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Wie die Abwasserbeseitigung in Blumberg und den Ortsteilen funktioniert

Die Abwasserbeseitigung ist ein Dauerbetrieb an 365 Tagen im Jahr, der keine Ferien oder Urlaub kennt.

Blumberg. Während derzeit viele unter der großen Hitze ächzen, hat der Hochsommer für Blumbergs Kläranlagen mitunter auch positive Effekte.

Siebanlage fängt Grobstoffe

Dem Abwasser werden nach Ankunft im Klärwerk zunächst störende Grobstoffe über eine Siebanlage sowie mineralische Stoffe und Schwimmstoffe über einen Sand- und Fettfang entnommen, bevor zum Abschluss der mechanischen Reinigung im Vorklärbecken eine weitere Abscheidung von Sink- und Schwimmstoffen erfolgt.

In der biologischen Reinigungsstufe sorgen Mikroorganismen im Belebungsbecken dann für den Abbau von Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen und ahmen in konzentrierter Form den natürlichen Selbstreinigungsprozess der Gewässer nach. Diese Bakterien und Kleinsttiere kommen bei höheren Temperaturen richtig in Fahrt, während sie im Winter deutlich träger sind.

Im Faulturm mehr Gas

Im Faulturm sorgen sie dadurch auch für eine gesteigerte Produktion an Methangas, das vollständig im 2016 neu errichteten Blockheizkraftwerk der Achdorfer Kläranlage verwertet wird, wie Abwassermeister Dieter Schmidl im Gespräch erklärt. Zudem schonen Durchlaufzeiten von elf Stunden bei Trockenheit im Vergleich zu neun Stunden bei Regenwetter die hydraulischen Einrichtungen der Anlage. Dem gegenüber steht allerdings ein höheres Spülaufkommen bei den Kanälen, die zum Großteil als Mischsystem von Abwasser und Oberflächenwasser ausgelegt sind.

In Trockenperioden fehlt somit der Anteil des Regenwassers. Auch Geruchsprobleme treten an warmen Tagen zeitweise verstärkt auf, halten sich insgesamt jedoch in Grenzen.

Für 25 800 Einwohnerwerte

Die Kläranlage in Achdorf ist für 25 800 Einwohnergleichwerte ausgelegt, wobei derzeit etwa 10 000 Einwohner aus der Kernstadt, den Ortsteilen Achdorf, Riedböhringen, Hondingen, Riedöschingen und Kommingen sowie der Wutacher Teilorte Münchingen und Ewattingen angeschlossen sind. Etwa 9000 Einwohnergleichwerte entfallen auf Gewerbetreibende, der Rest dient als Reserve für Neubau- und Industriegebiete.

Zweites Klärwerk in Fützen

In Fützen betreibt die Stadt Blumberg eine weitere eigene Kläranlage, die für etwa 2300 Einwohnergleichwerte ausgelegt ist, wovon zirka die Hälfte durch Einwohner aus Fützen, Epfenhofen und Randen ausgelastet ist. Die Teilorte Neuhaus und Nordhalden sind an die Kläranlage Oberes Bibertal der Stadt Tengen angeschlossen.

Elf Regenüberlaufbecken

Das Einzugsgebiet der Blumberger Kläranlagen umfasst elf Regenüberlaufbecken mit insgesamt etwa 2700 Kubikmetern Stauvolumen, sieben Pumpwerken, 120 Kilometern Kanalnetz sowie etwa 3300 Kanaldeckeln. Auch wenn das Aufkommen an Klärschlamm im Hochsommer aufgrund von Betriebsferien und Urlaubszeit geringer ist, haben Dieter Schmidl sowie seine Mitarbeiter Henry Hille, Markus Binninger und Peter Waffenschmidt alle Hände voll zu tun, denn die Arbeit in der Kläranlage läuft 365 Tage im Jahr und erfordert auch am Wochenende sowie an Feiertagen eine Dauer-Bereitschaft, da jederzeit Störungen auftreten können.

Zahlreiche Feuchttücher

Besonders häufig haben dem Team und der Kläranlage in den vergangenen Jahren Feuchttücher im Abwasser zu schaffen gemacht. Zeitweise gab es deswegen bis zu zweimal täglich eine Störung, die Entstopfungen erforderten, weshalb extra ein Pumpwerk umgebaut wurde. Dank einer neuen Siebanlage mit einer Spaltbreite von vier Millimetern, die den bisherigen, zur Überholung angestandenen Rechen mit sechs Millimetern Spaltbreite ersetzt, konnte das Problem weiter reduziert werden. Dennoch ruft Dieter Schmidl die Einwohner dazu auf, keine Feuchttücher in der Toilette zu entsorgen, sondern im Müll.

Kontrolle der Anschlüsse

Aktuell steht die Anbindung des letzten großen Regenüberlaufbeckens in Riedböhringen an die zentrale Anlage an. Die Anbindung der Becken hat auch im Havariefall den Vorteil, dass schnell reagiert und die Verbindung geschlossen werden kann, um eine Verunreinigung der gesamten Kläranlage zu verhindern. Zudem prüfen die Mitarbeiter derzeit vermehrt Hausanschlüsse und können betroffene Haushalte mit fehlerhaften Anschlüssen mit einem angeschafften Nebelgerät bei der Problembehebung unterstützen. Dieses Gerät ermöglicht Einwohnern auch Hilfestellung, wenn Unsicherheiten bei der Ermittlung der Flächenanteile der versiegelten Flächen zur Angabe für die gesplittete Abwassergebühr bestehen. Bis Jahresende erhält die Kläranlage noch ein neues Gebläse für 15 000 Euro sowie eine spezielle Pumpe zur Erneuerung der Kammerfilterpresse für etwa 35 000 Euro.

Komplexe Beseitigung

Die Abwasserbeseitigung ist eine sehr vielfältige Aufgabe, die Kenntnisse verschiedenster Disziplinen wie Elektronik, Mechanik und Analytik erfordert und mit vielen Schnittstellen in Kontakt ist. Besonders hebt Dieter Schmidl die gute und sehr intensive Zusammenarbeit mit dem Tiefbauamt unter der Leitung von Ramona Weißhaar hervor. Die Eigenkontrollverordnung schreibt das Abfahren der gesamten Kanalisation innerhalb von 15 Jahren vor. Für Blumberg bedeutet dies, dass jährlich etwa acht bis zehn Kilometer Kanalstrecke durch Fremdfirmen zunächst gespült und dann mit einer Kamera inspiziert werden, um Schäden zu ermitteln, die schließlich in Sanierungsvorschlägen münden. Zusätzlich dazu werden etwa zehn Prozent der Kanäle gespült, um Ablagerungen besonders an den bekannten Brennpunkten mit geringem Gefälle zu verhindern, oder Regenwasserkanäle, in die auch anderes Wasser von außen einfließt, von Kalkrückständen zu befreien.

Die Kläranlage Achdorf wurde 1980 in Betrieb genommen und von 1996 bis 1999 erweitert. Heute hat sie eine Kapazität von 25 800 Einwohnergleichwerten. Angeschlossen sind die Kernstadt und alle Teilorte außer Nordhalden, das Richtung Tengen entwässert sowie Fützen, Epfenhofen und Randen, die an die Kläranlage Fützen angeschlossen sind. Eine dreiköpfige Stammbelegung mit Abwassermeister Dieter Schmidl und den Fachkräften Henry Hille und Markus Binninger sowie die Saisonkraft Peter Waffenschmidt für Unterhaltungsarbeiten sorgen für einen reibungslosen Ablauf der Abwasserbeseitigung das ganze Jahr über. In der Kläranlage kann der Ausbildungsberuf der Fachkraft für Abwasserwirtschaft erlernt werden. Dieter Schmidl bietet interessierten Gruppen auf Anfrage und nach Anmeldung Führungen durch die Kläranlage an, Telefon 07702/92 44.