SeWaTo das Ende der Herstellung der Geräte als eher unkritisch. Die bestehende Flotte enthält ausschließlich Geräte der Baujahre 2006 bis 2010. Diese Generation der Fahrzeuge gelte als die stabilste innerhalb der rund 20-jährigen Produktionszeit, da sie noch nicht unter dem Druck der Kosteneinsparung entwickelt und produziert wurden, die ab 2012 im Rahmen mehrerer Eigentümerwechsel das Unternehmen beherrscht habe, so Strecker. Die Geräte werden daher nicht in regelmäßigem Turnus durch neuere Nachfolgemodelle ausgetauscht, sondern werden lediglich intensiv gewartet. Dadurch behalten sie ihre Leistungsfähigkeit, und dem Fahrspaß auf den schwebenden Gefährten steht nichts im Wege.

Anstieg bei der Nachfrage

Dies gilt nun auch wieder in Zeiten der aktuellen Corona-Pandemie, worüber Reinhold Strecker sichtlich erleichtert ist. Nachdem von März bis einschließlich Juni quasi vier Monate Stillstand herrschte, in denen der Betreiber sonst wöchentlich im Schnitt etwa 200 Gäste bediente, dürfen die Segways aufgrund der gestatteten Lockerungen nun endlich wieder rollen. "Seit 14 Tagen verzeichnen wir einen deutlichen Anstieg bei den Touren-Anfragen und Buchungen", so der Betreiber. "Auch das Geschäft mit den Firmenkunden aus der näheren und weiteren Umgebung sowie der Schweiz zieht wieder an." Früher hätten die Leute mit mehr Vorlauf gebucht, aktuell erfolgten viele Anfragen eher spontan.

Spürbarer Umsatzeinbruch

Die verlorenen vier Monate sind nicht mehr aufzuholen und hinterlassen eine Pandemie-Delle im Geschäftsverlauf, da die Segway-Fahrten vornehmlich ein Vergnügen bei schönem Wetter in den Sommermonaten bis in den Herbst hinein sind. Insgesamt sei die Entwicklung des Tourengeschäfts von SeWaTo seit Beginn vor zwölf Jahren jedoch ständig positiv und wachsend, sagt Reinhold Strecker. Seine zwölf Tourguides warten darauf, ihren Gästen wieder ein besonderes schwebendes Erlebnis zu ermöglichen.

Der Segway Personal Transporter (PT) wurde von Dean Kamen erfunden und rollte 2001 erstmals vom Band. Der US-amerikanische Unternehmer und Erfinder fährt solch ein Originalmodell, wie auch noch eines in der SeWaTo-Sammlung enthalten ist, bis heute selbst.

Der legendäre Visionär ist eine wahre Erfinderlegende und gilt ein Stück weit als Daniel Düsentrieb der heutigen Zeit. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Dinge zu erfinden, die der Menschheit dienlich sind. So sollte der Segway vor allem Menschen mit körperlichen Einschränkungen wie beispielsweise Hüftproblemen, Asthma oder Herzproblemen helfen, trotz der Einschränkungen selbstständig mobil zu sein. Vor dem Segway PT hatte Kamen bereits den innovativen Elektrorollstuhl iBot erfunden, der Treppen steigen und seinen Benutzer auf Augenhöhe mit stehenden Personen heben kann.

Zu den wegweisenden Errungenschaften innerhalb seiner Erfindungen zählen unter anderem auch ein mobiles Dialyse-System, eine Maschine zur Trinkwasser-Aufbereitung aus fast allen Flüssigkeiten wie auch Urin oder Abwasser sowie eine Armprothese mit künstlicher Intelligenz.