Abwasserstreit: Verwaltungsgerichtshof gibt Kläger Recht / Urteil für Bad Herrenalb womöglich Präzedenzfall

Blumberg (hon). Seit 36 Jahren kämpft der Blumberger Dietrich Kuntz gegen in seinen Augen ungerechte Abwasserbeitragsbescheide. Und seit 1982 betreut der einstige Blumberger FDP-Gemeinderat nicht nur Blumberger Bürger, die Abwasserbeitragsbescheide nicht bezahlen wollen und den Rechtsweg eingeschlagen haben.

Mit einem vor Kurzem ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg sieht er sich zwar noch nicht am Ende seines jahrzehntelangen Einsatzes gegen "Behördenwillkür", doch ein wichtiges Etappenziel sei erreicht. Die Mannheimer Richter haben in einem Fall aus Bad Herrenalb festgestellt, dass die "erstmalige Festsetzung eines Abwasserbeitrages nach mehr als zwei Jahrzehnten unzulässig ist", so das Gericht in einer Pressemitteilung. Das sei eine "180-Grad-Wende des VGH", sagt Kuntz.

Und was bedeutet das Urteil für Blumberg? Dietrich Kuntz erklärt lächelnd: Klar sei jetzt, dass "alle Bescheide seit 1982 aus heutiger Sicht rechtswidrig sind" und die Stadt die vielen Prozesse gegen Bürger, die den Rechtsweg beschritten hatten, zu Unrecht gewonnen habe. Für ihn liegt es deshalb jetzt im Ermessen des Blumberger Gemeinderates, ob die bereits bezahlten Beiträge zurückerstattet werden oder nicht. "Die Beratung und die Beschlussfassung darüber muss zwingend in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung erfolgen", fordert Kuntz. Im oberschwäbischen Aulendorf hätte die Stadt im Sinne ihrer Einwohner gehandelt, also die Beiträge zurückerstattet, weiß Kuntz, und in Heidelberg sei das den Bürger in Aussicht gestellt worden. In Blumberg könnten Bürger aus Riedböhringen, Randen, Epfenhofen und Fützen womöglich von der neuen Sichtweise des VGH profitieren.

Die Verwaltungsrichter berufen sich bei ihrer Entscheidung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2013. Die Männer und Frauen in den roten Roben haben damals geurteilt, dass im Kommunalabgabengesetz eine zeitliche Höchstgrenze bestimmt sein muss, wenn Abgaben erhoben werden – genau das war aber generell nicht üblich. Und zwar nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in nahezu allen Bundesländern in Deutschland. Viele Bundesländer, so Kuntz, hätten inzwischen nachgebessert, in Baden-Württemberg stehe das aber noch aus. Das Urteil ist somit auch als Handlungsauftrag an den Gesetztgeber, also den Stuttgarter Landtag zu verstehen. Die CDU werde sich in Kürze bei einer Klausurtagung mit dem Thema auseinandersetzen, hat Kuntz in Erfahrung gebracht.

Und wie beurteilt Blumbergs Bürgermeister Markus Keller die neue Rechtslage nach dem Urteil zu Bad Herrenalb? Können Bürger in den oben genannten Teilorten sich Hoffnung darauf machen, bald eine Überweisung aus dem Rathaus auf ihrem Konto zu finden? Der Verwaltungschef lässt seinen Kämmerer Jürgen Fischer antworten: "Auf Ihre Anfrage müssen wir leider mitteilen, dass wir uns nicht zu Sachverhalten die Stadt Bad Herrenalb betreffend äußern." Keine Antwort ist auch eine Antwort.