Noch nicht laufen können, aber schon einen Orden an der Babybrust: Landvogt Raily Mink zeichnet mit Ferdinand in den Armen seiner Mutter Hannah Schaller den jüngsten Zollhauser Narren aus. Während des Auftritts des Fanfarenzugs trägt der kleine Mann Kopfhörer. Fotos: Niederberger Foto: Schwarzwälder Bote

Pfetzergericht: Manuel Müller will kein Leichtmatrose sein / Urteil: Magen-Darm-Massage

Der Volksmund weiß: "Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand." Das gilt erst recht für das hochlöbliche Zollhauser Pfetzergericht, vor dem sich Dienstag Manuel Müller vor großer Kulisse verantworten musste.

Blumberg-Zollhaus (hon). Der Physiotherapeut weiß jetzt, weshalb sich die Parallele aufdrängt: Denn im Zollhauser Gerichtssaal schwankte der Boden und der Wind der Anklage blies ihm hart und von vorne ins Gesicht.

Doch Müller ließ sich nicht zum Leichtmatrosen machen. Mit frechen Zwischenrufen wehrte er sich tapfer wie ein Fregatten-Kapitän, um letztendlich aber doch zu kentern, sprich verurteilt zu werden. Doch so kennen wir unsere Pfetzer: Ganz anders als die ordentliche Gerichtsbarkeit kennen sie keine Gnade.

Wortgewaltig die Anklage durch Werner Waimer, für den der in Sträflingskluft gekleidete Müller der "Florian Silbereisen unter den Masseuren" ist und bei dem es sich um einen "Loschore allergrößten Kalibers" handele. Der "Wunderheiler" sah sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Er habe die ehrenwerten Zollhauser ständig als Zollhäusler oder Zollhiesler tituliert. Das gehe gar nicht – denn sonst könnte man Friedhelm Friker auch einen Riedböhringer nennen.

Der zweite Anklagepunkt ist die Vortäuschung falscher Tatsachen. Denn Müller habe eine Freundin, die ebenfalls Müller heiße. Warum? "Ganz klar, man spart sich so die Hochzeit." Aber für Autos, da habe er Geld. Der Delinquent fahre, so informierte Waimer, dasselbe Modell wie der "Blumberger Ortsvorsteher Keller". Außerdem müsse Müller wegen der Vorkommnisse bei seiner Ladung zur Rechenschaft gezogen werden. Denn beim ersten Versuch riskierte der Fanfarenzug eine Anzeige wegen nächstlicher Ruhestörung und musste unverrichteter Dinge wieder abziehen. Als es dann endlich klappte, seien die Pfetzer hinterlistig in Müllers Kellerbar gelockt und mit grausigem Zitronenlikör betrunken gemacht worden, um ein mildes Urteil zu erpressen.

Bei solch schändlichen Taten hatte es Fürsprecher Thomas Volz extrem schwer, seinen Mandanten zu entlasten. Sein wichtigstes Argument: Müller brauche einen so schnellen Wagen, da er grundsätzlich über jede rote Ampel fahren müsse. Das habe aber einen guten Grund: So sammele er Punkte für die abstiegsgefährdeten Fußballer des TuS Blumberg.

Doch letztendlich kam es so, wie es bei den Pfetzern kommen muss: Der Angeklagte wurde abgeurteilt. Müller darf zwar seine Kellerbar behalten, muss aber Zunft und Fanfarenzug zu einem ordentlichen Fest in seine Räumlichkeiten einladen. Und dabei erhalten alle Anwesenden eine Magen-Darm-Massage, bei der Bier und Bratwürste zur Anwendung kommen. Mit diesem Urteil sollte Müller leben können. Der "Physiodingsbums" weiß nach der Verhandlung im Pfetzer-Narrennest, wie es um die Gerichtsbarkeit in Deutschland bestellt ist: "Wer vom Gericht bringt heile Haut, der mag wohl jauchzen überlaut."

Der närrische Frühschoppen der Pfetzerzunft ist zugleich Rahmen, verdiente Mitglieder zu ehren. Die Pfetzer zeichneten Rolf-Peter Urbanke mit ihrem Verdienstorden aus. Er ist seit 1976 Pfetzer und hat den Narrenverein in der Vergangenheit zum Beispiel als Säckelprüfer und Zunftschreiber unterstützt. Mit dem Minipfetzerorden wurden Anja Blank und Tim Wölfle, er spielt die kleine Trommel im Fanfarenzug, ausgezeichnet. Der Pfetzerorden ging an Lisa Vetter und Pia Fischer. Klaus Selb bekam von Landvogt Raily Mink den Silberorden der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee überreicht.